«Vor dem Nationalratspräsidenten den Eid abzulegen, war ein Moment, der mir durch Mark und Bein ging», sagt der in Würenlingen aufgewachsene und dort als Winzer im Weingut «Zum Sternen» tätige Klingnauer Andreas Meier. Seit dem 27. Februar gehört er der Grossen Kammer an. Der Mitte-Politiker Meier feierte am Sonntag sein Nachrücken (er ist Nachfolger von Ruth Humbel) unter dem Titel «Eid, Speck und Bohnen» mit einem kleinen Fest – ein Anlass mit Tiefgang, für welchen der ebenfalls in Würenlingen gross gewordene Historiker Pirmin Meier sorgte. Als Metzgerssohn kennt der Buchautor und Verfasser zahlreicher historischer Beiträge die Gebräuche des einstigen Viehhandels bestens. So erinnert er sich, wie Julius Bloch sonntags Rinder für die montäglichen Schlachtungen anlieferte – als Jude durfte er am Sonntag arbeiten. Oder an die Aussage, «die Kueh esch bemeid trächtig» oder «währschaft», wie im Viehhandel auch gesagt wurde. «Bemeid»? Ja, «beim Eid», womit ein Versprechen abgegeben wurde.
Freiheitseid der Würenlinger
Eide galt es bereits zur Zeit der Griechen und Römer zu leisten – sie haben somit keinen christlichen Ursprung. Die heilige Dreifaltigkeit (die drei Schwurfinger) findet sich ab dem Mittelalter, was Meier mit vielen Beispielen – so die Inpflichtnahme von Niklaus von der Flüh als Richter – illustrierte. Interessant war die Zeit der Helvetik, als die Würenlinger einen «Freiheitseid» auf den neuen Staat leisten mussten. Vereidigt worden seien auch die «politischen Endkunden», die Untertanen, welche Gehorsam zu schwören hatten.
Was ist der Unterschied zwischen Vereidigung und Inpflichtnahme? Vor fünfzig Jahren gehörte Pirmin Meier dem Aargauer Verfassungsrat an. Wie auch in der Bundesverfassung wird Gott in der 1980 in Kraft getretenen Kantonsverfassung genannt. Dennoch haben die Aargauer Verfassungsväter und -mütter auf das Zeremoniell der Vereidigung verzichtet und an seine Stelle die Inpflichtnahme mit Gelöbnis gesetzt. Bei Letzterem geht es um ein Versprechen, bei dem Gott nicht angerufen wird.
Auch wenn für Pirmin Meier auf Bundesebene (hier gibt es beide Formen) der Eid erste Wahl ist, sieht er durchaus den Sinn der Alternative: «Ganz fromme Christen finden sich nicht würdig, einen Eid vor Gott abzulegen – und Atheisten sind dazu nicht bereit.»
Meier setzt sich durch
Auf den Historiker folgte der Politiker. Nationalrat Andreas Meier gab einen Einblick in seine erste Session. Beeindruckt haben ihn die Zahl der Geschäfte (155 Abstimmungen) und das Tempo, welches dem Pingpong des für einen ehemaligen Grossrat noch ungewohnten Zwei-Kammer-Prinzips auf Bundesebene geschuldet ist. Die Differenzbereinigungen zwischen National- und Ständerat empfand Meier als «grossen Basar», aber auch als faszinierend.
Zu den verschiedenen Themen, für die sich Meier engagiert und interessiert, gehört der Sport. Und da ist ihm bei einer Vorlage aufgefallen, dass aus einem eigentlich für 2024 vorgesehenen Budget bereits 2023 ein Betrag entnommen werden sollte. Flux stellte er einen Antrag, dies zu korrigieren. «Chancenlos», beschieden ihm die Kolleginnen und Kollegen. Aber siehe da: VBS-Vorsteherin Viola Amherd teilte mit, dass der Bundesrat bereit ist, den Antrag Meier zu übernehmen. «Engagement lohnt sich», sagt Meier und hat diesen Satz zu seinem Motto für die im Herbst anstehenden Wahlen gemacht.
Speck und Bohnen. Der Speck war Teil reichlich bestückter kalter Platten – die Bohnen, die gab es als Saat. «Mit diesem Give-away will ich im Wahlkampf auf meine Wurzeln hinweisen und meine Verbundenheit mit den Menschen – besonders im einst eher ärmlichen Unteren Aaretal – betonen», sagt Meier.