Gemeinsam luden das Paul-Scherrer-Institut (PSI) und das CERN zu elf Workshop-Tagen über Hochfrequenz-Regelsysteme ein. Bei diesem spezifischen Thema – in der Fachsprache Low Level Radio Frequency (LLRF) genannt – handelt es sich um ein Teilsystem von Teilchenbeschleunigeranlagen. Rund 120 Physikerinnen und Ingenieure reisten in diesem Zusammenhang in den vergangenen Tagen nach Brugg-Windisch. Vom 9. bis zum 13. Oktober pflegen sie am Campus der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) den Wissensaustausch zum Thema LLRF in 54 Vorträgen, einer Posterausstellung mit 53 Postern und der persönlichen Diskussion. Damit gehört Brugg-Windisch zu einer Reihe prominenter Workshop-Destinationen wie Shanghai, Barcelona, Chicago oder Hamburg.
Am vergangenen Sonntag öffnete Brugg die Tore des Salzhauses für einen Willkommensapéro. Die Gäste, angereist aus fünfzehn Ländern, vorwiegend aus den USA, fühlten sich sichtlich wohl. Man hörte denn auch vor allem Konversationsfetzen in Englisch im Salzhaus, die von den Wanderungen und Ausflügen, welche am Tag in der Umgebung von Brugg unternommen worden waren, berichteten.
Kurzfristige Organisation
Von den geladenen 120 Wissenschafterinnen und Forschenden fand sich gut die Hälfte am Willkommensapéro ein, wo das Publikum mit verschiedenen Zöpfen und Brot zu Bier, Wein und Apfelsaft verpflegt wurde. Am Eingang bekamen alle ein Willkommensgeschenk überreicht – ein Schweizer Sackmesser und eine Trinkflasche, beschriftet mit dem Namen der Fachtagung. «Damit forsche ich nun die nächsten zehn Jahre unbekümmert vor mich hin», scherzte ein amerikanischer Teilnehmer, der sich über die Geschenke freute. Die beiden Organisatoren, Roger Kalt (PSI) und Wolfgang Höfle (Cern), zeigten sich glücklich, dass Organisation und Planung gut aufgegangen waren. Erst im April hatte das internationale Komitee, LLRF Scientific Program Committee, die beiden mit der Durchführung des diesjährigen Low-Level –Workshops betraut. «Am schwierigsten war, für alle Teilnehmenden Unterkünfte zu finden», erzählt Kalt. Und erklärte, weshalb es sich – trotz der Grösse des Anlasses – um Workshops und nicht um eine Konferenz handle. «In wissenschaftlichen Konferenzen werden alle Beiträge gemäss eines formellen Verfahrens geprüft und publiziert. An unseren Workshops werden zwar wissenschaftliche und technische Vorträge oder Poster präsentiert, aber es müssen daraus keine offiziellen Publikationen entstehen», so der Fachmann.
Fachlicher Austausch im Zentrum
Den Mittelpunkt der Workshops und Referate bildet der fachliche Austausch über den Stand der Technik bei den Hochfrequenz-Regelsystemen für die Teilchenbeschleunigeranlagen. Zum Einsatz kommen die komplexen Anlagen in der Grundlagen- oder in der angewandten Forschung bis hin zur Medizin, beispielsweise für Bestrahlungstherapie bei Krebspatienten. Die Expertinnen und Experten sollen sich während der Workshops ungezwungen und interdisziplinär austauschen, sich vernetzen und über Schwierigkeiten und Erfolge reden können. In der Willkommensrede vermittelte Vizeammann Leo Geissmann einen kurzen Abriss zur Geschichte von Brugg, die er mit schönen Fotos untermalte. Er schloss mit den Worten, dass Brugg aufgrund seiner Lage in der Nähe des PSI, aber auch wegen seiner Ortsgeschichte als Prophetenstadt der ideale Ort für solche Workshops und den wissenschaftlichen Austausch sei.
Frauen dürfen nicht fehlen
Im Salzhaus waren die Männer eindeutig in der Mehrzahl. Das soll nicht so blieben. Zum ersten Mal wird es dieses Jahr unter den Workshops auch eine 70-minütige Teilveranstaltung zu Inklusion und Diversität geben. «Dieser Workshop ist keine technische Veranstaltung wie die anderen, die auf dem Programm stehen», erklärt Maria Elena Angoletta vom Cern, die das entsprechende Referat hält. «Nur sechs Prozent der Forschenden hier sind Frauen», berichtet sie. Gerne würde sie Mädchen und junge Frauen bereits im Schulalter erreichen. Vielleicht, so hofft sie, werden die Workshops ihr Format in Zukunft auch auf andere Altersgruppen und junge, angehende Forschende ausdehnen. «Denn Physik ist ein weites Forschungsfeld, das auch für Frauen sehr ansprechend ist», weiss die Wissenschaftlerin aus eigener Berufserfahrung.