Höhlenmord Tag 1: Live-Bericht vom Prozess

Heute Montag, 17. Oktober, startet der Prozess zum Tötungsfall Bruggerberg. Simon Meyer ist für «Ihre Region Online» live vor Ort.
Das Opfer wurde in einer Höhle am Bruggerberg entdeckt. (Bild: Archiv)

Montag 17. Oktober 2022

Heute Morgen begann der Prozess im mutmasslichen Mordfall vom Bruggerberg vor dem Bezirksgericht Brugg AG gegen den heute 23-jährigen Beschuldigten («Ihre Region Online» berichtete). Der Gerichtssaal in den Räumlichkeiten der Mobilen Polizei in Schafisheim ist voll, neben Zeugen, Auskunftspersonen und einigen Zuschauenden sind auch beinahe alle grossen Schweizer Medien an diesem grauen Morgen anwesend.

17.43 Uhr: Damit endet der erste Prozesstag im Fall des Tötungsdelikts vom Bruggerberg. Weshalb genau es zu der Tötung kam und was genau im Beschuldigten diesen Entschluss auslöste, ist nach wie vor unklar. Morgen Dienstag, um acht Uhr, wird das Verfahren mit den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Privatklägerschaft fortgeführt. Im Anschluss daran wird auch die Verteidigung ihr Plädoyer vortragen.

17.10 Uhr: Auch zum Tötungsdelikt äussert sich der Angeklagte nur stellenweise. Er wisse es nicht mehr, lautet seien Antwort auf fast alle Fragen des Gerichts. Frühere Aussagen gegenüber der Polizei und psychiatrischen Fachpersonen zeichnen allerdings ein sehr unvorteilhaftes Bild des Beschuldigten. Das spätere Opfer kroch am Tatabend anlässlich einer Mutprobe in eine Höhle am Bruggerberg, um dort einige Minuten zu verbringen. Solche Mutproben habe man öfters durchgeführt, so der Beschuldigte. Dort habe ihn ein Impuls überkommen und er begann, den Höhleneingang – ein Loch im Boden – zuzuschaufeln. «Es ging wahnsinnig schnell, nach zehn Minuten war es zu.» Er verschloss die Höhle mit mehreren schweren Steinen und häufte Sand darauf, bis das Flehen des Opfers nicht mehr zu hören war. Im Anschluss habe er in der Nähe der Höhle ein Feuer entzündet und etwas grilliert.
In den Tagen nach der Tat habe sich der Beschuldigte überlegt, sein Opfer selbst wieder auszugraben. Aus Furcht vor den Konsequenzen und im Glauben, damit duchkommen zu können, entschied er sich allerdings dagegen.
Der Beschuldigte gab an, dass ihm heute durchaus bewusst ist, dass er erwas Schreckliches, Grausames gemacht habe. Es ist ihm auch bewusst, dass er dafür wohl im Gefängnis landen wird. Das Gericht müsse entscheiden, was nun mit ihm geschehe, antwortet er auf die Frage nach seinen Zielen und Wünschen.

16.45 Uhr: Auf die Sachverständigen folgt die Befragung des Beschuldigten, erst zu seiner Person, danach zur Sache. Die Befragung wird vom Gericht in einem separaten Raum durchgeführt und in den Gerichtssaal übertragen.
Bei der Befragung ist das Gesicht des Beschuldigten fast vollständig hinter seiner Brille und einer Hygienemaske verborgen. Er beschreibt seinen Alltag im vorläufigen Massnahmenvollzug, in den er sich seit Dezember 2021 befindet, als ziemlich schwierig. Der Beschuldigte, der vor seiner Verhaftung von der IV lebte, war trotz seiner Unterbringung im Mai 2022 in einen weiteren Vorfall verwickelt. Er schlug mit einem Messer nach einem Mitinsassen, der ihn, eigenen Angaben nach, fortgesetzt provoziert haben soll.
Zu den Vorwürfen betreffend den Stoss vom Berghang äussert sich der Beschuldigte inhaltlich kaum. Er könne sich an keine Details erinnern. Insgesamt wirkt der mutmassliche Täter nervös und fahrig.

14.41 Uhr: Es folgt die Einvernahme einer Fachärztin zur Todesursache des Opfers. Im Obduktionsbericht kam man zu dem Schluss, dass das in der Höhle eingeschlossene Opfer erfroren ist. Man habe beim Toten sogenannte Wischnewsky-Flecken – Verfärbungen der Magenschleimhaut – gefunden, die auf diese Todesursache hindeuten. Auch könne man davon ausgehen, dass das Opfer vor dem Erfrieren relativ lange in der Höhle gefangen gewesen war.

14.17 Uhr: Nach der Mittagspause geht das Verfahren mit der Befragung des mit dem Fall betrauten forensisch-psychiatrischen Gutachters weiter. In seinem Gutachten kommt er zum Schluss, dass beim Beschuldigten eine dissoziative Persönlichkeitsstörung sowie unterdurchschnittliche Intelligenz in Kombination mit ADHS vorliegen. Dabei handle es sich um einen andauernden, wiederkehrenden Zustand, nicht um impulsives Verhalten. Insgesamt sei aber weder die Einsichtsfähigkeit noch die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten in einem Ausmass gemindert gewesen, dass von einer verminderten Schuldfähigkeit des Beschuldigten ausgegangen werden kann.

11.10 Uhr: Kurz nach Beginn der Hauptverhandlung wurde dem Beschuldigten erlaubt, die Verhandlung kurzzeitig zu verlassen. Danach machte er Angstzustände geltend und weigerte sich vorerst, zur Verhandlung zurückzukehren. Da sein Verteidiger anwesend ist, wird der Prozess vorest ohne den Beschuldigten fortgeführt.
Im Anschluss wurden Zeugen und Auskunftspersonen befragt. Dabei ging es vor allem um den Vorwurf des versuchten Mordes anlässlich einer gemeinsamen Bergwanderung des späteren Opers und des mutmasslichen Täters im Tessin am 31. März 2019. Angehörige des Opfers sagten aus, vom Opfer telefonisch über dessen Absturz informiert worden zu sein. Dabei habe das Opfer seinem Vater mitgeteilt, dass er das Gefühl hatte, vom späteren Täter gestossen worden zu sein. Später relativierte offenbar das Opfer selbst diese Einschätzung mit der Begründung, dass kein normaler Mensch so etwas tun könne, und schon gar nicht der beste Freund.