Brennen für ein traditionelles Handwerk

Das Köhlerfest Siggenthal ­erreichte am Samstag mit dem In-Glut-Setzen des Meilers unter reger Beteiligung einen vorläufigen Höhepunkt.
Mehr als eine Woche hat es gedauert, um aus 20 Ster Holz vom Siggenberg einen Kohlemeiler zu bauen. Das Resultat ­erinnert an die Tage, in denen die Köhlerei in der Region ein unverzichtbarer Wirtschaftszweig war. (Bilder: sim)

Untersiggenthal – Die Köhlerei ist ein schweisstreibendes und zeitaufwendiges Handwerk. Wegen des geringeren Gewichts und des höheren Brennwerts war Holzkohle im Vergleich zu Holz hierzulande lange Zeit ein sehr beliebter Brennstoff. Erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts setzten sich Öl- und Gasheizungen in vielen Schweizer Haushalten durch. Seither wird in der Region und in der Schweiz insgesamt nur noch wenig Holzkohle produziert.
Um das traditionelle Handwerk am Leben zu erhalten, formierte sich 2009 der Köhlerverein Siggenthal. Anlass für die Vereinsgründung war das Dorffest «1175 Jahre Untersiggenthal», das im Jahr davor stattfand und bei dem ein Kohlemeiler betrieben wurde. Damit das alte Brauchtum nicht wieder aus der Region verschwand, legten damals einige Enthusiasten den Grundstein für den Köhlerverein Siggenthal, der heute rund 100 Mitglieder zählt.

Handwerkskunst zelebrieren
Neben rein geselligen Aktivitäten hält der Verein seinen Daseinszweck hoch, indem er jedes Jahr einen Kohlemeiler betreibt. Während in den meisten Jahren ein eher kleiner Meiler – mit etwa zwei oder drei Raummetern Holz – aufgebaut wird, errichtet der Verein alle fünf bis zehn Jahre einen grossen Kohlemeiler. Dann sind alle Interessierten eingeladen, gemeinsam mit dem Verein das Köhlerfest zu feiern und das traditionelle Köhlern selbst zu erleben.
Dieses Jahr lud der Köhlerverein Siggenthal wieder zum Köhlerfest. Noch vor Beginn der Feierlichkeiten am 29. Mai wurde gleich neben der Forsthütte Rotchrüz, im Westen des Siggenbergs, mit dem Bau des Festmeilers begonnen. Über eine Woche lang schichteten die Vereinsmitglieder, unterstützt durch Lernende der umliegenden Forstbetriebe und zeitweise durch Schulklassen, 20 Raummeter Holz zu einem optisch ansprechenden wie funktionalen Bauwerk auf. Damit das verbaute Holz nach dem In-Glut-Setzen des Meilers nicht verbrennt, sondern zu Holzkohle verglüht, muss das Gebilde rund um die Uhr überwacht und die Luftzufuhr ­genau geregelt werden. Damit das möglich ist, wird das zu verkohlende Holz erst mit Tannenreisig abgedeckt und anschliessend mit einer Schicht «Löschi» – einer Mischung aus Kohleabfällen und Erde – luftdicht verschlossen.

Köhlerverein, Siggenthal

Das Interesse am In-Glut-Setzen war gross. (Bilder: sim)

Köhlerverein, Siggenthal

Der Dramatische Verein Untersiggenthal führt ins Thema ein.

Köhlerverein, Siggenthal

Das Modell eines Kohlemeilers zeigt seinen inneren Aufbau.

Köhlerverein, Siggenthal

Der Aufbau (Bild: zVg)

Köhlerverein, Siggenthal

Voller Einsatz der Köhlermannschaft.

Köhlerverein, Siggenthal

Der Kohlenmeier brennt

Köhlerverein, Siggenthal

Köhlerverein, Siggenthal

(Bild: zVg)

Köhlerverein, Siggenthal

Die Kohle kann eingesammelt werden. (Bild: zVg)

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In Glut gesetzt wird der fertige Meiler sodann durch Einfüllen von Glut in der Mitte des temporären Bauwerks, sodass das Holz in der Folge gleichmässig verkohlt. Dieser Vorgang dauert je nach Grösse des Meilers mehrere Tage und wird über Luftlöcher in der Ummantelung reguliert.
Das In-Glut-Setzen des Meilers ist stets ein besonderer Moment in der Köhlerei. Entsprechend wurde das ­Ereignis letzten Samstag in Untersiggenthal gebührend gewürdigt. Der Köhlerverein rechnet mit einer Branddauer von etwa einer Woche, bis die 20 Ster Holz des diesjährigen Meilers hoffentlich zu Kohle verglüht sind. ­Danach muss der Meiler mehrere Monate lang auskühlen, bevor der lang ersehnte Moment da ist und die Holzkohle aus eigener Produktion abgepackt werden kann.

Es braucht ein Dorf
Dass der Verein mit seinen Bemühungen insbesondere in Untersiggenthal einen Nerv trifft, zeigte sich auch dieses Jahr wieder. Obwohl das Festgelände ein gutes Stück ausserhalb des Dorfs liegt, erfreuten sich die mehrtägigen Feierlichkeiten grosser Beliebtheit. Letzten Samstag, als der Meiler nach einer feierlichen Zeremonie in Glut gesetzt wurde, fanden ungefähr 200 Interessierte den Weg auf den Siggenberg.
Begleitet wurde die Zeremonie von einer Darbietung des Dramatischen Vereins Untersiggenthal, in der die erste Glut für das Entfachen des Meilers zum Ort des Geschehens gebracht wurde.
Nach einer kurzen Andacht von Kristin Lamprecht, reformierte Pfarrerin in Obersiggenthal, und Danksagungen an alle, die während der letzten Woche beim Aufbau angepackt hatten, wurde der Meiler Stefan Deubelbeiss und seiner Köhlermannschaft überantwortet. Damit der Brand auf alle Fälle gelingt, hat sich der Köhlerverein die Hilfe der erfahrenen Köhlerin Doris Wicki geholt. Die Eventköhlerin aus dem luzernischen Entlebuch betreut den Verein zum wiederholten Mal während des gesamten Projekts. Wenige Augenblicke später war es so weit: Mit dem traditionellen Gruss «Gut Brand! Gut Brand! Gut Brand!» wurden die glühenden Kohlen in das «Fülliloch» im Zentrum des Meilers gegeben, und die ersten Rauchschwaden stiegen auf. Bis zum Ende des Brands muss er nun ständig überwacht werden, damit die Mühen aller Beteiligten am Ende mit Säcken voller Holzkohle belohnt werden. Aus diesem Grund wird auf dem Siggenberg noch bis Sonntag kräftig gefeiert.