Sein Herz schlägt für die Kinder

Er ist Grossrat, Stadtrat, Schulleiter – und seit über 35 Jahren begeisterter Samichlaus. Nun öffnet Jürg Baur seine Schüür wieder – für die Kinder.
Hat sich an der Zurzacherstrasse in Brugg seine Chlauseschüür gemütlich eingerichtet: Jürg Baur. (Bild: Archiv | es)

Seine Karriere als Samichlaus hat Jürg Baur ganz klassisch begonnen: als Schmutzli. «Damals machten wir die Schminke noch selbst, aus braunem Pulver und Bier», erzählt er. «Es war wie eine zweite Haut und hat nach einigen Stunden Arbeit grässlich gejuckt.» Als Führer und Scharleiter der Jungwacht Windisch wurde der Jungschmutzli bei seinen ersten Einsätzen von Mentor und Samichlaus-Vorbild Georg Dora unterstützt, der damals als Sigrist tätig war. Von ihm hat er unter anderem mitgenommen, was er heute noch praktiziert: dass man den Kindern Wertschätzung entgegenbringt und auch die Schmutzli miteinbezieht. «Sie sind nicht nur stille Gehilfen, die zum Sacktragen verdonnert sind», sagt der 63-Jährige. «Sie sprechen mit den Kindern und gehen auf sie ein.»

Nicht ohne seine Esel
Mit zum Gefolge des Samichlaus gehören auch die zwei Esel «Nuck» und «Trämpeli», die eigentlich anders heissen und aus Habsburg stammen. Sie sind seit Jahren mit Baur vertraut. «Ich besuche sie jedes Jahr vor meinen Einsätzen und gehe mit ihnen auch oft spazieren.» Er liebe seine Esel, sagt der Brugger Stadtrat und Grossrat, auch wenn sie zuweilen störrisch seien. Und er erzählt von seiner Chlaustour in Schinznach-Bad, bei der ein Esel beim Traversieren der Gleise stehen blieb – und keinen Schritt mehr tun wollte. «Als das Ding-Ding der Barriere erklang, begann ich zu schwitzen», erinnert sich Baur. Schieben, ziehen, Rüebli hinhalten: Nichts half. «In letzter Minute konnten wir ihn in Bewegung bringen», schmunzelt der Chlaus.

Früher, da war er rund um den Samichlaustag mehrere Tage unterwegs, um verschiedene Familien zu besuchen. «Wir erlebten hinter der Türe alles», erinnert er sich. Doch irgendwann wurde die Tour zu anstrengend. «Ich sehnte mich nach einem fixen Standpunkt», so Baur. Im Schuhmacherhüsli beim Dahlihaus in Hausen fand er Unterschlupf und eine Herberge ganz nach seinem Sinn, in welcher er die Kinder empfangen konnte. «Und die Esel waren gleich daneben, auf der Weide unter dem Nussbaum», lächelt der Samichlaus.

Als das Haus umgebaut wurde, fand er in der Hochuli-Scheune an der Zurzacherstrasse in Brugg ein neues Domizil. Hier empfängt der Pädagoge und Schulleiter auch dieses Jahr während dreier Tage die Kinder in einer einmaligen Umgebung. Auch viele Schulklassen kommen vorbei. Letztes Jahr waren etwa die 120 Primarschülerinnen und -schüler aus dem Schulhaus Au-Erle bei ihm zu Gast. Kurz, bevor sie ein Lied anstimmten, rief Baur seinem Esel auf der Weide zu: «Nuck, chomm cho lose, d’Chend senge öber dech es Lied!» Und der Esel galoppierte herbei und spitzte die Ohren. «Solche Momente vergisst man nicht», strahlt Baur. Dieses Leuchten in den Augen der Kinder sei der Lohn für sein Engagement, das ihm lange Tage mit hoher Präsenz beschert. Ein Samichlaus müsse die Kinder von Herzen gern haben, ist der zweifache Vater überzeugt.

Weder Uhr noch Turnschuhe
Als Chlaus gibt Jürg Baur jedem Kind, das ihn besucht, ein kleines Geschenk: ein Schöggeli, Nüssli, ein Manderindli. Und die Kinder beschenken auch ihn. Sie bringen Zeichnungen, singen Lieder, sagen Versli auf. «Letztes Jahr brachte ein kleiner Knirps seine Zeichnung mit, auf der einzelne Objekte gemalt waren», erzählt der Samichlaus. Er habe sich gefragt, was sich für ein Geheimnis dahinter verberge. Da erklärte ihm der Bub, der noch nicht lesen konnte, dass er sich mithilfe der Bilder sein Versli gemerkt hat. «Eine tolle Idee, die mich als Pädagogen besonders gefreut hat», sagt Baur.

Seine Samichlaus-Identität hat der Brugger mittlerweile gefunden. «Ich begegne den Kindern anders als früher, weiss ihre Emotionen und Ängste aufzufangen und improvisiere frisch drauflos.» In seine Rolle steige er aber immer bewusst ein. Er lege beispielsweise die Uhr ab, und auch Turnschuhe trage er keine. «Die Kinder merken sich jedes Detail und sprechen mich nach Jahren noch drauf an», weiss er. «Ich will so identisch wie möglich sein», ist seine Devise.

Auch nach all den Jahren zieht sich Jürg Baur das Chlausengewand immer noch mit grosser Begeisterung über. An der Tradition des Samichlaus fasziniert ihn «das Mysthische und das Geheimnisvolle». Ganz in der Tradition des heiligen Nikolaus von Myra stehe er für Barmherzigkeit und Güte. Eine Fitze hat er nur, um damit den Boden seiner Chlauseschüür zu fegen. Dort hat er dieser Tage alles vorbereitet – für die vielen Kinder, die ihn besuchen werden. Dem Brugger Chlaus stehen arbeitsreiche Tage bevor – die er stets mit einem Ritual beschliesst. «Am Abend sitze ich noch lange im Schaukelstuhl und lasse die vielen Eindrücke Revue passieren. Wenn ich all diese strahlenden Kinderaugen nochmals vor mir sehe, bin ich nicht nur müde, sondern auch sehr glücklich.»

Chlausenschüür
Zurzacherstrasse 51, Brugg
Sonntag, 4. Dezember, 15.30 bis 19 Uhr
Montag, 5. Dezember, 16.30 bis 19 Uhr
Dienstag, 6. Dezember, 16 bis 19 Uhr