Gänse weiden am Siggenberg

Markus und Regula Hauenstein vom Endinger Loohof ­haben sich auf die Direktvermarktung von Fleisch spezialisiert. Sie bieten Gänse an.
Die Gans Gwäggi ist so zahm, dass Hansruedi Hess sie auf den Arm nehmen kann. Neben ihm Enkel Gabriel und Tochter Regula Hauenstein. (Bild: chr)

Wenn Hansruedi und Margrit Hess von Baden über die Siggenthaler Brücke nach Hause fahren, sehen sie oft bei ihrem Hof oberhalb von Kirchdorf einen weissen Fleck in der Wiese. Es handelt sich dabei um ihre Gänse. «Sie sind meistens gemeinsam unterwegs», erklärt Hansruedi Hess. Auch dieses Jahr wurde Ende März aus einer Brüterei in der Ostschweiz eine Gruppe von Gösseln, so werden Gänseküken genannt, auf den Hof geliefert. 

Den Stall und die Weide teilten die wenige Tage alten Küken mit vier erwachsenen Gänsen. «Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es einfacher ist, wenn ein paar ältere Tiere dabei sind», sagt Hansruedi Hess. Wenn zum Beispiel ein Raubvogel kreist, stellen sich die grossen Gänse schützend zu den kleinen. Und sie zeigen ihnen den Weg vom Stall auf die Weide mit dem kleinen Teich und abends zurück. Weil die Vögel über den Sommer stark wuchsen, sind jetzt die alten Gänse auf den ersten Blick nicht mehr von den jungen zu unterscheiden. Die älteste Gans heisst Gwäggi und ist eigentlich ganz zahm. Trotzdem flattert sie zuerst davon, als Hansruedi Hess sie für ein Foto kurz auf den Arm nehmen will. Mithilfe seines Enkels Gabriel gelingt es ihm jedoch, sie einzufangen.

Regelmässigen Besuch erhalten die Gänse von den Kindern der Bauernhofspielgruppe, die Margrit Hess gegründet hat und die nun von der Tochter Anna-Katharina weitergeführt wird. «Die Kinder stehen im Kreis und singen ein Lied.» Die Gänse hören dabei meist ganz ruhig zu.

Eine Kundschaft aufbauen
Gänse hielt die Familie Hess auf dem Tromsberg schon früher. «Wir haben manchmal im Sommer mit ihnen im Brunnen gebadet», so Regula Hauen­stein-Hess, die sich an ihre Kindheit erinnert. «Damals war es nur ein Hobby», sagt Hansruedi Hess. Der pensionierte Landwirt und ehemalige Vizeammann von Obersiggenthal war dabei, als sich Tochter Regula und Schwiegersohn Markus Hauenstein überlegten, Gänse für den Direktverkauf aufzuziehen. Mit 25 Tieren fing es vor zehn Jahren an, inzwischen sind es jährlich um die 70 Gänse. «Wir mussten uns zuerst eine Kundschaft aufbauen», sagen Markus und Regula Hauenstein. 

Gänse ernähren sich mehrheitlich von Gras. (Bild: chr)

Wenn die Tiere im Alter von etwa acht Monaten schlachtreif sind, traditionell kommen sie zum Martinstag am 11. November oder zu Weihnachten auf den Tisch, sind sie etwa 3 bis 4,5 Kilogramm schwer, mit Knochen gerechnet. «Das reicht für etwa fünf bis acht Personen», sagt Markus Hauenstein. Eine Gans zu braten, sei «fast ein bisschen ein Event», sagt ­Regula Hauenstein, und dauere wegen der Grösse etwa zwei bis drei Stunden. Unter anderem mithilfe von Youtube-Videos lernten sie und ihre Mutter, selbst Gänse zu braten: «Damit wir den Kundinnen und Kunden Tipps für die Zubereitung geben können.»

Viele Gänsekäufer und -käuferinnen stammen aus europäischen ­Regionen, in denen der Gänsebraten Tradition hat – zum Beispiel aus Nord- oder Ostdeutschland. In der Deutschschweiz werden Gänse heute nur noch von wenigen Landwirten als Nutztiere gehalten. «Deshalb sind sie ein gutes Nischenprodukt», erklärt Markus Hauenstein.

Im ehemaligen Schweinestall
Die Nahrung der Gänseherde auf dem Tromsberg, die im ehemaligen Schweinestall und auf der dazugehörigen Weide lebt, besteht übrigens zu etwa 80 Prozent aus frischem Gras. Als Ergänzung erhalten sie gequetschten Hafer und wenig Geflügelmastfutter. Auch Äpfel, die im Herbst von den Obstbäumen auf der Weide zu Boden fallen, fressen sie gern.

Wie die Menschen haben die Gänse gewisse Vorlieben, was das Wetter betrifft. «Wenn es nass und feucht ist, gehen sie nicht so gern hinaus», weiss Hansruedi Hess, «bei Schnee aber schon.»