«Was Ayurveda kann, ist erstaunlich»

Wörtlich übersetzt bedeutet Ayurveda «Wissenschaft des Lebens». Das Odeon zeigt in Film, Vortrag und Workshop mehr zur indischen Medizin.
Die sanfte Massagetechnik des Ayurveda wirkt tief und kann in jedem Alter angewendet werden. (Bild: zVg)

Yoga und Ayurveda teilen sich ihre Wurzeln in den ältesten indischen Schriften, den Veden. Dort sind die beiden jahrtausendealten Lehren niedergeschrieben worden. Ayurveda, das Wissen vom langen, gesunden Leben, sieht den Menschen als untrennbare Einheit aus Körper, Geist und Selbst. Die Therapieformen dieses ganzheitlichen Ansatzes, bei dem das individuelle Ungleichgewicht gesucht und ausbalanciert wird, finden auch hierzulande zunehmende Verbreitung.

Indische Medizin in der Schweiz
In der Schweiz gibt es den Verband für Schweizer Ayurveda-Medizin und -Therapie (VSAMT). Die Ayurveda-Therapeutin Esther Buser ist dort ein registriertes Mitglied. Seit 2015 ist die heutige Therapeutin, die ursprünglich eine kaufmännische Lehre absolvierte und später in ganz verschiedenen Branchen tätig war, selbständig. Davor absolvierte sie etliche Aus- und Weiterbildungen im Ayurveda und gründete vor acht Jahren «AyurSelf Brugg», ihre eigene Praxis. Auf Ayurveda liess sie sich vor gut zehn Jahren ein: «Nach der kompletten Ausbildung zur Ayurveda-Massage-Praktikerin war für mich klar, dass ich damit arbeiten will», erzählt die 46-Jährige über ihren Werdegang.

Schwerpunkt bildet die Vorsorge
Wie alle traditionellen indischen Wissenschaften und die meisten komplementären Heilsysteme betrachtet Ayurveda den Menschen als unmittelbar mit der Natur verbunden und umfasst jeden Aspekt des menschlichen Daseins. Deshalb steht nicht die reine Symptombehandlung im Fokus, es werden vielmehr Ursachen und Zusammenhänge gesucht, und es wird erklärt, wie sie zu einer Dysbalance im Körpersystem führen, aber auch wieder ausgeglichen werden können. «Ayurveda legt grossen Wert auf die Vorsorge», erklärt Buser. Es sei einfacher, entstehende Beschwerden im Anfangsstadium abzuwehren. «Dann helfen oft noch wenige, kleine Anpassungen. Entscheiden wir uns, die Anzeichen zu ignorieren, werden die Beschwerden stärker, und eine Krankheit kann entstehen oder chronisch werden», zeigt die Gesundheitsfachfrau auf.

Eins-zu-Eins-Medizin
Ayurveda ist eine Eins-zu-Eins-Medizin, in der Therapie und Medikation individuell auf jeden Einzelnen abgestimmt werden. «Ayurveda fasst die fünf Elemente Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum, aus denen wir selbst und alles um uns geschaffen ist, in drei Doshas zusammen», rekapituliert Esther Buser die ayurvedischen Grundsätze. «Bei den Doshas handelt es sich um sogenannte Bioenergien, die uns durchströmen: Vata, Pitta und Kapha.» Jeder Mensch komme mit einem einzigartigen Mischverhältnis dieser Doshas zur Welt, erklärt die Therapeutin. Dieses festgelegte Verhältnis nenne man Grundkonstitution. Es entscheide über alles – darüber, welche Augen- oder Haarfarbe wir haben, welche Körpergrösse wir erreichen, wie trainierbar unsere Muskulatur ist, welche Vorlieben und Abneigungen wir haben und welche Wesenszüge wie Geduld, Toleranz oder Ehrgeiz uns angeboren sind, gibt Buser Einblick in die uralte Gesundheitslehre.

Komplexes einfach anwenden
Ayurveda in seiner gesamten Tiefe zu verstehen, sei komplex, gibt Buser zu. «Ein Leben reicht nicht aus, um Ayurveda komplett zu erfassen», sagt sie.  «Trotz seiner Komplexität besticht es durch Logik, ist klar in seiner Aussage – und das Wichtigste: Ayurveda versteht komplexe Zusammenhänge im menschlichen Organismus», betont die Fachfrau.

In der ayurvedischen Behandlung könne ein ganzes Bündel an unterschiedlichen Beschwerden auf einen Nenner gebracht werden, denn alle können beispielsweise mit einem erhöhten Vata-Dosha im Zusammenhang stehen, das mit einfachen Mitteln ausgeglichen werden kann, beantwortet Buser die Frage, weshalb Ayurveda einfach in der Anwendung sei.

Wetter, Mond und Freizeit
Die Anamnese sehe je nach Ausbildung der Therapeutin oder des Therapeuten unterschiedlich aus, weiss Buser. «Ayurveda kennt verschiedene Diagnosen von Puls, Zunge, Nägeln, Gesicht und die Untersuchung der Körperausscheidungen.» Geachtet werde auch auf das Gesamtauftreten einer Person, auf ihren Gang, die Sprechweise, Hautverfärbungen, lokale Verspannungen oder Schmerzen, informiert die Therapeutin.

Auch die Mondphasen und die Jahreszeiten beeinflussen laut Buser unsere Doshas. «Die Nahrung, die wir uns zuführen, die Anzahl Stunden, die wir schlafen, die Arbeit oder die Freizeitbeschäftigungen, denen wir nachgehen, können für unser System zu- oder abträglich sein», sagt sie. Gerade bei der Ernährung stelle unsere Umgebung aber alles bereit, was wir zu jeder Jahreszeit brauchen, so die Expertin. Es gehe nicht darum, indisch zu essen: «Wenn wir regional und saisonal essen, brauchen wir uns um die Ernährung viel weniger Gedanken zu machen», versichert sie. 

Die Wirksamkeit des Ayurveda liege in der Einfachheit, betont Buser. «Meist reichen wenige Anpassungen beim Tagesablauf oder in der Ernährung, um einen grossen Unterschied in der Befindlichkeit herbeizuführen. Ich bin immer wieder erstaunt, was Ayurveda kann», so die Therapeutin. Gerade auch mit dem Atem, mit dem wir den grössten Teil des Prana, der Lebensenergie, in uns aufnehmen, könne man sein Energiesystem auf einfache Art und Weise stabilisieren und ausbalancieren, betont die Therapeutin.

Film, Vortrag und Workshop
Ende Monat wirkt Esther Buser in der Veranstaltungsreihe «Gesundheit und Bewusstsein» mit. Unter diesem Titel zeigt das Cinema Odeon eine Dokumentarfilmreihe und stellt verschiedene alternative Heilmethoden vor. Der fünfte von insgesamt sechs Filmen widmet sich dem Ayurveda und bringt mit «Der Doktor aus Indien» das beeindruckende Filmportrait von Dr. Vasant Lad, einem ayurvedischen Arzt, auf die Leinwand. Im Anschluss an den Film hält der Vaidya Amarjeet Bhamra, Esther Busers Lehrer, einen Vortrag.

Passend dazu findet am 25. und 26. Februar ein Workshop statt, der die traditionelle indische Kopfmassage zum Thema hat. Das Seminar wird von Bhamra geleitet und von Esther Buser und ihrer Geschäftspartnerin Catherine Senn begleitet. «Auch diese Kopfmassage ist eine vorbeugende, gesundheitsfördernde und einfach anzuwendende Massnahme, ganz im Sinn des Ayurveda», sagt Buser.

Film «Der Doktor aus Indien»
Donnerstag, 23. Februar, 18 Uhr
Ayurveda Workshop
Samstag, 25., und Sonntag, 26. Februar
Odeon, Brugg
odeon-brugg.ch