Vor 25 Jahren wurde die frühere Römerstrasse auf deutschem Gebiet als Touristikstrasse wieder belebt: Sie soll Interessierte zu Gemeinden mit römischer Vergangenheit und römischen Zeugen führen. 2005 gelang es dem damaligen Windischer Gemeindeammann Hanspeter Scheiwiler, eine Verlängerung von Rottweil bis Windisch zu erwirken, was dem Verlauf der antiken Strasse entspricht. Diese Verlängerung in die Schweiz wurde auch in Windisch gefeiert und von einem Römerlauf Brugg–Rottweil begleitet. Nun aber hat der Windischer Gemeinderat per 1. Januar dieses Jahres den Austritt aus dem Verein Römerstrasse vollzogen. Dabei ist Windisch mit dem ehemaligen Legionslager die südliche, höchst attraktive Ecksäule und einer der Hauptpfeiler der Römerstrasse. Der Verein wird vor allem von den Mitgliedsgemeinden getragen und widmet sich der Bekanntmachung und der Werbung für die historischen Stätten. Das Interesse ist gross, immer mehr Gemeinden im deutschen Raum streben eine Mitgliedschaft an. Als der Windischer Austritt an der kürzlich durchgeführten Mitgliederversammlung Römerstrasse bekannt gegeben wurde, kam das einer Hiobsbotschaft gleich. Geleitet wurde die Versammlung notabene von der zweiten Vorsitzenden des Vereins, der Brugger Frau Stadtammann Barbara Horlacher.
Sparen im kulturellen Bereich
Der Windischer Gemeinderat nannte in seinem Schreiben als Grund für seinen Beschluss, dass die Gemeinde vor grossen finanziellen Herausforderungen stehe. Zu diesen gehört unter anderem der Schulhausneubau. Insbesondere die Mittel im kulturellen Bereich müssten künftig prioritär für Veranstaltungen der Dorfvereine, der einheimischen und regionalen Organisationen und Institutionen mit Bezug zu Windisch eingesetzt werden. So würden weiterhin der Legionärspfad und die Gesellschaft Pro Vindonissa mit namhaften Beiträgen unterstützt.
Der Vorstand des Vereins Römerstrasse, der seinen Sitz in Rottweil hat, zeigte im Antwortschreiben Verständnis für Mitgliedsgemeinden, die einen finanziell begrenzten Spielraum haben. Er wies aber darauf hin, dass man diesen Gemeinden enorm viel biete, lokale und regionale Anlässe und Institutionen mit länderübergreifenden Werbemassnahmen unterstütze. Er erwähnte unter anderem Flyer mit Veranstaltungshighlights, Newsletter, Reiseführer, aktuelle Internetpräsenz, Social-
Media-Auftritte, kostenlose Apps, und das zu einem relativ günstigen Mitgliederbeitrag (für Windisch sind es 840 Euro pro Jahr). Der Verein sei zudem regelmässig mit einem Infostand am Römertag in Windisch vertreten. Auf die Bitte des Vorstands, auf den Austrittsentscheid zurückzukommen, ging der Windischer Gemeinderat nicht ein.
Werbung mit Wirkung
Im Legionärspfad liegen regelmässig Römerstrassen-Flyer mit den Jahreshöhepunkten auf. Im aktuellen Flyer ist Windisch/Vindonissa mit den meisten Veranstaltungshinweisen vertreten. Wirft man einen Blick auf die Homepage der Römerstrasse, zeigt sich, wie Vindonissa attraktiv mit Fotos, Texten und einem Filmausschnitt dargestellt und propagiert wird. Auf dem Legionärspfad, im Vindonissa-Museum und an Anlässen trifft man immer wieder Besucher aus dem Raum Römerstrassse an. Das zeigt, dass die Bemühungen des Vereins Früchte tragen. Wie die Leiterin Römerlager Vindonissa, Rahel Göldi, auf Anfrage des «General-Anzeigers» erklärte, werden Legionärspfad und Museum weiterhin Mitglied des Vereins Römerstrasse sein. Eine kleine Umfrage bei geschichtsinteressierten Windischerinnen und Windischern machte deutlich, was sie vom Austritt der Gemeinde halten. Die Meinung war einhellig: völliges Unverständnis. Oder wie es ein hiesiger Historiker formulierte: «Windisch gehört geschichtlich und aktuell zur Römerstrasse. Punkt.»
Gemeindepräsidentin Heidi Ammon beantwortete die entsprechende Anfrage des «General-Anzeigers» mit dem Hinweis, der Gemeinderat strebe an, dass die verschiedenen hiesigen Organisationen und Vereine zum Wohl der Römergeschichte unter einem Dach koordiniert und gesteuert würden. Museum Aargau und Kantonsarchäologie seien hinsichtlich Werbung im Tourismusbereich wichtige Akteure, der Informationstransfer sei für die kommunalen Partner somit gegeben. Und was meint die Geschäftsführerin der Römerstrasse, Christiane Frank, Rottweil, zur Situation? «Es wäre sehr erfreulich, wenn zum Beispiel durch eine Vermittlung oder Aussprache ein Wiedereintritt ermöglicht werden könnte.»