Turgi – Seit Jahren sind die Mitgliederzahlen der Landeskirchen rückläufig. Weil dadurch die Steuereinnahmen sinken, sehen sich viele kleinere Kirchgemeinden mit der Herausforderung konfrontiert, dass der bestehende Betrieb langfristig nicht mehr kostendeckend aufrechterhalten werden kann.
Für die reformierte Kirchgemeinde Birmenstorf-Gebenstorf-Turgi ist seit Langem klar, dass bei der reformierten Kirche in Turgi Handlungsbedarf besteht, wenn auch in erster Linie aus einem anderen Grund. Das reformierte Kirchgemeindezentrum inmitten Turgis ist in die Jahre gekommen und befand sich vor vier Jahren bereits in einem schlechten Zustand. Tatsächlich sind die Mängel seit Jahrzehnten bekannt. An der Kirchgemeindeversammlung im November 2021 wurde insbesondere die Nutzungsstrategie für die Kirche Turgi besprochen. Die Kirchenpflege sprach sich dafür aus, den Standort zu halten, doch ebenso stand ein Verkauf zur Debatte. Nach einer angeregten Diskussion wurde entschieden, dass die Variante «Halten und Partnersuche» weiterverfolgt werden soll. Geplant war, die bestehende Anlage durch einen Neubau mit gemischter Nutzung zu ersetzen. «Im Hinblick auf den geplanten Neubau wurde das bestehende Gemeindezentrum jeweils nur notdürftig saniert», ergänzt Martin Zingg, Pfarrer bei der reformierten Kirchgemeinde Birmenstorf-Gebenstorf-Turgi.
In der Folge begab sich die Kirchenpflege mithilfe externer Spezialisten auf die Suche nach möglichen Partnern für ein gemeinsames Neubauprojekt. Ziel der Strategie war es, durch gemeinschaftlichen Gebrauch Synergien zu nutzen und so die Kosten für den langfristigen Betrieb einer neuen Kirche am alten Standort tief zu halten.
Vorübergehende Hoffnung
Die folgende Partnersuche war erfolgreich. Rund eineinhalb Jahre nach dem ersten Beschluss stimmte die Kirchgemeindeversammlung einem Gesellschaftsvertrag zwischen der Kirchgemeinde und der Gemeinnützigen Mietwohn AG (Gemiwo) zu. Ziel der Kooperation war es, gemeinsam ein Neubauprojekt mit Wohnungen und einem integrierten Kirchenraum zu entwickeln. Eine gemeinsame Kommission wurde eingesetzt, die das Projekt ausarbeiten sollte.
Kurz nach dem Beschluss, Ende 2023, wurde zudem eine Machbarkeitsstudie für das Areal in Turgi durchgeführt. Beteiligt waren die Kirchgemeinde, die politischen Gemeinden Baden und Turgi, das Planungsbüro Metron AG aus Brugg sowie ein Rechtsberater. Die Studienergebnisse fielen für die Projektbeteiligten ernüchternd aus und zeigten auf, dass zur Realisierung des angestrebten partnerschaftlichen Neubauprojekts eine Umzonung des rund 2000 Quadratmeter grossen Areals notwendig wäre. Infolgedessen entschied die Gemiwo, sich vorübergehend von dem gemeinsamen Projekt zurückzuziehen. «Es wurde viel investiert, dieses Projekt auf den Weg zu bringen», betont Martin Zingg. «Das Scheitern war deshalb sehr schade und bitter für die Leute, die sich jahrelang für das Vorhaben engagierten.»
Erneut oblag es allein der Kirchgemeinde, über die Zukunft der Kirche und des Areals in Turgi zu befinden und die notwendigen Grundlagen zu schaffen, um ein Projekt auf dem Areal zu ermöglichen. «Es ist frustrierend, dass wir uns seit 20 Jahren um die Zukunft der reformierten Kirche in Turgi bemühen und nichts passiert ist», meint Birgit Rieder. Sie hat die Entwicklung von Anfang an aktiv begleitet. «Die reformierten Turgemerinnen und Turgemer wünschen sich einen eigenen Raum für Gottesdienste.»
Langer Atem ist gefragt
Zurück auf Feld eins: Die Kirchgemeindeversammlung der reformierten Kirche Birmenstorf-Gebenstorf-Turgi befasste sich im letzten November erneut mit der künftigen Nutzung des Kirchenareals. Zur Diskussion standen dieses Mal drei Varianten: der Verkauf des Areals, dessen Umzonung oder der Erhalt in seiner heutigen Form. Nach eingehender Information und Diskussion entschied sich die Mehrheit der anwesenden Gemeindemitglieder für die Umzonung. Die Kirchenpflege wurde beauftragt, die Parzelle von der öffentlichen Bauzone in die angrenzende Dorfkernzone umzuwidmen. Dadurch soll das Areals künftig flexibler genutzt werden können.
Das Umzonungsverfahren wurde inzwischen eingeleitet, bis zu dessen Abschluss werden voraussichtlich aber noch Jahre vergehen. Weil an der Kirche inzwischen ausserdem erhebliche bauliche Mängel, insbesondere bei der Elektroinstallation und dem Dach, festgestellt wurden, deren Sanierung derzeit nicht finanzierbar ist, wurde an der Versammlung bekannt gegeben, dass die Kirche in Turgi Ende Juli 2025 geschlossen wird. «Die Kirchenpflege kam überein, dass sie wegen der Sicherheitsbedenken den Betrieb nicht mehr verantworten will», bestätigt Martin Zingg.
Abschiedsgottesdienst
Die eigentliche Schliessung der reformierten Kirche ist für den Beginn des kommenden Schuljahrs im August vorgesehen, damit die laufende Nutzung durch die Schule und die Trugemer Vereine nicht mitten im Betrieb unterbrochen wird. Bereits davor, am 25. Mai, wird dort ein Abschiedsgottesdienst gefeiert. Das reformierte Kirchgemeindezentrum war über Jahrzehnte hinweg ein beliebter Veranstaltungsort und Treffpunkt für Vereine. «Der Gottesdienst soll vor allem dazu dienen, all jene zu würdigen, die dazu beigetragen haben, das reformierte Kirchgemeindezentrum über Jahre zu einem Zentrum des Quartierlebens zu machen», bekräftigt Martin Zingg. Im Anschluss an den Gottesdienst mit musikalischer Begleitung durch die Glory-Brass-Band aus Gebenstorf besteht bei einem Apéro Gelegenheit, Erinnerungen an das Gemeindezentrum auszutauschen.
Obwohl die Schliessung der Kirche einen Einschnitt bedeutet, will die reformierte Kirchgemeinde am Standort Turgi festhalten. Vorübergehend finden zahlreiche Gottesdienste und Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der katholischen Kirche Trugi statt, für weitere Events werden derzeit alternative Standorte gesucht. Langfristig sei das aber keine Lösung, meint Martin Zingg. «Das Engagement in der Gemeinde ist da. Es war immer klar, dass wir hier in Turgi als reformierte Kirche ein Standbein haben.»
Abschiedsgottesdienst:
Sonntag, 25. Mai, 9.45 Uhr
Reformierte Kirche, Turgi