Fenster für Fenster wird ausgebaut

Während der Renovationsarbeiten werden die wertvollen Glasfenster der Klosterkirche Königsfelden ausgebaut. Ein Augenschein im Atelier.
Friederike Szlosze und Aline Dold tragen ein Glasfenster zur Transportkiste. (Bild: aru)

Wer die Klosterkirche aktuell während der Renovationsarbeiten betritt, fühlt sich seltsam «beraubt». Die hohen Glasfenster, die ansonsten den Chor in ein mystisches Farbenmeer tauchen und durch das spezielle Licht eine spirituelle Erfahrung ermöglichen, vermitteln einen äusserst weltlichen Eindruck. «Momentan ist es trist hier drin», sagt auch Aline Dold, welche für den Ausbau der rund 700 Jahre alten Glasfenster verantwortlich zeichnet. Dold hat eine spezielle Beziehung zur Kirche, in der sie schon als Kind mit ihrem Vater, der die Fenster in den 80er-Jahren restaurierte, zugegen war. Ihr zur Seite steht die auf Glas spezialisierte Restauratorin Friederike Szlosze. In Handarbeit bauen die beiden Frauen mit weiteren Mitarbeitenden seit eineinhalb Monaten insgesamt elf Fenster mit jeweils dreissig Scheiben und Masswerkverglasung aus. «In Dreierteams brauchen wir für den Ausbau eines Fensters zwei bis drei Tage», so Aline Dold. Mit einem Warenlift werden die ausgebauten Fenster nach unten transportiert, von wo sie ins Atelier im Nebengebäude gebracht werden. Dort wird der Zustand der Fenster anhand von Referenzstellen kontrolliert und dokumentiert. Danach lagern sie bis zum Wiedereinbau im Kulturgüterschutzraum. Die Fenster selbst werden nicht restauriert, sie erhalten bloss einen Trockenputz. «Mit solch einzigartigen Kunstwerken arbeiten zu dürfen, ist ein Privileg», sagt Dolder, und erklärt, wie die Farben und Strukturen im Glas entstanden sind. «Gleichzeitig sind wir uns bei jedem Arbeitsschritt der grossen Verantwortung, die wir tragen, bewusst.»

Im Atelier: Rudolf Velhagen, Aline Dold und Friederike Szlosze erläutern das Glasfenster, auf dem der heilige Franziskus dargestellt ist. (Bild: aru)

Kunstvolle Locken
Auch Friederike Szlosze ist begeistert von der hohen künstlerischen Qualität und dem Detailreichtum, den die Fenster auch in höchster Höhe und damit dem Blick des Kirchenbesuchers normalerweise verborgen, aufweisen. «Man muss sich bewusst sein, dass Kunst damals nicht für den Betrachter oder die Betrachterin entstanden ist, sondern für Gott», erklärt Rudolf Velhagen, Chefkurator Sammlung und Ausstellung Museum Aargau, am vergangenen Mittwoch den anwesenden Medien. Er sei stolz darauf, dieses bedeutendste Ensemble mittelalterlicher Glasmalerei in der Schweiz hier im Aargau beheimatet und zugänglich zu wissen.

Die Königsfelder Kirche war der Mutter Gottes und allen Heiligen geweiht. Die elf Fenster im Chor zeigen denn auch ein vielschichtiges Heilprogramm: die Vita Christi, das Leben der heiligen Franziskus und das Leben der heiligen Klara. «Die Klosterkirche mitsamt den hochkarätigen Glasfenstern war ein grosser Luxus – unvorstellbar, was damals in deren Entstehung investiert wurde», erklärt Velhagen.

Im Atelier gibt er gemeinsam mit den zwei Spezialistinnen für Glasrestauration einen Einblick in die kunstvollen Details des Fensters, das den heiligen Franziskus zeigt. Die Linienführung der Bleiruten, welche die einzelnen Glasstücke zusammenhalten, wird mit schwarzem Pinselstrich auf dem Glas weitergeführt. «Man sieht sehr schön, wie das Blei nicht nur praktisch für den Zusammenhalt sorgte, sondern auch als künstlerisches Element der Linienführung diente», erklärt Aline Dold. Und dann zeigt sie auf die schwungvollen Pinselstriche, mit der die Locken von Franziskus gemalt sind. «Diese nachzuahmen, gehört bis heute zur Ausbildung der Glasmaler», schmunzelt sie.

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Ein Meisterstük der Glasmalerei Locken des heiligen Franziskus.

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Linienfuehrung im Bleinetz.

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Die Glasrestauratorinnen geben im Atelier Auskunft.

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Detailreichtum der Glasmalerei.

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Aline Dold und Friederike Szlosze diskutieren ein Detail (Bilder: aru)

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