Wo sich Hans und Fuchs gute Nacht sagen

Jeden Abend erhält Hans Wälti Besuch von einem Fuchs. Von diesem erfuhren auch die Gäste, die den Bözberger an seinem Hundertsten beehrten.
Überbrachten dem Jubilar Hans Wälti einen Strauss vom Regierungsrat und ein Präsent der Gemeinde Bözberg: Gemeindeammann Therese Brändli und Gemeinderat Heinz Dätwiler. (Bild: aru)

Am vergangenen Freitagnachmittag glich das Entree des Alters- und Pflegeheims Schenkenbergertal in Schinznach-Dorf einem Bienenhaus. Zu Ehren von Hans Wälti, der an diesem Tag seinen 100. Geburtstag feierte, waren Verwandte – unter anderem seine 97-jährige Schwester Vreni aus Windisch –, Freunde und Bewohnende des Heims zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Und inmitten des Trubels sass – ganz gelassen und mit einem Lächeln auf dem Gesicht – der Jubilar höchstpersönlich.

Auf dem Bözberg zu Hause
Interessiert beobachtete Hans Wälti das Treiben, nahm zahlreiche Gratulationen entgegen und wurde nicht nur mit Blumen und Geschenken beehrt, sondern ebenso mit musikalischer Unterhaltung von den Sagelbuebe. Das Festen habe ihr Vater schon immer genossen, sagte Tochter Vreni Weber. Ob er allerdings wie bei früheren Feiern als Letzter zu Bett gehe, sei fraglich, meinte sie schmunzelnd. Da ihr Bruder Hans exakt 30 Jahre jünger ist als Hans senior, feierten die beiden den Geburtstag jeweils gemeinsam mit einem grossen «Hafen-Fest». Dieses sei so beliebt gewesen, dass die Bewohner stets beizeiten nach dem Datum gefragt hätten, um das Wälti-Hansen-Fest ja nicht zu verpassen.

Mit dem Bözberg ist Hans Wälti fast ein Leben lang verbunden. Als Zweitklässler zog Hans Wälti mit seiner kleinen Schwester Vreni und den Eltern auf einen kleinen Bauernhof im Hafen auf dem Bözberg. Von der Schulzeit bei Lehrer Werder und der Zeit in Prangins am Genfersee, wo er in einer Gärtnerei arbeitete, erzählt er seiner Familie immer wieder lustige Anekdoten. Mit 20 rückte Hans Wälti in die RS ein, und da der Zweite Weltkrieg im Gange war, musste er nach der RS im Militär bleiben und die Grenze bewachen.

Bald folgte die Familienzeit, und die war mit den fünf lebhaften Kindern Hans, Vreni, Ruedi, Käthi und Fritz recht turbulent. Neben der Arbeit und der Familie wirkte Hans Wälti in der Gemeinde in vielen Ämtern mit und war unter anderem im Schützenverein, im Turnverein und im Jodlerklub Effingen, wo er bei Theateraufführungen für die Kulisse und die Regie verantwortlich zeichnete.

In der Gemeinde bekleidete Hans Wälti verschiedene Ämter und nahm zum Beispiel Einsitz in der Bodenverbesserungsgenossenschaft, der Rechnungsprüfungskommission, der Steuerkommission und der Schulpflege. Das politische Interesse hat er seinen Kindern wohl vererbt, waren Hans, Ruedi und Vreni zeitgleich Gemeindeammann von Unterbözberg, Oberbözberg und Effingen.

Seinen Arbeitsplatz mit Schichtbetrieb in der Drahtseilerei der Kabelwerke Brugg im Birrfeld erreichte er zuerst mit einem Töff, dann mit einem VW-Käfer mit Zeiger und zwei kleinen Rückfenstern. Die Familienausflüge mit fünf Kindern auf dem Rücksitz waren legendär.

Imker mit Leib und Seele
Als sich Hans Wälti der Bienenzucht zuwandte, sorgte das für Erstaunen. Doch bei den Bienen fand er einen tiefen Zugang zur Natur. Gemeinsam mit seiner Frau Klara pflegte er Völker, erntete den süssen Honig und bereiste mit dem Bienenzüchterverein andere Länder. Er war Bienenzüchter mit Leib und Seele. Viele Jahre machte er beim Ferienpass mit. Er liebte es, Kinder für sein Hobby zu begeistern, und versprach ihnen, wenn sie ihm einen Bienenschwarm meldeten, ein Kilogramm Honig. So kam es ab und zu vor, dass, wenn irgendwo in Brugg ein Bienenschwarm hing, die Kinder unbedingt und nicht ganz uneigennützig wollten, dass Hans Wälti ihn holte.

1996 starb seine Frau an einer Hirnblutung. Doch auch die Lebensphase als Witwer meisterte der Bözberger mit Unterstützung seiner Kinder vorbildlich. Kurz vor Weihnachten 2017 trat er nach einem Sturz ins Alters- und Pflegeheim Schenkenbergertal ein. Durch die Pflege und die Fürsorge, die ihm hier zuteilwurde, blühte er sichtlich auf. Er schätzt die Geselligkeit und freut sich über jeden gemeinsamen Jass. Immer noch informiert sich der Jubilar beim täglichen Zeitunglesen, beim Sehen der «Tagesschau» und bei Gesprächen mit seinen Mitbewohnern und zahlreichen Besucherinnen und Besuchern. An seinen sechs Urgrosskindern – den «besterzogenen», wie er stolz sagt – hat er grosse Freude. Und der Natur ist er sehr verbunden.

Abendliche Fuchsfütterung
Das zeigt auch der Fuchs, der ihn jeden Abend vor seinem Zimmer besucht und für den Hans Wälti stets ein bisschen Fleisch bereithält, das er sich beim Essen vom Mund abspart. «So ist mein Vater im hohen Alter noch zum Vegetarier geworden», witzelte Tochter Vreni Weber in ihrer Gratulationsansprache. Geschäftsführer Hanspeter Müller und Simone Burger, stellvertretende Geschäftsführerin und Leitung Dienste des Alters- und Pflegeheims Schenkenbergertal, überbrachten Hans Wälti ihre Glückwünsche. Es spreche für die gute Pflege im Altersheim, wenn dessen Bewohner 100 Jahre alt würden, so Müller. Und Simone Burger überreichte Hans Wälti als Symbol für sein soziales Wesen und seine abendlichen «Fütterungsdienste» einen farbenfrohen Ballon mit Fuchsgesicht.

Den Strauss des Regierungsrats überbrachte Therese Brändli, Gemeindeammann Bözberg, gemeinsam mit Gemeinderatskollege Heinz Dätwiler, der eine Gaumenfreude aus den Rebbergen mitbrachte. Hans Wälti sei immer sehr gesellig und aufgestellt gewesen, erinnerte sich der Gemeinderat, der bereits als Junge bei den Wältis ein und aus ging.

Bevor sich die Festgesellschaft bei Kaffee und Kuchen Erinnerungen austauschte, spielten die Örgeler ein weiteres Ständchen – und der Jubilar sang kräftig mit: «Alls, was bruchsch uf der Wält, das isch Liebi, frohi Stunde und e guete Fründ.»