Weichenstellungen für die Zukunft

Mit einer neuen Bau- und ­Nutzungsordnung (BNO) will die Gemeinde Spreitenbach der baulichen Entwicklung Leitplanken setzen.
Teilnehmerinnen der Informationsveranstaltung diskutieren vorgeschlagene Zonenplanänderungen. (Bild: bkr)

Wie soll Spreitenbach in zwanzig Jahren aussehen? Darüber entscheiden die Stimmberechtigten im Rahmen einer neuen Bau- und Nutzungs­ordnung (BNO). Das ist ein Planungsinstrument, welches seit den Boomjahren der Nachkriegszeit Anwendung findet. Eine BNO ist auf einen Zeitraum von fünfzehn Jahren ausgerichtet und berücksichtigt alle privaten und öffentlichen Interessen rund um die Themen Siedlung und Bauen. Die aktuelle Spreitenbacher BNO erlangte vor siebzehn Jahren Rechtskraft. Sie muss nicht zuletzt angepasst werden, weil der Bund eine neue Raumplanung beschlossen hat, welche eine Siedlungsentwicklung nach innen vorschreibt.

Ein Entwicklungsschwerpunkt
Das heisst, bevor eine Gemeinde neues Land einzonen kann, muss die Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner in den Bauzonen erhöht werden. Für Spreitenbach gilt diese Aussage allerdings nur beschränkt, wie Gemeindeammann Markus Mötteli und seine Fachleute an einer Informationsveranstaltung zum Entwurf einer neuen BNO aufgezeigt haben. Dank der Limmattalbahn, welche mit dem Fahrplanwechsel ihren Betrieb aufnimmt, ist Spreitenbach im Kan­tonalen Richtplan ein sogenannter «Entwicklungsschwerpunkt» – hier soll der Aargau punkto Wohnungen und Arbeitsplätze wachsen. Explizit dürfte die Gemeinde deshalb im «Asp» Einzonungen vornehmen – was aber in der aktuellen Revision der BNO (noch) nicht vorgesehen ist. Die rechtlichen Anforderungen sowie jene der Bevölkerung sind vielfältig und oft gegenläufig. Dies macht die Planung zu einer höchst anspruchsvollen Aufgabe. Der Spreitenbacher Gemeinderat hat deshalb ein mehrstufiges Vorgehen beschlossen. Ein von Fachleuten erarbeiteter Vorschlag wurde dieser Tage nicht nur an einer Veranstaltung präsentiert, sondern ist umfassend dokumentiert auch im Internet zu finden. Bis zum 30. November können sich die Spreitenbacherinnen und Spreitenbacher recht formlos per Internet oder auch per Post zum Planungsentwurf äussern, ihre Einwendungen oder Ideen einbringen. Dies lange vor dem späteren Einwendungsverfahren und dem anschliessenden finalen Gemeindeversammlungs­beschluss. In Richtung Rechtskraft soll die BNO 2024 gehen.

Gestalt des alten Dorfs erhalten
Verdichtung wird raumplanerisch mit verschiedenen Massnahmen angegangen. Eine sind die sogenannten Auf­zonungen. Das heisst, in einem bestimmten Gebiet soll künftig höher gebaut werden können als bisher. Mit der besseren Ausnutzung wird ein Grundstück wertvoller, und einen Teil dieses Mehrwerts muss gemäss Vorgabe des Kantons die Gemeinde abschöpfen. Das entsprechende Reglement ist zwar nicht Teil der BNO, wird den Bürgerinnen und Bürgern aber im Sinne der Transparenz gleichzeitig vorgelegt. Vorgesehen sind 25 Prozent Abgabe auf den «Planungsvorteil», den Mehrwert. Ist dieser kleiner als 30 000 Franken, so entfällt die «Steuer». Ebenso, wenn das Grundstück kleiner als 800 Quadratmeter ist.

Raumplanerisch will man die Gestalt des alten Dorfs erhalten und vor allem in den Hochhausgebieten und in den Entwicklungsschwerpunkten entlang der Limmattalbahn neuen Wohnraum schaffen. Bekannte Hochhäuser gibt es in den Langäckern. Sie gehören zu den ältesten in der Schweiz und sollen in ihrer Qualität zonenrechtlich geschützt werden.

Akzent zu den kleinen Häuschen
Ein erster Richtplan für dieses Gebiet wurde bereits 1960 genehmigt und galt schweizweit als Vorzeigearbeit. Auslöser für die Planung war ein Zürcher Architekt, der im Februar 1955 die Gemeinde über eine Änderung an seinem geplanten Einfamilienhausquartier informierte. Er wollte auf seinem Areal einen «Akzent» zu den kleinen Häuschen setzen: ein Mehrfamilienhaus mit zwanzig Etagen (realisiert wurden allerdings nur dreizehn). Man wusste in Spreitenbach sehr wohl, was ein Zonenplan und eine Bauordnung sind, aber es existierte noch nichts Rechtskräftiges. Zudem galt damals noch der Spruch, der einst im «Sternen» an der Wand prangte: «Ein jeder baut nach seinem Sinn, denn keiner kommt und zahlt für ihn.»