«Schweigen ist oft schwieriger als Reden»

Menschen mit Liebe und Würde auf dem letzten Weg zu begleiten, ist das Anliegen von Emmi Wernli. Das möchte sie auch in Kursen weitergeben.
«Jeder Mensch geht anders»: Emmi Wernli in ihrer Stube in Thalheim. (Bild: cl)

Wir werden alle sterben. Das wissen wir, und doch ist es uns selten bewusst. Doch irgendwann werden wir mit dem Tod konfrontiert. Beispielsweise, wenn ein geliebter Mensch schwer erkrankt. Dann fühlen wir uns meist hilflos. Wie verhalte ich mich, wenn ich am Bett eines sterbenden Menschen sitze? Bei dieser Frage setzt die Projektgruppe «Mitmensch und Würde» an, die zum dritten Mal einen Kurs in Sterbebegleitung anbietet. Die Referentinnen Emmi Wernli-Meier und Marianne Hunziker führen die Teilnehmenden behutsam und mit viel Erfahrung durch die Nachmittage oder Abende. Zusammen nähert man sich dem Thema «Lebensqualität von sterbenden Menschen» und erfährt, was es heisst, Menschen in der letzten Lebensphase zu begegnen und sie individuell zu begleiten.

«Die Begleitung ist eine herausfordernde Arbeit, die uns aber grosse Befriedigung bringt,» sagt Emmi Wernli. Wir sitzen in der gemütlichen Stube mit Kachelofen im Daheim der Gerontologin und Sterbebegleiterin. Hier wohnt die 67-Jährige mit ihrem Mann im elterlichen Bauernhaus. Sie haben drei Kinder, die in der näheren Umgebung zu Hause sind, und sechs Enkel. «Ich bin ein totaler Familienmensch», sagt Wernli und zeigt auf das grosse Foto an der Wand. Die Familie sei ihre Heimat.

Eine erfüllende Aufgabe
Emmi Wernli war rund dreissig Jahre lang im Alters- und Pflegeheim Schenkenbergertal tätig. Erst arbeitete sie dort ehrenamtlich, später, nach ihrer Ausbildung zur Gerontologin, koordinierte sie die Freiwilligenarbeit. Daneben liess sie sich zur Sterbebegleiterin ausbilden. Mittlerweile hat Emmi Wernli schon viele Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet. «Jeder Mensch geht anders», sagt sie. Wichtig sei, bereit zu sein, sich auf den Menschen einzulassen. «Sterbebegleitung fängt zu Hause an», verdeutlicht sie. Früher habe sie pressiert, um so schnell wie möglich bei dem Patienten zu sein. Heute setze sie sich erstmal hin, horche in sich hinein und überlege, was sie mitnehme, welche Gedanken und welche Gegenstände wie etwa ein Buch oder eine Lismete.

Wenn sie am Bett der zu begleitenden Person stehe, lege sie ihr meist die Hand leicht auf die Schulter mit den Worten: «Ich bleibe bei Ihnen.» Danach komme es darauf an, was die Person brauche, ob es darum gehe, zuzuhören oder einfach da zu sein. «Schweigen ist oft schwieriger als Reden», sagt Wernli. Die Spiritualität könne ebenfalls eine Rolle spielen, weil sich am Ende des Lebens oft Sinnfragen stellen. Dabei werde jede religiöse Überzeugung geachtet. «Es wird in allen Religionen gestorben», betont Emmi Wernli. «Sterben ist neutral.»

Sie wünsche sich, dass mehr Menschen diese wichtige Aufgabe übernehmen. «Mein Ziel ist, dass alle Menschen, die nicht allein sterben wollen, auch nicht allein sterben müssen», betont die Fachfrau. Deshalb hat sie sich bereits ein neues Ziel gesetzt. Sie will in diesem Jahr einen privaten Verein für Sterbebegleitung ins Leben rufen. «Eigentlich hatte ich vor, es nach der Pensionierung ruhiger zu nehmen», erzählt sie lachend. Das Thema sei ihr aber einfach zu wichtig. Sie könne nicht aufhören. Der Verein soll dazu dienen, dass sich verschiedene Institutionen, aber auch Privatpersonen dort melden können, um eine Sterbebegleitung in Anspruch zu nehmen. Es werden nicht nur Vereins-, sondern auch Vorstandsmitglieder gesucht. Interessierte können sich per E-Mail bei Emmi Wernli melden: wernliemmi@bluewin.ch.

Wertvoll auch für sich selbst
Der Kurs in Sterbebegleitung, der im Januar startet, ist auch eine Bereicherung fürs eigene Leben. «Ich lebe besser, seit ich mir täglich kurz bewusst mache, dass jeder Tag der letzte sein kann», sagt Emmi Wernli. Es besteht die Möglichkeit, den Nachmittag- oder Abendkurs zu besuchen. Einstiegstag für beide Kurse ist der Samstag, 21. Januar. Die Kurse beinhalten je sechs Module und finden in den Räumlichkeiten der Chrischona­Gemeinde Brugg statt. Veranstaltet wird das konfessionell unabhängige Angebot von der Projektgruppe «Mitmensch und Würde» der Freien Gemeinde Brugg. Informationen gibts unter krinne.ch.