Vom Kugelbahnvirus befallen

Zum Schluss seiner Ausstellung in Oberrohrdorf versteigert Alain Schartner eine Bahn, die für Wettingens Jubiläumsfeier vorgesehen war.
Alain Schartner hat seine Leidenschaft für Kugelbahnen zum Beruf gemacht. (Bilder: Katharina Steger)

Vor 47 Jahren baute ein damals 15-jähriger Schüler in der Mittelstufe seine erste Kugelbahn – ohne zu ahnen, dass dieses Projekt sein weiteres Leben prägen würde. Es war der Lehrer Max Dübendorfer in Adliswil, der den Wettinger Alain Schartner in die Welt der Kugelbahnen einführte. Schon damals hat er sich mit dem Virus Kugelbahn angesteckt, und seither liess ihn die Faszination für das Zusammenspiel von Bewegung, Konstruktion und Ästhetik nicht mehr los.

Was zunächst als Hobby neben Familie und Beruf begann, entwickelte sich 2009 zur beruflichen Leidenschaft. Seit nunmehr 16 Jahren widmet sich der Kugelbahnbauer ganz diesem Metier, fertigt Kugelbahnen für öffentliche Einrichtungen oder besondere Anlässe. Seine Werke entstehen intuitiv, ohne feste Pläne – ein kreativer Prozess, der Raum für individuelle Kundenwünsche lässt, ihm aber zugleich eine grosse gestalterische Freiheit gibt.

Diese Leidenschaft, über viele Jahre hinweg kultiviert und weiterentwickelt, gibt der Kugelbahnbauer auch an die nächste Generation weiter: In Kursen führt Alain Schartner Kinder an das Bauen von Kugelbahnen heran. Dabei lernen sie das Gestalten, das Biegen und das Löten und können ihrer Fantasie freien Lauf lassen – ganz wie eine Kugel, die ihre eigene Bahn findet.

Überregionale Bekanntheit
Inzwischen hat sich Alain Schartner mit seinen Kugelbahnen, die von kleinen Kunstobjekten bis zu riesigen Installationen reichen, weit über seine Wirkungsstätte Wettingen hinaus einen Namen gemacht. Immer wieder wird Alain Schartner eingeladen, seine Werke an Ausstellungen in der Region oder in angrenzenden Kantonen zu präsentieren. Ab nächster Woche sind einige seiner Kugelbahnen beispielsweise in der Zähnteschüür in Oberrohrdorf ausgestellt.

Die Ausstellung beginnt mit der Vernissage am Freitag, 21. Februar, um 17 Uhr. Musikalisch begleitet wird der Abend von Dominik Alig am Vibrafon, während Sven Mathiasen vom ­Figurentheater Wettingen die Laudatio hält. Am Sonntag, 23. Februar, findet von 10 bis 14 Uhr zudem ein Kunstbrunch statt, und am Samstag, 8. März, treten um 20 Uhr unter dem Namen «Jazz in der Ausstellung» ­Rahel Thierstein (Piano) und Dominik Alig (Vibrafon) auf.

Beim Bau von Kugelbahnen sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt

Auftragswerk auf Abwegen
Eine letzte Besonderheit weist die bevorstehende Ausstellung in Oberrohrdorf auf: Zu ihrem Abschluss versteigert Alain Schartner am Sonntag, 16. März, seine Kugelbahn «975 Jahre Wettingen», was so eigentlich nie ­vorgesehen war.

Die Kugelbahn «975 Jahre Wettingen» war ursprünglich von Wettingens Gemeindeammann Roland Kuster in Auftrag gegeben worden und war für Wettingens 975-Jahr-Feier 2020 gedacht. Weil eine grosse Jubiläumsfeier vorgesehen war, sollte auch Alain Schartners Kugelbahn entsprechende Ausmasse haben. Da der Bau einer so grossen Kugelbahn einige Zeit in Anspruch nimmt, begann Alain Schartner früh mit der Umsetzung, um die Bahn rechtzeitig bis zum Neujahrsapéro am 1. Januar 2020 fertig zu haben. In der Folge wurde die Feier aber aufgrund der Coronapandemie abgesagt, und die Gemeinde Wettingen sprach kein Geld für die Anschaffung der Jubiläumskugelbahn. «Ich habe mich entschlossen, die Bahn selbst weiterzubauen und Sponsoren zu suchen», erklärt der Kugelbahnbauer. «So habe ich immerhin zwei Drittel des Preises zusammenbekommen.» Somit gehört die Bahn nach wie vor dem Künstler selbst, der nun beschloss, sie zu versteigern. Das Mindestangebot für die enorme Kugelbahn – die Teil der Ausstellung in Oberrohrdorf ist – liegt bei 5000 ­Franken.