Die Steininschriften von Vindonissa

Römische Steininschriften gehören zu den wichtigsten Quellen für die Rekonstruktion der Geschichte von Vindonissa.
Ein Inschriftenstein ist meist mehrere Hundert Kilogramm schwer und deshalb schwer auszu-stellen: Inschriftenstein im Depot der Kantonsarchäologie. (Bilder: zVg)

Erstmals liegen nun alle bekannten Steininschriften in einer neuen Publikation vor. Einige Grabsteine sind zudem Thema der diesjährigen Ausstellung in der Vitrine aktuell der Kantonsarchäologie. Die Vernissage von Buch und Vitrine fand am Donnerstag, 21. November, im Vindonissa-­Museum statt.

Sie nennen Namen von Kaisern, ­Legionskommandanten und Menschen, die vor 2000 Jahren in Vin­donissa gelebt haben: Inschriftensteine sind sprechende Steine. Den ­römischen Steininschriften ist die neueste Publikation der Kantonsarchäologie in der Reihe «Veröffent­lichungen der Gesellschaft Pro Vin­donissa» gewidmet. In einer kleinen Ausstellung in der Vitrine aktuell werden fünf dieser Steine gezeigt, so lernen wir fünf ­Soldaten aus Vindonissa mit Namen kennen.

101 Inschriften
Zuvor wurden in einem Auswertungsprojekt der Kantonsarchäologie alle bis zum Jahr 2023 bekannten römischen Inschriften aus dem Perimeter des antiken Vindonissa zusammengestellt. Es handelt sich um 101 Stein­inschriften. Im Fokus standen nicht nur die Texte der Inschriften, sondern ebenso die archäologischen Fundkontexte der grossen und kleinen Fragmente, deren Form und Bearbeitung sowie die Bestimmung und die Herkunft des Steinmaterials. Ausserdem wurde den Objektbiografien nachgegangen, also der Geschichte der Überlieferung und der Wieder­verwendung der Inschriften von römischer Zeit bis heute. Als Novum in einer Auswertung dieser Art wurden über 60 Inschriftensteine digital mittels 3-D-Technologie dokumentiert.

Verlagert, wiederverwendet, zerstört
Die Resultate der Auswertung und alle 101 Inschriftensteine sind nun in einem Bestandskatalog vorgelegt und stehen damit für weitere Forschungen zur Verfügung. Die umfangreiche Publikation der Kantonsarchäologie zeigt auf über 470 Seiten nicht nur alle bekannten Inschriften, sondern geht im Einzelnen deren Geschichte nach. So sind zahlreiche Steine heute verschollen. Mit akribischer Recherche in verschiedenen Archiven konnten die vermissten Steine jedoch ­teilweise in ihrer Erscheinung rekonstruiert und deren Geschichte nachgezeichnet werden. Einige Steine wurden zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und dem Beginn des 20. Jahrhunderts wiederholt zwischen verschiedenen Ausstellungsräumen und Depots transportiert, was für den Erhalt des Bestands ein Risiko darstellte und zu Verlusten führte. Erstmals wird in der Publikation die Geschichte des Sammelns und des Aufbewahrens nachgezeichnet. Die Publikation legt ebenfalls das Schicksal der Inschriften seit römischer Zeit dar: So wurden die Steine nach ihrer ursprünglichen Aufstellung verlagert, wiederverwendet oder gar zerstört. Schliesslich runden petrografische Bestimmungen zur Herkunft der Steine die Publikation ab. Damit liefert die Publikation einen umfassenden Blick auf die römischen Inschriften von Vindonissa.

Ausstellung zu Grabsteinen
Aus Anlass dieser jüngsten Publikation widmet die Kantonsarchäologie dieses Jahr ihre Vitrine aktuell ausgewählten, sonst nicht gezeigten römischen Grabsteinen aus Vindonissa. In Ergänzung zu den Originalobjekten sind drei Grabsteine in Originalgrösse als digitale 3-D-Modelle mit Augmented Reality zu sehen. Denn die Grabsteine sind Hunderte von Kilogramm schwer und nicht ohne Weiteres in einer Vitrine zu zeigen. Mit der Augmented-Reality-App können sie aber dennoch ins Museum gebracht werden.

Die Publikation «Die Steininschriften von Vindonissa» versammelt alle 101 bisher bekannten Inschriften von Vindonissa

Vernissage von Buch und Vitrine
An der Vernissage am Donnerstag, 21. November, um 19 Uhr kam alles zusammen: Die Kantonsarchäologie stellt die neue Publikation vor und eröffnet die Ausstellung in der Vitrine aktuell mit digitaler Pop-up-Ausstellung von römischen Grabsteinen. Die Publikation «Die Steininschriften von Vindonissa» ist beim Verlag Librum Publishers & Editors erschienen und ist als gedrucktes Buch erhältlich sowie als digitale Publikation kostenfrei im Download. Die Ausstellung in der Vitrine aktuell ist während eines Jahres im Vindonissa-Museum zu besichtigen. Drei römische Grabsteine können vor Ort mit der App Artverse oder aber zu Hause mit dem eigenen Smartphone angeschaut werden. An der Vernissage berichtete nach einer Begrüssung durch die Museumsleitung und den Kantonsarchäologen Regine Fellmann, Leiterin Archäologische Sammlung, über die Publikation und die Ausstellung.