Tanzen im Sitzen: Bewegung und Freude

Das Alterszentrum am Buechberg in Fislisbach bietet mit «Bewegung im Heim» ein auf die Bewohnenden abgestimmtes Sportprogramm an.
Hedwig Peterhans-Vogel (Mitte) lebt im Alterszentrum und freut sich über die Tanzen-im-Sitzen-Lektionen. Gabriella Dürst-Ruffini mit Tochter Livia (rechts) und Gabriela Keller (links) sorgen für einen reibungslosen Ablauf. (Bild: isp)

Die 93-jährige Hedwig Peterhans-Vogel sitzt bequem auf einem Stuhl, wippt im Takt des Lieds «Rote Lippen soll man küssen» von Peter Kraus und schwingt dabei leicht ihre Arme. Die Stimmung ist fröhlich und entspannt an diesem Mittwochvormittag im Fislisbacher Alterszentrum am Buechberg. An diesem Vormittag ist in dem Zentrum nämlich wieder das beliebte Tanzen im Sitzen angesagt. 

Spielerisch die Gesundheit ­fördern
Tanzen im Sitzen für Seniorinnen und Senioren hat sich in Fislisbach als sehr beliebtes Bewegungsprogramm herausgestellt und wurde zum Fixpunkt im Wochenprogramm vieler Bewohnerinnen und Bewohner. Das Tanzen im Sitzen kombiniert auf einfache Art und Weise Musik mit Bewegung, wodurch die Teilnehmenden spielerisch ihre Gesundheit fördern können. Es ist eine Form des Tanzes, welche die Tänzerinnen und Tänzer meist im Sitzen ausüben.

Diese Tanzart ist besonders wichtig für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, da sie ihnen die Möglichkeit gibt, sich rhythmisch und kreativ auszudrücken, ohne lange Zeit aufrecht stehen zu müssen. Nach einer Begrüssungsrunde und einem Kennenlernspiel wärmen sich die Teilnehmenden gemeinsam spielerisch auf und singen zusammen einige Lieder. Im nächsten Block wird gemächlich mit der eigenen Kraft gearbeitet, danach folgen einfache spielerische Turn- und Bewegungsübungen. «Und wenn das Ganze musikalisch noch mit verschiedensten Volksliedern oder bekannten Ohrwurmschlagern daherkommt, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen», meint Gabriella Dürst-Ruffini begeistert, die seit 2017 im Alterszentrum diese Aktivierungsstunden für Pro Senectute anbietet. Gabriella Dürst-Ruffini hat eigens eine Ausbildung absolviert, um diese Art des Turnens mit den Bewohnenden teilen zu können. Sie leitet die Turnstunden gemeinsam mit Theresia Herrmann von Pro Senectute.

Ausbildung: Bewegungs­angebote im Heim
Die Ausbildung «Bewegungsangebote im Heim» bietet das Bundesamt für Sport in Zusammenarbeit mit Pro Senectute an. Die Grundausbildung besteht aus einer Kern- und einer Fachausbildung. Die ganze Ausbildung dauert insgesamt sieben Tage. Vermittelt werden theoretische Kenntnisse und Grundlagen, ein besonderer Fokus wird auf die speziellen Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren bei Bewegung und Sport gelegt. ­«Zudem bekommt man alle nötigen ­Praxistipps, die gebraucht werden, um selbstständig eine Turnstunde anzuleiten. Der Lehrgang ist schweizweit anerkannt», erläutert Karin ­Boesch, Leiterin der Pro-Senectute-Beratungsstelle des Bezirks Baden.

In dem Kurs werden die Grundlagen für die Gestaltung der Lektionen für moderates Training im Sitzen oder am Rollator mit gezieltem Einsatz von Musik und von Handgeräten vermittelt. Der Lehrgang zeigt auch die Bedeutung und die Wirkung von Training im Alter auf, und man erhält die Kompetenz, Bewegungslektionen zu planen, zu realisieren und auszuwerten. Gabriella Dürst-Ruffini ist mittlerweile selbst Praktikumsbetreuerin. Sie begleitet und schult Interessierte während der Ausbildung.

Kraft, Ausdauer und Flexibilität
«Bewegung ist in jedem Lebensalter und in jeder Lebenssituation wichtig. Mit diesem Kursangebot bringen wir unsere Seniorinnen und Senioren am und auf dem Stuhl in Bewegung. Mit verschiedenen Übungen trainieren sie ihre Kraft, ihre Ausdauer und ihre Beweglichkeit und verbessern ihre Koordinationsfähigkeit», ergänzt Gabriela Keller, verantwortlich für die Aktivierungsangebote im Alterszentrum am Buechberg. Die leichten Bewegungen fördern die Aktivität und die Durchblutung des Kreislaufsystems. Das mache fit und rege zugleich das Gehirn an. Auch das gleichzeitige Singen und Bewegen sei eine gute Übung für das Gehirn. Mit der Musik werde bei den Teilnehmenden über die sportliche Betätigung die emotionale Ebene erreicht, sie wecke Erinnerungen und spreche Gefühle an. Darüber hinaus hätten die Lektionen eine soziale Komponente, steigerten das Gemeinschaftsgefühl der Teilnehmenden und ermöglichten Begegnungen. 

Generationenprojekt
«Es ist längst erwiesen, dass kleine Kinder und ältere Menschen bestens zusammen harmonieren. Interaktion in dieser Zusammensetzung kann aus mehreren Gründen besonders gut funktionieren», weiss Gabriella Dürst-Ruffini. Deshalb könnte sich die Fislisbacherin durchaus vorstellen, künftig die Aktivierungsstunden öfter zusammen mit Kindern durchzuführen. Kinder haben oft eine natürliche ­Neugier und Unvoreingenommenheit, während ältere Menschen dazu neigen, die Welt mit einem breiteren ­Erfahrungshorizont zu betrachten. Diese Kombination kann zu authentischen Verbindungen führen. Ausserdem profitieren ältere Menschen häufig von der Energie und der Unschuld der Kinder, während Kinder von der Weisheit, der Geduld und den Lebenserfahrungen der älteren Generation lernen können.

Diese gegenseitige Unterstützung schafft eine harmonische Beziehung. Ältere Menschen haben oft mehr Zeit und Geduld, um sich mit Kindern zu beschäftigen. Sie sind in der Lage, zuzuhören und sich auf die Bedürfnisse der Kinder einzustellen. Sowohl Kinder als auch ältere Menschen drücken ihre Emotionen in der Regel offen aus, was zu einer tiefen emotionalen Verbindung führt. Beide Gruppen profitieren von Zuneigung und sozialem Kontakt. Nicht zuletzt lernen Kinder viel durch Nachahmung, weshalb ältere Menschen für sie wertvolle Rollenvorbilder darstellen können. In Kombination können all diese Faktoren zu einer für ältere Menschen und für Kinder bereichernden Beziehung führen.