«Respekt, Anstand und eine Prise Humor»

Seit Jahrzehnten gilt Stefan Wagners berufliches und privates Engagement den älteren Menschen in Windisch und in der Region.
Stefan Wagner: «Ermutigung ist eine zentrale Aufgabe». (Bild: zvg)

Stefan Wagner, zuerst zur Definition: Was ist das, ein alter Mensch? Wen zählen Sie dazu?
Hm, schwierig zu sagen. Im offiziellen Sprachgebrauch sind es Personen, die älter als 65 Jahre sind, also Leute im Pensionsalter. Meine eigenen Erfahrungen ergeben aber ein viel differenzierteres Bild, bei dem sich ein alter Mensch nicht einfach auf die Anzahl Lebensjahre fixieren lässt. Ich habe immer wieder betagte Menschen getroffen, die mir keineswegs alt vorkamen, zum Beispiel im Rahmen von Seniorenferien, die ich begleitet habe.

Ihr berufliches Engagement galt stets älteren Menschen und ihren Bedürfnissen und Problemen. Worum ging es konkret?
Da wäre eine ganze Palette von Stossrichtungen zu nennen, politische und praktische. Mir selbst lag das Praktische näher. Die politischen Vorgänge waren oft schwerfällig und beanspruchten sehr viel Zeit, während sich die kleinen, praktischen Dinge leichter und schneller umsetzen liessen. Ich nenne hier zum Beispiel die Einrichtung eines Fahrdienstes, die regelmässigen Sonntagsfahrten, der Sonntagmittagstisch oder die Koordinationsstelle Alter als Anlaufstelle für Personen mit unterschiedlichsten Problemen. Schliesslich noch das Forum 60 plus, das zahlreiche verschiedenartige Angebote für ältere Menschen realisiert: Vorträge, Ausflüge, Kurse usw. Ein zentrales Anliegen meiner Tätigkeit war, das Miteinander zu fördern, die Vernetzung von Seniorinnen und Senioren zu festigen und auszubauen.

Wie positionieren Sie in diesem Kontext die Gemeinde Windisch, das Eigenamt? Gibt es Pendenzen, drängende Aufgaben?
Ich würde eher sagen, dass es Langzeitaufgaben gibt, die man nie ausser Acht lassen darf. Dazu gehört zum Beispiel die Kommunikation: Die Menschen müssen wissen, welche Angebote es gibt, wo Meldestellen sind, was vorzukehren ist, wo sich die Generationen treffen. Es gilt, die Seniorinnen und Senioren immer und immer wieder zu ermutigen, die Dienste in Anspruch zu nehmen und sich rechtzeitig zu melden, wenn Probleme in Sicht sind. Ganz grundsätzlich ist die Ermutigung eine zentrale Aufgabe.

Wie haben Sie ältere Menschen im persönlichen Umgang erlebt?
Super. Wirklich super. Wenn man ihnen mit Respekt, Anstand und einer Prise Humor begegnet, ist man überrascht, welcher Reichtum sich da offenbart. Selbst altersmässig weit fortgeschrittene Personen habe ich als spannende Gesprächspartner, als überaus lebendig, witzig und interessiert erlebt. Meine Kontakte, meine Erfahrungen mit älteren Menschen waren fast ausschliesslich sehr positiv.

Hat sich das Profil der Seniorinnen und Senioren in den letzten Jahrzehnten gewandelt?
Ja, zweifellos. Zunächst werden die Menschen ganz allgemein älter. Ich beobachte aber auch, dass sie viel länger geistig und körperlich fit bleiben. Und sie bleiben präsent, sie bleiben mitten im Leben, interessieren sich für Politik und die aktuellen ­Ereignisse. Einrosten? – Nein danke!

Sie zählen mit Ihrer bevorstehenden Pension nun ebenfalls zu den älteren Menschen. Macht Ihnen das Angst?
Nein. Keineswegs. Ich bin ein vorwärts gerichteter Mensch. Ich nehme jeden Tag, wie er kommt, und versuche, die schönen Seiten des Lebens zu sehen und zu geniessen.

Der Showmaster und Schauspieler Joachim Fuchsberger hat aber gesagt: «Alt werden braucht Mut.» Wie kommentieren Sie diese Aussage?
Selbstverständlich muss man sich mit den neuen Gegebenheiten des Alters auseinandersetzen, zum Beispiel mit den Einschränkungen körperlicher Art und ebenso mit dem Tod. Es braucht eine ausgeprägte Offenheit für die zu erwartenden Veränderungen. Das alles soll einen aber nicht daran hindern, ein positives Denken zu bewahren.

Was nehmen Sie sich für Ihren dritten Lebensabschnitt vor? Worauf freuen Sie sich?
Mehr Freiheit. Mehr Zeit für mich. Nichts Fixes mehr, nicht jeden Dienstag um 14 Uhr und jeden Donnerstag um 9 Uhr. Zurücklehnen, Bücher lesen, vielleicht zwischendurch einfach mal sein. Sicher ist, dass ich mein Engagement für das von mir ins Leben gerufene Hilfsprojekt in Rumänien weiter ausbauen werde. Und zudem werde ich mich weiterhin für alte Menschen einsetzen im Sinne von ehrenamtlicher Tätigkeit, zum Beispiel bei Sonntagsfahrten. Wenn ich von solchen Ausfahrten heimkam, fühlte ich mich glücklich, einfach glücklich.