Urs Boller ist ein Sportsmann. Im Leben des ehemaligen Obmanns Pistole und heutigen Ehrenmitglieds beim Aargauer Schiesssportverband (AGSV) spielte jedoch nicht nur das Sportschiessen eine Rolle. «Ich stamme aus einer Militaristenfamilie, mein Vater war nach dem Bauingenieurstudium an der ETH als Berufsoffizier tätig», erzählt der heute 81-Jährige im Verlauf des Gesprächs, zu dem es um ein Haar nicht gekommen wäre – «Unpünktlichkeit zeigt fehlende Disziplin!», wie er aufgrund meiner zweiminütigen Verspätung klarstellt.
Sport musste sein
Dem Vater eiferte Urs Boller nach. Als 15-Jähriger wurde er Kadetten-Korpshauptmann. «Das war damals nur den Besten vorbehalten», verweist Boller auf die frühe Ehre. Wie bereits sein Vater war er selbst 50 Jahre lang in der Zunft zur Zimmerleuten ein aktives Mitglied. «Meine Eltern sind beide Stadtzürcher», erklärt er. Die Familie wohnte in Brugg, wo Urs Boller und sein Bruder aufwuchsen, bis es den Vater von Berufs wegen nach Bern führte, als der sportliche Junge in der zweiten Klasse war. An Bern habe er gute Erinnerungen, sagt der ehemalige Sportschütze. «Ich eignete mir in Windeseile den Berner Dialekt an, um nicht aufzufallen und um dabei zu sein», erinnert er sich. Als Zwölfjähriger kehrte er mit seiner Familie zurück in den Aargau, lernte Maschinenschlosser – «ausserdem habe ich immer einen Haufen Militärdienst geleistet» – und besuchte später die Handelsschule in Zürich. «Das habe ich gern gemacht», berichtet er.
Zehn Jahre lang arbeitete Boller beim Kunststoffhersteller Huber AG in Windisch, bevor er bei der IBZ-Technikerschule in die Administration wechselte und zum Direktionsassistenten aufstieg. «Dort entfaltete ich meine beruflichen Fähigkeiten», erzählt der Wahlaargauer. In seiner Freizeit spiel-te Sport die grösste Rolle. Begeistern konnte er sich für vieles. «Handball, Leichtathletik, Fussball, Tennis, Golf», zählt der Schützenveteran im Stakkato auf. «Ich bin ein Bewegungsmensch und schätze die Kameradschaft und den Austausch beim Sport.» Zum Schiesssport kam er nach der Offiziersschule und begann, sowohl mit dem Sturmgewehr als auch mit der Pistole zu trainieren. «Der Unterschied liegt in der Distanz und in der Position. Pistole schiesst man über eine Distanz von 25 oder 50 Meter stehend, ein Sturmgewehr über 300 Meter liegend, wobei die Waffe auf einer Zweibeinstütze ruht», erklärt der Experte. «Es ist überhaupt nicht zu vergleichen, ausser dass es bei beiden Disziplinen einen ‹Chlapf› gibt.»
Aus einer Nachlässigkeit heraus
Sich in einem Verein zu engagieren, zusammen etwas zu erreichen und dabei zu sein, das ist Urs Boller stets wichtig gewesen. Dem AGSV ist der Schützenveteran treu verbunden und sitzt seit 15 Jahren im Vorstand, zunächst als Aktuar und aktuell als Abteilungsleiter Finanzen. Ein aktiver Schütze jedoch ist der Sportbegeisterte seit dreissig Jahren nicht mehr. Fast ebenso lang hat er einen Tinnitus. «Es passierte aus einer Nachlässigkeit heraus, wie sie Schützen früher eben manchmal im Schiessstand an den Tag legten», erklärt er schlicht. Früher, so der Veteran, habe er mindestens einmal pro Woche ein Schiesstraining absolviert und regelmässig Wettkämpfe bestritten. Das Schiessen vermisse er nicht. «Fehlen würde mir aber das Vereinsleben.» Schon sein Vater habe zu ihm gesagt: «Du bist ein Vereinlimeier», als Urs Boller mit 16 Jahren als zweiter Aktuar im Stadtturnverein Brugg seinen ersten Vorstandsposten annahm. «Ich war immer gern unter Menschen, unter Gleichgesinnten, und Organisieren und Administration liegen mir sehr.»
Vielleicht haben Struktur, Ordnung und Disziplin dem 81-Jährigen geholfen, den Tiefschlägen seines Lebens zu begegnen. Sein älterer Bruder verstarb 2017 mit 80 Jahren. Seine erste Frau, mit der Urs Boller Sohn Adrian hat, verlor er 1999. Seit 13 Jahren ist der ehemalige Zürcher Zünfter mit seiner zweiten Frau verheiratet. «Sie war eine Schützin und kommt vom Kleinkaliberschiessen», erzählt der Veteran über die 43-Jährige. Kleinkaliber würden in der Halle über eine Distanz von zehn Metern, draussen über 50 Meter abgefeuert, erklärt der ehemalige Schütze unaufgefordert.
Weltweit grösstes Schützenfest
Am grössten Schützenfest der Welt wird mit Sturmgewehr, Karabiner und Pistole geschossen. Mit der Durchführung wurde dieses Jahr die SSG Brugg-Windisch betraut, die auf eine fast 500-jährige Vereinsgeschichte zurückblickt und ihren 120 Mitgliedern das Sportschiessen mit Luftdruck-, Klein- und Grosskaliberwaffen anbietet. «Die Orte Birr, Bözberg, Brugg, Habsburg, Hausen, Lupfig, Mülligen, Scherz, Schinznach-Bad und Windisch sind für das Feldschiessen dem Schiessplatz Brugg für 300 Meter Gewehr und Pistole zugewiesen», erklärt Boller dazu.
Die Teilnahme am traditionellen Schützenfest ist für Schweizerinnen und Schweizer ab 15 Jahren oder für Jungschützen kostenlos. «Ich hoffe, viele aus Brugg anzutreffen», sagt Boller zum Abschied vielsagend.
Hauptschiessen
Freitag, 2. Juni, 17 bis 19.30 Uhr und
Samstag, 3. Juni, 9 bis 11.30 und 13.30 bis 15.30 Uhr
Geissenschachen, Windisch
ssg-brugg-windisch.ch