«Wir sind ja so etwas von unwichtig»

Bernhard Meier schafft Kunst «im Einklang mit der Zeit», initiiert vom Verein Art Flow. Letze Woche war Vernissage.
Der Würenloser Künstler Bernhard Meier besticht durch seine reduzierte Formensprache, mit reinen Farben, ohne Überflüssiges. (bild: Jasmin Egger)

Würenlos – Kirchen bestimmen das Bild vieler Dörfer, so auch in Würenlos. «Wenn ich in meinem Atelier an der Landstrasse zum Fenster hinausschaue, habe ich einen freien Blick auf die unweit gelegene römisch-katholische Kirche. Ihre barocke, zwiebelförmige Turmhaube prägt das Dorfbild seit Jahrhunderten, und die Kirchenuhr taktet den Tagesablauf des dörflichen Lebens», erzählt der Künstler Bernhard Meier im Interview begeistert.
Das Thema der Kirchenuhr als Taktgeber der Dorfgemeinschaft hat den 87-Jährigen derart fasziniert, dass er dazu ein Kunstwerk für das Limmattaler Kunstprojekt Art Flow geschaffen hat. «Zeitlose Zeit» lautet der Titel seiner Intervention. Sie besteht aus einem golden bemalten Metallkreis, der am Turm der Kirche unterhalb der Kirchenuhr angebracht ist. Der Kreis mit einem Durchmesser von etwa fünf Metern weist keine weiteren Merkmale auf. Keine Zahlen, keine Indikatoren, keine Zeiger. Er ist monochrom, abstrakt, metaphysisch. Und er verweist damit auf die wesentlichen Fragen der menschlichen Existenz, die traditionell ebenfalls im kirchlichen Rahmen gefasst sind: das Werden, das Sein und das Vergehen. Und die Ewigkeit.

Zeitlose Zeit

Bernhard Meier. (Bilder: Jasmin Egger)

Zeitlose Zeit

Das Kunstwerk «Zeitlose Zeit» ist weithin sichtbar.

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Stetig wachsende Ausstellung
Bernhard Meier durfte im Auftrag von Art Flow für diesen für Würenlos so prägenden Ort bereits das 15. Kunstwerk der wachsenden Ausstellung entwickeln. «Eine grosse Ehre, dass ich mit meiner Arbeit einen Teil zu diesem wunderbaren Projekt beitragen darf», sagt Bernhard Meier erfreut.
Art Flow ist ein Kunstprojekt, das sich mit unterschiedlichsten Aspekten des Limmattals befasst: Während der Dauer von drei Jahren, von 2023 bis 2025, entstanden und entstehen rund zwei Dutzend ortsspezifische Kunstwerke. Die künstlerischen Interventionen verteilen sich auf das gesamte Gebiet des 36 Kilometer langen Limmattals, vom Zürcher Bellevue bis zum Aargauer Wasserschloss, und sind öffentlich zugänglich. Art Flow wird von Christoph Doswald kuratiert und findet im Rahmen der Projektschau Regionale 2025 statt. Parallel dazu wird eine breit angelegte fotografische Feldstudie umgesetzt: «The Limmattal(ers)». Mittels Kunst soll bei der Bevölkerung ein vertieftes Bewusstsein für das Limmattal gefördert und so dessen Identität gestärkt werden.

Vernissage ohne Künstler
Vergangenen Freitagabend war Vernissage bei der römisch-katholischen Kirche an der Schulstrasse. Bernhard Meiers «Zeitlose Zeit» wurde offiziell und feierlich eingeweiht. Der Künstler und Erschaffer des Werks konnte der Vernissage aufgrund gesundheitlicher Einschränkung nicht beiwohnen. Entsprechende Grussworte und eine Laudatio über Bernhard Meiers Schaffen wurden von Anton Möckel, Gemeindeammann von Würenlos und Vorstandsmitglied des Vereins Regionale 2025, überbracht und vorgetragen. Auch Markus Schneider, Präsident des Vereins Art Flow und Stadtammann Badens, sowie Christoph Doswald, künstlerischer Leiter von Art Flow, wandten sich anlässlich der Vernissage an die Gäste.

Metaphysische Philosophie
Der Würenloser Bernhard Meier beschäftigt sich mit Kunst, seit er sich erinnern kann. Zudem grübelt der Künstler – das gibt er unumwunden zu – seit Langem über der metaphysischen Philosophie. Die Erde existiert seit etwa 4,54 Milliarden Jahren. Diese Schätzung basiert auf der Datierung von Gesteinen und Meteoriten. Über Milliarden von Jahren hat sie sich entwickelt – von einem heissen, unbewohnbaren Planeten zu dem, was wir heute kennen. Deshalb müsse er stets ein wenig schmunzeln, wenn man heutzutage in Sekunden rechne. «Wir sind ja so etwas von unwichtig», meint Bernhard Meier augenzwinkernd, wenn man die Menschheit in die richtige Relation rückt. Die metaphysische Philosophie beschäftigt sich mit den grundlegendsten und abstraktesten Fragen über die Natur der Realität, die Existenz und die Welt als Ganzes. Sie untersucht Strukturen und Prinzipien und fragt nach der Bedeutung von Dingen, die über das physisch Messbare hinausgehen. So erstaunt es nicht, dass der Kunstschaffende all seine Gedankensequenzen nun in der «Zeitlosen Zeit» gebündelt hat.