«Etwas fehlte noch zu meinem Glück»

Am Samstag, 2. Dezember gibt die Afrosoul-Band Emashie ihr letztes Konzert in Brugg. Mitbegründer Willi Hauenstein schaut zurück auf die Anfänge seiner Karriere.
Perkussionist Willi Hauenstein in seinem Element. (Bild: zVg)

Selbst wenn es der «Schwanengesang» ist, soll das Farewell-Konzert von Emashie am 2. Dezember um 20.30 Uhr im Salzhaus Brugg ein ausgelassenes und rauschendes Fest werden. Die Band wird nochmals die mitreissendsten Songs aus ihrer fast 25-jährigen Bühnenkarriere zu Gehör bringen.

Willi Hauenstein sorgt mit zwei weiteren Perkussionisten für ein virtuoses Trommelfeuerwerk, welches das Publikum garantiert zum Tanzen bringt. Sängerin Sandra Guerini, die in Brasilien geboren wurde, würzt den Sound mit einer gehörigen Prise Latin Pop und Soul. Auf einem Monitor werden Videos und Fotos aus der Bandgeschichte von Emashie gezeigt. Dazu gehören unter anderem Auftritte am Open Air Frauenfeld, am Sziget-Festival Budapest und am Jazzfestival Montreux. Zu den aktuellen Musikern der multikulturellen Band mit ghanaischen, simbabwischen und aargauischen Wurzeln stossen auf der Salzhaus-Bühne ehemalige Weggefährten. Schüler von Hauenstein, der an seinem Wohnort Freienwil die Trommelschule Afropercussion betreibt, zeigen ihre Fähigkeiten. Dazu sind zahlreiche Überraschungsauftritte angesagt. Vielleicht lässt sich ja sogar die stimmgewaltige Kenianerin Claudia Masika, die für das Publikum typische Gerichte aus ihrer Heimat zubereitet, zu einer Spontaneinlage hinreissen.

«Wir gehen im Guten auseinander», betont Hauenstein, der die Band mitbegründet hat. Im Laufe der Zeit habe man sich einfach in verschiedene Richtungen weiterentwickelt, und mittlerweile hätten die Mitglieder neue Prioritäten gesetzt, die zeitlich kaum mehr mit der Band zu vereinbaren seien.

Über 60 Konzerte pro Jahr
Hauenstein beispielsweise ist noch Teil der Bands Gentle Breeze, Bouye, Camila Arantes und Claudia Masika und organisiert deren Tourneen und PR-Auftritte. Zudem wird er als mittlerweile sehr begehrter Perkussionist der Schweizer Musikszene zunehmend für Gastauftritte in verschiedenen Formationen gebucht. Mehr als 60 Konzerte gibt er im Jahr und hält gleichzeitig seinen Schulbetrieb aufrecht. Auf Bestellung fertigt er die afrikanischen Trommeln in aufwendiger Handarbeit selbst. Daneben übt er täglich. «Weil ich Mitglied mehrerer Gruppen bin, muss ich natürlich ein riesiges Repertoire an Songs intus haben und jederzeit abrufen können», bekundet er. Das Trommelspiel fordert den Perkussionisten aber nicht nur geistig, sondern ebenso physisch heraus: «Stundenlanges Spielen erfordert viel Kondition und Kraft, die ich nur mit regelmässigem Training aufrechterhalten kann.» Eines der wichtigsten Voraussetzungen sei für ihn aber die mentale Ausgeglichenheit. «Auch wenn ich schnell spiele, muss ich innerlich ruhig und konzentriert sein, um den Rhythmus zu halten. Wer gestresst ist, kann nicht gut trommeln.» Hauenstein wirkt im Gespräch ausserordentlich gelassen und ausgeglichen. «Ich habe durch das Trommeln viel über das Leben gelernt», sagt der 54-jährige Berufsmusiker.

Die Musikkarriere wurde Hauenstein nicht in die Wiege gelegt. Eigentlich sollte der gelernte Bauspengler die Spenglerei seines Vaters übernehmen. «Alles war aufgegleist. Aber irgendetwas fehlte zu meinem Glück.» Was es war, stellte er am Konzert einer afrikanischen Gruppe fest. «Als ich die Musiker trommeln sah, war ich hin und weg.» Seine Frau schenkte ihm deshalb ein Bongo, und Hauenstein machte sich auf die Suche nach einem Trommellehrer, den er in der Person von Eric Asante in Buchs fand. Ab dato übte er neben seinem Job jede freie Minute.

Dem Trommeln verfallen
Bald folgten erste öffentliche Auftritte. 1999 entschloss er sich, ganz auf die Karte Musik zu setzen und hängte zur Enttäuschung seines Papas den Spenglerberuf an den Nagel. Um tiefer in die Seele der afrikanischen Musik einzutauchen, verbrachte er einen Monat in Ghana, wo er in einem kleinen Dorf abseits touristischer Pfade lebte und Unterricht beim Meistertrommler Mustapha Tettey Addy nahm. Seither reist er praktisch jedes Jahr in das westafrikanische Land, das zu einer Art zweiten Heimat geworden ist und auch für seine mittlerweile verwitwete Mutter eine schicksalhafte Bedeutung hat. Unabhängig von den Aktivitäten ihres Sohnes lernte sie nämlich in der Schweiz einen Ghanaer kennen und verliebte sich in ihn. Der jetzige Maurer lebte als kleiner Bub auf der Strasse und hegte den Traum, in seiner Heimat einmal eine Schule für armutsbetroffene Kinder zu gründen. Sie sollen die Ausbildung bekommen, die ihm verwehrt blieb. Wie aus dieser Vision nun Realität werden soll und was das mit Emashie zu tun hat, wird am 2. Dezember im Salzhaus verraten. Das Wort bedeutet in einem der vielen ghanaischen Dialekte so etwas wie «perfekt» oder «für immer». In diesem Sinne soll es in der Schweiz auch nach Auflösung der Band weitergetragen werden. Allerdings auf ganz andere Weise als bisher.

Samstag, 2. Dezember, 20.30 Uhr
Salzhaus, Brugg
salzhaus-brugg.ch