«Wie klingt denn eine Ameise?»

Klassik ist für viele Jugendliche unbekanntes Terrain. Das muss nicht sein. Das Brugg-Festival zeigte mit dem Projekt Echo, wie es anders geht.
Perkussionist Fabian Ziegler demonstriert den Schinznacher Schülern im Odeon, wie ein Wal klingt. (Bild: aru)

Im Odeon ist es mucksmäuschenstill. Perkussionist Fabian Ziegler macht auf dem Marimbafon und dem Vibrafon verschiedene Geräusche. Rund 70 Schülerinnen und Schüler der Primarschule Schinznach-Bad sind mit ihren Lehrpersonen angereist, um mit dem Profimusiker in Kontakt zu kommen. «Wie klingt ein Stein?», fragt Ziegler. «Und wie eine Ameise?» Die Kinder machen lautmalerisch Vorschläge, die der Perkussionist aufnimmt und auf seinen vielen verschiedenen Instrumenten umsetzt.

Nachwuchs bei der Stange halten
Dann erklärt Fabian Ziegler den Schülerinnen und Schülern den Unterschied zwischen den Klangkörpern. Dabei zeigt er, wie ein Ton zustande kommt, was ihn vibrieren lässt und wie er zum Schweigen gebracht wird. Auch die Unterschiede der Klänge können die Primarschüler mit dem Ohr erkunden. Dann demonstriert der Musiker mit dem modernen Stück «Real Bad Now» von John Psathas (1966), wie die Töne der Schlaginstrumente visuell umgesetzt und auf Leinwand projiziert werden können. Die Schüler sind beeindruckt ob der vielen farbigen Kreise, die im Kino aufflimmern und wieder verschwinden.

Was Fabian Ziegler im Odeon vollbringt, ist Teil des Vermittlungsprojekts Echo, das im Rahmen des Brugg-Festivals zahlreiche Schülerinnen und Schüler an die klassische Musik herangeführt hat. «Es war ein grosser Erfolg», sagt Walter Rambousek, der schon verschiedene solche Projekte durchgeführt und nun im Rahmen des Brugg-Festivals mitgewirkt hat. Es sei eine Tatsache, dass man in der Sparte der klassischen Musik viele Jugendliche mit etwa zwölf Jahren verliere. «Das ist schade», sagt der Mellinger, der überzeugt ist, dass es auch anders geht. Wichtig sei, den Nachwuchs kontinuierlich bei der Stange zu halten. «Und das in einem lockeren Sinn», wie Rambousek betont.

Es gelte nicht, bestehende Werte zu vermitteln und die Unerreichbarkeit von Mozart oder Bethoven zu proklamieren, so der Ökonom, der gemäss eigenen Aussagen mit neun Jahren dem Klassikvirus zum Opfer fiel. Vielmehr sei wichtig, eine Nahbarkeit herzustellen. Das ist dem Vermittlungsteam des Brugg-Festival gelungen. Im Rahmen des Konzerts von Edna (12) und Romy (16) Unseld etwa konnten die Schülerinnen und Schüler eine Geige anfassen und ins Innere des Flügels schauen. «Viele haben noch nie ein Klavier von innen gesehen», sagt Walter Rambousek. «Diese Erfahrung zu machen, ist wichtig.»

«Echo» wird 2024 weitergeführt
Dass junge Interpretinnen und Interpreten am Vermittlungsprojekt Echo teilgenommen haben, erachtet er als wesentlich. «Sie wirken als Vorbilder», ist Rambousek überzeugt. Zum Erfolg des Projekts beigetragen habe ausserdem die Unterstützung der Schulen aller Stufen.

Das erfolgreiche Vermittlungsprojekt soll bei der zweiten Ausgabe des Brugg-Festivals 2024 weitergeführt und ausgebaut werden. «Dann beginnen wir die Zusammenarbeit mit den Schulen frühzeitiger», so Walter Rambousek. Ebenfalls werde man Primar- sowie Oberstufenschülerinnen und -schüler voraussichtlich nicht mehr gemeinsam einladen. «Die Fragen sind zu unterschiedlich.» Fürs Brugg-Festival 2023 zieht der Kulturvermittler eine positive Bilanz. «Wenn es gelungen ist, einige Schüler an die Klassik heranzuführen, sind wir mehr als zufrieden.» Erste Klassenauswertungen hätten ergeben, dass drei Viertel der Schülerinnen und Schüler gerne wieder an einem solchen Anlass teilnehmen würden und dass einige sich gar überlegen, mit dem Spielen eines Instruments zu beginnen.