Eine städtische Notwendigkeit

Das Jugendhaus Piccadilly – kurz Pic – hat Generationen von jugendlichen Bruggerinnen und Bruggern geprägt. Nun wird gefeiert.
Ein Ort für die Jugend – mit langer Tradition: Das «Piccadilly» am Törlirain 4 in Brugg wird 60. (Bild: cd)

Ende 1962 initiierten junge Männer mit gesellschaftsliberalem Hintergrund das Forum 63. Es sollte zur «freiwilligen Schulung und Interessenbildung an den demokratischen Einrichtungen der Schweiz und des Kantons Aargau, zur Stellungnahme zu Tagesaktualitäten aus Politik und Wirtschaft sowie zu den Problemen des Auslandes» beitragen. So erinnern sich die Pioniere der ersten Stunde. Quasi als nachgelagerte Aktivität erwähnen sie den Klubbetrieb und die gesellschaftlichen Veranstaltungen.

Typisch Brugg für die damalige Zeit: freisinnige Eigeninitiative mit Unterstützung der Stadt. In der Kleinstadt wusste die Obrigkeit um die Sorgen der Jugend und unterstützte sie nach Kräften. Die Stadt stellte dem Forum 63 die Liegenschaft am Törlirain 4 zur Verfügung, die zuvor von der neuapostolischen Kirche genutzt worden war. Mit diesem Vorgehen war Brugg der Zeit voraus. Eine vergleichbare Institution entstand in Baden mit dem Kornhaus erst zwei Jahre später. Auch im Rest des Landes existierten nur wenige solche Freiräume.

Party anno 1993 am Törlirain 4: Damals wurde das «Pic» 30 Jahre alt. (Bild: zVg)

Vom zivilgesellschaftlichen Engagement …
Europaweit machte man sich seit den 1950er-Jahren Gedanken über die Jugend, schliesslich wurden damals die ersten grossen Jahrgänge der Babyboomer flügge. Manche von ihnen trugen die Haare länger als nötig, so das Urteil der Erwachsenen, dazu Lederjacken, Ketten und genagelte Hosen – damit waren die genieteten Jeans gemeint. Im dümmsten Fall trieb sich der Nachwuchs auf der Strasse herum, hörte in Spielsalons «elektrische Musik» oder preschte mit heulenden Motorfahrrädern durch Gassen und über Plätze. Diesen Überschwang wollte man zähmen, beispielsweise mit städtischen Jugendhäusern, wo verständnisvolle Sozialarbeiter mit Bart die Energie der Jugendlichen kanalisieren sollten.

Für die erste Generation im Forum 63 dagegen war zivilgesellschaftliches Engagement selbstverständlich. 1966 pickelten und schaufelten sie, um der Bauernfamilie Kleeb auf dem abgelegenen Cheisacher nordwestlich der Ampferenhöhe zu einer sicheren Wasserversorgung zu verhelfen. Etwas weniger Schwielen an den Händen verursachte im Jahr zuvor die wohl bekannteste Aktion. Man beteiligte sich an einer Bücherverbrennungsaktion. «Kampf gegen den Schund» hiess die Devise. An einem Fackelzug gelangten die als minderwertig betrachteten Romane und Zeitschriften vom Eisi in den Schachen, wo sie in einem grossen Feuer in Flammen aufgingen. Der Aargauer Erziehungsdirektor Arthur Schmid und die Lokalpresse lobten das Forum 63. Im Schweizer Blätterwald hingegen wehte starker Gegenwind.

Das waren noch Zeiten: Im «Pic» findet 1986 eine Jamsession von Zobi and the Waves statt. (Bild: zVg)

… zur professionellen Jugendarbeit
Spätestens ab dem 10-Jahr-Jubiläum war der Törlirain 4 eine Institution und nannte sich bald Piccadilly. Immer wieder gelang der Übergang zur nächsten, jüngeren Gruppe, die den Veranstaltungen im Jugendhaus den eigenen Stempel aufdrückte.

Als Meilenstein darf das Jahr 1994 gelten, als die professionelle Jugendarbeit eingeführt wurde, begleitet von der städtischen Jugendkommission. Nach Umbauten um die Jahrtausendwende erfolgte 2016/2017 ein grosser personeller Umbruch. Seither wendet sich das «Pic» auch an die 12- bis 16-Jährigen, wie immer abgestimmt auf das Brugger Jugendleitbild. All das und noch viel mehr feiert der Verein Piccadilly, Jugendarbeit Brugg, vom 22. bis 24. September.

22. bis 24. September
Piccadilly, Brugg
p-i-c.ch