Sie hatten sich im Lehrerseminar Wettingen kennengelernt und bewunderten das Cabaret Rüeblisaft, zu dem sie ins Theater im Kornhaus Baden pilgerten. Sie, das war eine Gruppe junger Menschen, die beschloss, es dem Vorbild gleichzutun, will heissen: 1960 ein Kabarett zu gründen. «Nur sollte das unsrige einen etwas schärferen Namen tragen», sagt Gründer Edgar Zimmermann, weshalb er seine «Erfindung» auf den Namen Schwäfelsüüri (H2S04) taufte. Ausgerechnet.
Mit 19 Jahren auf der Bühne
Wer einschlägige Literatur konsultiert, wird merken, dass mit der anorganischen, farblosen Säure nicht zu spassen ist. Konzentrierte Schwefelsäure wirkt stark, ätzend und oxidierend und kann sogar Silber und Quecksilber auflösen. Das lag nicht in der Absicht des Ensembles. Viel lieber wollte es mit pfiffigen, unterhaltenden Texten die Denkzellen des Publikums in Schwung bringen. «Diese in geistiger Retorte gebraute Schwefelsäure übt ihre ätzende Wirkung auf das Zwerchfell aus, und zwar in heilsamer Weise», schrieb ein Kritiker nach einer Premiere. «Unser erster Auftritt bei einem Kindergartenbazar in Koblenz kam sehr gut an», erinnert sich Zimmermann. So sehr, dass man auf das blutjunge Cabaret Schwäfelsüüri selbst in Thun aufmerksam wurde, weshalb es dort gastieren durfte.
Weil die Spieler aber erst 19-jährig waren, musste einer ihrer Väter ein Leumundszeugnis einschicken und die Verantwortung für die betreffende Aufführung übernehmen, worauf er das entsprechende Patent des Polizei-Inspektorats Thun zugestellt erhielt. Auf diesem Patent wurde die Bewilligung erteilt «für eine Cabaretvorführung im Rahmen der zulässigen Toleranz (keine Einmischung in die Politik ausländischer Staaten)». So weit und so gut, dass das Cabaret Schwäfel-süüri zu einem Stern am Schweizer Kabarettfirmament wurde.
In den folgenden zwanzig Jahren präsentierte das Amateurensemble zehn Programme auf kleineren und grösseren Bühnen in Windisch – dem Lebensmittelpunkt des Gründers, Autors und Mitspielers Edgar Zimmermann – Baden, Aarau, Zurzach, Wettingen, Brugg, Bern und Zürich, bei Kulturvereinen, am Radio und im Fernsehen, an Grossanlässen sowie den Oltner Kabarett-Tagen. Danach tourte eine neue Truppe als Schwäfelsüüri light mit Edgar Zimmermann und dem schon in der ersten Formation mitwirkenden Pianisten Werner Andres sowie den beiden Profis Lisa Berg und Zdenko von Koschak weiter in der Schweiz, bis sich auch dieses Ensemble auflöste. Als das 15. und letzte Programm am 20. November 1998 in Frick über die Bühne ging, zählte das Cabaret Schwäfelsüüri zu den langlebigsten und aktivsten Kabaretts in der Deutschschweiz.
Vom Lehrer zum Redaktor
Ende gut, gar nicht gut. So kann man das nicht sehen, denn bereits zuvor war Zimmermann als Solokünstler, unter anderem mit massgeschneiderten Programmen für ganz unterschiedliche Veranstalter unterwegs. Ob mit «Nudelfertig», das hundert ausverkaufte Vorstellungen verzeichnete, oder mit «Proscht»: Die trefflich gewürzten Texte kamen an. Das wissen all jene, die den einstigen Lehrer, der seinen Beruf an den Nagel hängte, um während vierzig Jahren in leitender Funktion in den Redaktionen des «Badener Tagblatts» und der «Aargauer Zeitung» tätig zu sein, während vieler Jahre am Neujahrsapéro des aargauischen Gewerbevereins im Kultur- und Kongresshaus Aarau erlebt haben.
Sein Auftritt in Windisch ist ein Heimspiel
Kurzum: Edgar Zimmermann kann das Schreiben unter anderem für den «General-Anzeiger» mit der heiteren Kolumne «Aufgepickt» nicht lassen. Selbst nach der Pensionierung, im sogenannten Unruhestand nicht. Nichts tun? Kommt nicht infrage, würde er antworten. Weil das so ist, hat sich Edgar Zimmermann nun für den Kulturkreis Windisch und ein Heimpublikum das Spezialprogramm «Höhepunkte und Höhekommas» ausgedacht. «Es sollte eines von bewährten und neuen Nummern mit Bezug auf aktuelle Themen sein», sagt Zimmermann.
Für ihn ist der Auftritt in der Windischer Bossartschüür ein Heimspiel. Windisch zieht sich wie ein roter Faden durch das Gespräch. Hier ist die Stiftung Hilfswerk Margrit Fuchs Ruanda beheimatet, deren Vizepräsident Edgar Zimmermann ist. Er war 1993 Initiant der jährlichen, sich ungebrochener Beliebtheit erfreuenden Sammelaktion für dieses Hilfswerk im «Badener Tagblatt», später in der «Aargauer Zeitung» und weiteren CH-Media-Zeitungen. Bis 2020 hat er diese Sammelaktion geleitet. Die vielen damit verbundenen eindrücklichen Erlebnisse haben sich im Gedächtnis von Edgar Zimmermann ebenso eingebrannt wie die persönlichen Begegnungen mit Margrit Fuchs. Eine schöne Geste, dass er das Honorar für die bevorstehende Vorstellung «seinem» Hilfswerk zukommen lässt.
Samstag, 29. April, 20.15 Uhr
Bossartschüür, Windisch
kulturkreiswindisch.ch