Glaubt man der Statistik, haben sich rund die Hälfte aller Paare, die in den vergangenen Jahren zusammengefunden haben, im Internet kennengelernt. Das Onlinedating kam schon in den 90er-Jahren auf, und seither boomen die unterschiedlichsten Partnervermittlungsplattformen. Aber trotzdem ist das Bedürfnis nach einem Kennenlernen ohne Bildschirm gross. Der neueste Hype für Singles, die gern ungezwungen neue Leute treffen und sich amüsieren möchten, ist Barhopping. Dabei trifft man sich – wie noch vor dem Internet – persönlich, ganz ohne dazwischengeschaltete Bildschirme. Barhopping ist also in erster Linie eine gesellige Aktivität, bei der man in Person Singles aus der Umgebung kennenlernt und einen Abend ausserhalb der virtuellen Welt zusammen verbringt. Entsprechende Barhopping-Angebote finden sich seit einigen Jahren in fast allen grösseren Städten der Schweiz. Auch Baden ist kürzlich auf den Barhopping-Zug aufgesprungen.
Aber wie funktioniert Barhopping? Hat man sich auf der Website angemeldet, erhält man das Programm einen Tag vor dem Abend per E-Mail zugeschickt. Teilnehmende haben die Möglichkeit, an diesem Abend drei Bars oder ähnliche Locations zu besuchen, die alle fussläufig erreichbar sind. Der Veranstalter stellt unterschiedliche Gruppentreffen aus mindestens 18 Singles zusammen. In grösseren Städten sind es oft sogar bis zu 40 Personen. Da an einem Barhopping-Event stets mehrere Gruppen unterwegs sind, können die Teilnehmenden an einem Abend weit mehr als 18 neue Personen kennenlernen.
Eine Gruppe besteht aus neun Frauen und neun Männern. Am Abend ist man in Zweier- oder Dreierteams unterwegs, besucht im 1½-Stunden-Takt jeweils eine andere Bar und trifft dort immer wieder auf neue Singles. Nach der dritten Runde treffen sich die Singles aus allen Gruppen zu einer grossen Abschlussrunde in einer letzten Bar. Dort können die begonnenen Gespräche fortgesetzt und vertieft werden, man kann gemeinsam tanzen gehen, sich einen Absacker gönnen oder die ersten Nummern austauschen. Letzteres greift dem geplanten Prozess vor, denn im Anschluss an den Event können alle Teilnehmenden online angeben, wen man gern wiedersehen und mit wem man die eigenen Kontaktdaten teilen möchte. Und auch wenn der Traumpartner dieses Mal vielleicht nicht dabei war, wird beim Barhopping der Bekannten- und Freundeskreis erweitert.
Begegnungen im Internet sind zu oberflächlich
Die Unvermeidbar an der Rathausgasse 22 in Baden ist ein Lokal, welches das Barhopping unterstützt und ihre Räumlichkeiten dafür zur Verfügung stellt. «Es ist doch schön, wenn ich dazu beitragen kann, dass sich Menschen ungezwungen kennenlernen und sich persönlich austauschen können. Miteinander ins Gespräch zu kommen, ist immer gut», sagt Stella Luna Palino von der Unvermeidbar.
Auch Tamara aus Mellingen und Noah aus Solothurn (Namen von der Redaktion geändert) nahmen kürzlich in Baden an einer Barhopping-Tour teil. Sie habe in der Zeitung darüber gelesen und fand es eine derart erfrischende Idee, dass sie sich dazu entschloss, selbst daran teilzunehmen. «Ich bevorzuge echte Begegnungen, im Netz hat es mir zu viele Fakeprofile», so die junge Frau. Noah macht an diesem Abend zum zweiten Mal von dem Angebot Gebrauch. Er bevorzuge ebenfalls das Persönliche und das Direkte dieses Angebots. «Ich bin seit einem Weilchen Single und habe etliche höchst abstruse Absagen als Reaktion auf mein Internetprofil erhalten. Ich sei zu klein oder mein Kind sei ein Hinderungsgrund. Ganz absurd war die Rückmeldung, es komme zu keinem Treffen, weil ich nicht geimpft sei. Begegnungen im Internet sind mir zu oberflächlich.»
Die «Rundschau» hatte die Gelegenheit, sich mit dem Veranstalter Frederic Merz, Geschäftsführer der Sololo GmbH, über diese Art des Kennenlernens zu unterhalten.
Frederic Merz, seit wann organisieren Sie Barhopping, und was war Ihre Motivation?
Seit Juni 2022 organisiere ich Barhopping für Singles. Meine Begeisterung für diese Art von Veranstaltungen entstand vor fünf Jahren, als ich im Ausland mehrfach selbst an ähnlichen Events teilnahm. Da es in der Schweiz kein vergleichbares Angebot gab, entschied ich mich, ein eigenes Konzept für solche Events zu entwickeln und hierzulande umzusetzen.
An welches Zielpublikum richtet sich Ihr Angebot?
Anfangs dachte ich, dass Barhopping besonders für Singles unter 30 Jahren geeignet sei. Nach zwei Jahren habe ich jedoch festgestellt, dass das Durchschnittsalter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eher über 30 Jahre liegt. Derzeit ist unsere Hauptzielgruppe zwischen 30 und 45 Jahre alt. Wir bieten jedoch Events für mehrere Altersgruppen an.
Kann man sich auf so einen Abend vorbereiten, oder was soll man tun, damit ein Event tatsächlich Erfolg versprechend ist?
Gute Frage. Am besten kommt man ganz offen und ohne konkrete Erwartungen zum Barhopping. Hier gibt es keine Filter – alle zeigen sich, wie sie sind. Man begegnet ganz unterschiedlichen Menschen und erlebt spannende, authentische Momente. Wer locker bleibt und sich selbst zeigt, merkt schnell, wie leicht es ist, neue Leute kennenzulernen. Ziel ist es nicht, 30 potenzielle Dates zu finden – es reicht, wenn man ein bis zwei Matchs bekommt und dabei vielleicht noch ein paar neue Freunde gewinnt.
Was geschieht, wenn man beim Barhopping tatsächlich jemanden findet, der einem entspricht. Wie ist das weitere Vorgehen?
Unser Tipp: Wenn es passt, tauscht man am besten gleich am Abend die Kontaktdaten aus. Für die etwas Schüchternen gibt es das Voting am nächsten Tag – ideal, falls man sich nicht getraut oder keine Gelegenheit zum Ansprechen gefunden hat. Mit so vielen neuen Gesichtern bleibt schliesslich nicht immer genug Zeit für alle.
Können Sie von einer Erfolgsgeschichte erzählen?
Ich freue mich über jede Nachricht von Paaren, die sich bei uns gefunden haben – selbst wenn das bedeutet, dass ich zwei Kunden verliere. Besonders schön finde ich aber auch die vielen Freundschaften, die entstehen: Menschen, die zunächst allein zu einem Event kommen und dann beim nächsten Mal gemeinsam mit ihrer neuen Bekanntschaft ein Ticket buchen. Das zeigt mir, dass die Events auf mehreren Ebenen verbinden.
barhopping.ch