«Der Verkehr bleibt trotzdem»

Die Kiesgrube Grosszelg sorgt weiter für Gesprächsstoff im Dorf. Nun haben sich auch die Befürworter des Projekts um Clemens A. Zehnder formiert.
Für ein «Ja» zur neuen Kiesgrube: Clemens A. Zehnder. (Bild: zVg)

Clemens Zehnder, bislang hörte man nur von der IG «Nein zur Kiesgrube Grosszelg». Seit wann gibt es die IG «Ja zu einem ökologischen Kiesabbau in Birmenstorf»?
Das ist tatsächlich neu. Die Gegner der Teiländerung Nutzungsplanung haben in den letzten Monaten sehr laut protestiert. Es gibt in Birmenstorf aber auch viele, die für die neue Kiesgrube Grosszelg sind. Im Sinne eines fairen Entscheidungsprozesses haben wir nun diese IG gegründet. Unsere Motivation sind die Nachhaltigkeit und die Gemeindefinanzen. Für uns waren auch wichtige Fragen ungeklärt wie: Was passiert eigentlich bei einem Nein?

Wie lautet Ihre Antwort?
Wir hätten gleich viele Ortsdurchfahrten, aber 0 statt 400 000 Franken Entschädigungszahlungen der IG RMK Kies pro Jahr. Deren Beteiligte (Merz Baustoff AG, Gebenstorf, Richi AG, Weiningen, und Meier Söhne Knecht AG, Brugg, die Redaktion) sind Kiesunternehmen und auf den Rohstoff Kies angewiesen. Bei einem Nein würde Merz also den Kies aus weiter entfernten Gebieten hertransportieren müssen, aus dem Limmattal, dem Westaargau, dem süddeutschen Raum oder dem Elsass. Das wären dann statt 4 Kilometer von der Kiesgrube bis zum Werk in Gebenstorf zwischen 12 und 80 Kilometer. Die letzten Meter erfolgen aber immer via Autobahnausfahrt Baden West durch Birmenstorf.

Was ökologisch schlimmer wäre.
Die Ökobilanz wäre eindeutig schlechter. Wir haben es in der Hand: Setzen wir auf heimische Rohstoffe oder auf Import aus dem Ausland? Nur ein lokaler Abbau steht für Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit. Aber es gibt noch weitere Dinge, die relativiert werden müssen.

Was meinen Sie konkret?
Der Widerstand der Gegner basiert vor allem auf einer Zahl, die man relativieren muss. Die 54 000 Fahrten durch Birmenstorf pro Jahr erscheinen im Umweltverträglichkeitsbericht nirgends. Über den Kreisel Chrüz finden neu 204 Fahrten statt. Rechnet man dies mit 240 Werktagen hoch, so kommt man auf rund 49 000 Fahrten. Diese Zahl bezieht sich aber nur auf das kurze Wegstück vom Grosszelg bis zum Kreisel Chrüz, das wenig bebaut ist. Und am Kreisel – das ist das Entscheidende! – biegen viele nach rechts in Richtung Autobahn ab, nur Merz fährt links durchs Dorf nach Gebenstorf. Das Problem von Birmenstorf ist generell der Durchfahrtsverkehr, das hat wenig mit dem Kiesabbau zu tun. Gemäss Kanton fahren an Werktagen total 16 335 Fahrzeuge durch Birmenstorf, davon sind 860 Schwerverkehr und davon wiederum 75 Fahrten von Merz. Die Anzahl der Dorfdurchfahrten zwischen Kreisel Chrüz und Kreisel Schinebühl wird sich von heute 75 Fahrten um 21 auf 96 erhöhen. Und diese 96 fallen aber so oder so an, wie ich vorhin erklärt habe.

Nachhaltigkeit ist auch den Gegnern wichtig.
Wir wollen alle eine ökologische Lösung. Kiesgruben sind Teil der Kreislaufwirtschaft. Regionaler Kies ist für regionale Bauvor­haben mit kurzen Wegen ökologisch sehr sinnvoll. Und renaturierte Kiesgruben leisten einen wertvollen Beitrag zur Artenvielfalt und nachhaltigen Ökologie.

Aber der Kiestransport verursacht auch Lärm und Dreck?
Dank einer Radwaschanlage und weiteren Massnahmen werden Staubemissionen vermindert. Zudem ist der Abbau nach den gesetzlichen Vorgaben lärmtechnisch so optimiert, dass die Emissionen stark reduziert werden und möglichst weit weg vom Dorfkern entstehen. Und schliesslich hat Pro Natura Aargau ihre Einsprache zurückgezogen. 

Wiegen die Entschädigungen, welche die IG RMK der Gemeinde Birmenstorf zahlt, den Lärm und Schmutz auf?
Erstens laufen die Entschädigungen aus Niderhard in drei Jahren aus, dann starten wir nicht mit null, sondern mit einem Minus! Dieses Loch würde mit Grosszelg mehr als gestopft. 400 000 Franken pro Jahr entsprechen fünf Steuerprozenten. Weshalb darauf verzichten? Der Verkehr würde trotzdem bleiben. Und Kies braucht es zum Bauen nun mal. Die Stimmberechtigten haben also die Wahl: Ja zum lokalen Kiesabbau mit Entschädigung oder Nein und damit nur den Verkehr, ohne Entschädigung.