Stets die Kreativität bewahrt

Die 78-jährige Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann hatte kein einfaches Leben. Ihre künstlerische Ader half ihr, immer das Beste daraus zu machen.
Die passionierte Künstlerin Luise Jetzer-Zimmermann in ihrer Wohnung im Alterszentrum St. Bernhard. (Bild: sim)

Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann wurde 1945 in eine Schweiz geboren, von der heute nur noch wenige aus eigener Erfahrung berichten können. Als sie am 1. Februar in Döttingen das Licht der Welt erblickte, war die Niederlage der Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg zwar bereits unausweichlich, doch noch wehrte sich das Deutsche Reich erbittert gegen den drohenden Untergang und die Kämpfe in Deutschland dauerten an.

Für Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann bedeutete das, in der Schweiz der Nachkriegszeit aufzuwachsen, die einerseits als eines der wenigen weitgehend unversehrten Länder in Europa einen erstaunlichen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte und andererseits bestrebt war, die eigene Rolle im Zweiten Weltkrieg sowie die faschistischen Tendenzen hierzulande möglichst schnell zu vergessen und zu überspielen.

Schicksalsschläge
Schon in ihrer frühen Kindheit entdeckte Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann ihre kreative Leidenschaft. Sie war nicht nur Mitglied bei den Schlieremer Chind, einem der inzwischen bekanntesten und erfolgreichsten Kinderchöre der Schweiz, sondern zeigte in anderer Hinsicht ebenfalls einiges Talent. «Es ist so, dass ich als Kind sehr gern gezeichnet habe. Und daneben habe ich sehr viel gehandarbeitet», erinnert sich die 78-Jährige. «Handarbeiten kann ich aber leider schon seit Jahren nicht mehr, weil meine rechte Körperhälfte gelähmt ist.»

Die Lähmung ist eine Folge des Schlaganfalls, den die Künstlerin vor Jahren erlitt. Seither ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen. Der Schlaganfall war jedoch lediglich der letzte in einer Reihe von Vorfällen, die Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann in ihrem langen Leben erdulden musste und allen Widrigkeiten zum Trotz bezwungen hat. «Ich wurde von einem Dobermann gebissen, habe mir den Knöchel gebrochen, hatte eine Hirnblutung und einen epileptischen Anfall», listet die 78-Jährige auf. «Ich musste in meinem Leben viele Schicksalsschläge überwinden.»

Heirat und Karriere
Es lief aber nicht immer alles gegen die unerschrockene Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann. Die heutige Pensionärin schloss in Zürich erfolgreich eine Lehre als Verkäuferin bei der Detailhandelskette Konsumverein Zürich ab. Später brachte sie es dort bis zur Filialleiterin. In dieser Zeit lernte sie Fritz Zimmermann kennen, den sie 1971 heiratete. Trotz wiederholter Versuche blieben dem Paar gemeinsame Kinder verwehrt. Auch dies war ein Grund, weshalb sich das Paar zwölf Jahre nach der Hochzeit scheiden liess.

Mit Kunst Ängste verarbeiten
Während dieser ganzen Zeit war Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann stets künstlerisch aktiv, wenn auch ohne grossen Fokus. «Gestalterisch habe ich einfach das gemacht, woran ich Spass hatte», erklärt sie. «Es hat mir dabei geholfen, meine Ängste und meine Empfindungen zu verarbeiten.» Selbst der Umstand, dass Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann ihren rechten Arm infolge ihres Schlaganfalls nicht mehr zum Malen brauchen kann, hindert sie keineswegs daran, ihrer Leidenschaft nachzugehen: «Ich musste mich gezwungenermassen zur Linkshänderin entwickeln.»

Obwohl Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann mit ihrer Kunst nie ihren Lebensunterhalt bestreiten wollte, fanden ihre Werke im Laufe der Jahre wiederholt Anklang und Beachtung. «Ich durfte meine Bilder bis jetzt an zehn Ausstellungen in der ganzen Region präsentieren», sagt die Künstlerin erfreut.

Besuch zum Tag der Pflege
Inzwischen lebt Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann im Alterszentrum St. Bernhard in Wettingen, wo für ausreichend Programm und Unterhaltung gesorgt wird. So werden beispielsweise zum internationalen Tag der Pflege zahlreiche Schulklassen im St. Bernhard erwartet, um sich mit den verschiedenen Pflegeberufen vertraut zu machen. Auch die gemeinsame Zeit mit den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern des Zentrums darf natürlich nicht zu kurz kommen. Trotzdem bleibt der Künstlerin noch ausreichend Zeit, um sich weiterhin der Malerei zu widmen. «Hier kann ich so viel malen, wie ich will», bestätigt sie.

Abstrakte Werke
Mittlerweile hat sie im Alterszentrum bereits so viele Bilder fertiggestellt, dass es im März wieder für eine eigene Ausstellung im Alterszentrum St. Bernhard reichte. Die meisten von Luise-Gerda Jetzer-Zimmermanns Werken sind abstrakt und erfreuen sich bei den übrigen Bewohnerinnen und Bewohnern des Alterszentrums grosser Beliebtheit. «Ich konnte an meiner letzten Ausstellung fünf Bilder verkaufen, darauf bin ich durchaus stolz», verrät die 78-jährige Künstlerin. Mit der Ausstellung im St. Bernhard ging vielleicht aber auch die Zeit des künstlerischen Schaffens für Luise-Gerda Jetzer-Zimmermann zu Ende: «Ich höre jetzt auf zu malen, glaube ich», sagt sie zum Schluss. Man wird sehen, ob sie ihre Pinsel künftig tatsächlich wird ruhen lassenkönnen.