Im gemeinsamen Projekt «Stadtraum Brugg Windisch» planen die Stadt Brugg und die Gemeinde Windisch die schrittweise Entwicklung des 150 000 Quadratmeter grossen Kabelwerke-Areals und des Gebiets rund um den Bahnhof. Der Informationsanlass vom 19. September zu den Kreditanträgen für diese Gebietsplanung richtete sich an die Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte beider Gemeindeparlamente und stand allen Interessierten offen. An die Abendveranstaltung im Salzhaus waren zudem die Delegierten vom Kanton Aargau, von den SBB und Brugg Immobilien AG gekommen, sodass alle der insgesamt fünf Projektpartner repräsentiert waren. Den Grossteil der gut 100 Anwesenden machte indessen die Bevölkerung aus Windisch und Brugg aus. Gemeindepräsidentin Heidi Ammon und ihre Amtskollegin Frau Stadtamman Barbara Horlacher nahmen im zweiten Teil der Veranstaltung Fragen, Voten und Kritik mit teilweise misstrauischen und emotional aufgeladenen Begleittönen gegenüber der bevorstehenden Testplanung entgegen.
Viel Kritik am Verkehrskonzept
Tadel wurde von verschiedenen Seiten am Verkehrskonzept angebracht und zog damit im Zusammenhang stehende und zum Teil aufgebrachte Voten aus dem Plenum nach sich: Man wolle nicht mehr, sondern weniger Verkehr, lautete der Tenor. Im Testplanungsprogramm sei ausserdem nur die Erschliessung über die Zentrumsentlastung aufgeführt, jedoch keine Variante ohne Zentrumsanschluss, lautete die Kritik. Die Zentrumsentlastung – über die der Grossrat entscheidet – und die Frage, weshalb es in der Testplanung keinen Gegenentwurf dazu gebe, gehörten zu einem der Hauptdiskussionspunkte des Abends. Man wünsche, man könne 25 Jahre in die Zukunft blicken, um die Verkehrsentwicklung abzuschätzen, sagte Roland Schneider, Leiter Planung und Bau Windisch. Barbara Horlacher betonte wiederholt: «Das Testplanungsprogramm prüft die Erschliessung des gesamten Quartiers.»
Beginn der Testplanung
Es seien Nebelgranaten darüber abgeschossen worden, was die Grundlage für die Testplanung sei, äusserte sich eine Stimme aus dem Plenum. Die Testplanungsgrundlage, erwiderte Barbara Horlacher, seien zwei Protokolle, die beide öffentlich publiziert worden seien. Das Testplanungsprogramm liege vor, bilde die Grundlage für den Kreditentscheid und stehe zu 95 Prozent fest, informierte Horlacher weiter.
Dominic Church, Bereichsleiter Stadtentwicklung Brugg, stellte die Ziele der Testplanung vor, deren Durchführung Anfang 2024 beginnt und 2025 in eine Nachbearbeitung übergeht: die Erarbeitung tragfähiger Szenarien für die Gebietsentwicklung. Diese wiederum sind die Grundlage für die behördenverbindliche Planung mit dem regionalen Sachplan ab 2026. Der Sachplan wird den Bearbeitungsperimeter inklusive Unterführungen und Neumarkt sowie den Betrachtungsperimeter unter Berücksichtigung der angrenzenden Quartiere und Freiräume mit festlegen und stösst im gesamten Planungsprozess die dritte von fünf Etappen an.
Die beiden eigenständigen Projekte «Erneuerung und Aufwertung des Neumarktplatzes» sowie das «Regionale Gesamtverkehrskonzept Ostaargau» für die Zentrumsentlastung weisen zwar Schnittstellen mit der Gebietsentwicklung des Stadtraums Bahnhof Brugg Windisch auf, haben aber keine direkte Beziehung zum sehr komplexen Projekt, wurde von der Projektleitung auf Fragen aus dem Publikum hin informiert.
Kreditantrag an den Einwohnerrat
Die Kosten für die gesamte Testplanung (Durchführung und Nachbearbeitung) belaufen sich auf 1,8 Millionen Franken. Roland Schneider trug den Kredit vor und warb mit vielen Nebenbemerkungen bei den Anwesenden um dessen Akzeptanz. Vereinzelt gab es Nachfragen aus dem Publikum zum Kredit. Damit die Testplanung in Angriff genommen werden kann, werden die Einwohnerräte von Windisch und Brugg in der diesjährigen Oktobersitzung über einen anteilsmässigen Kredit von je 362 500 Franken befinden. Dies entspricht 20 Prozent der Gesamtkosten, an denen sich alle fünf Projektpartner beteiligen. Die Testplanung soll von diversen Partizipations- und Kommunikationsmassnahmen begleitet werden. Dazu gehört die Echogruppe, welche die Prozesse bereits seit der Vorbereitung der Testphase und der Ideenentwicklung eng begleitet hat und die Durchführungs- sowie die Nachbereitungsphase der Testplanung in weiteren informativen Veranstaltungen spiegeln wird. Um Partizipation ist man bemüht. 2022 waren in einer Informationsveranstaltung, an drei öffentlichen Spaziergängen und in einer Onlineumfrage die Anforderungen aus der Öffentlichkeit zusammengetragen worden. Seither hat sich ein Beurteilungsgremium gebildet. Geplant ist zudem der Einsatz dreier interdisziplinärer Planungsteams, die sich aufgrund eines öffentlich ausgeschriebenen Verfahrens formieren sollen. Diese werden nach Testplanung und Nachbereitung die erstellten Grundlagen Ende 2025 dem Beurteilungsgremium vorlegen.
Die Stimmung gegen Schluss der Veranstaltung war leicht unmutig. «In einem Jahr wissen wir mehr, aber jetzt weiss man schlicht noch nicht, ob es bessere Lösungen gibt als die, welche im Richtplan aufgeführt sind», sagte Heidi Ammon, die sich weitgehend in Zurückhaltung geübt hatte. Der Ort werde sich entwickeln, ob man wolle oder nicht, «aber wir haben die Chance, diese Entwicklung mutig mitzugestalten», befand sie.