Das Parlament setzt ein Zeichen

Einwohnerratssitzung vom 26. Januar. Das Thema Sicherheit brennt unter den Nägeln. Das dringliche Postulat von Miro Barp wurde mit einem hauchdünnen Ergebnis überwiesen.
Einwohnerratspräsident Markus Lang, GLP (3. von rechts), eingerahmt von den neuen Ratsmitgliedern. (Bild: cd)

Die erste Sitzung der Legislative der Stadt Brugg im neuen Jahr eröffnete Markus Lang. Als 22. Einwohnerratspräsident wird er die Sitzungen der Legislative der Stadt Brugg während seiner zweijährigen Amtszeit leiten. Markus Lang begrüsste alle Gruppen von Anwesenden im Rathaussaal und versäumte es nicht, sich beim Regionalpolizisten Rolf Urech zu bedanken, der in allen Einwohnerratssitzungen präsent ist.

Polizeipräsenz und Sicherheit waren am letzten Freitag das Thema der Stunde. Die 48 anwesenden Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte debattierten intensiv und in zum Teil emotionalen Voten das Traktandum 4: die Dringlicherklärung des Postulats von Miro Barp (SVP) betreffend Sofortmassnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Bevölkerung im Raum Aareufer, Bundesasylzentrum, Bahnhof.

Aufgrund der Rücktritte von Isabella Bertschi (SP), Rita Boeck (SP), Jürg Hunziker (FDP), Michel Indrizzi (FDP) und Willi Wengi (FDP) erfolgte zunächst die Inpflichtnahme von Karin Merkli (FDP), Anna Schneider (FDP), Salome Schneider Boye (SP), Robert Wehrli (FDP) und Beatrice Widmer Marti (SP).

Präsident Markus Lang überreichte den fünf neuen Mitgliedern des Einwohnerrats bei der Inpflichtnahme ein Geschenk: Einen Pin mit dem Wappen von Brugg. (Bild: cd)

Die Sicherheitsproblematik spitzt sich zu
Miro Barp (SVP) hatte in seinem Antrag an den Stadtrat formuliert, dass die Regionalpolizei (Repol) Sofortmassnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit umsetzen solle, denn die Sicherheit sei akut gefährdet. Barp sieht laut seinem dringlichen Postulat eine Zuspitzung in der Sicherheitsproblematik und fordert eine erhöhte Polizeipräsenz und mehr Patrouillen in den nächsten sechs Monaten. Dafür solle die Repol ihre Prioritäten entsprechend setzen. 

Miro Barps Argument lautete, in Brugg entwickelten sich ein rechtsfreier Raum und ein nationaler Hotspot. Er stelle einen Graben zwischen Behörden und Bevölkerung fest. In der Begründung des dringlichen Postulats führte Barp Vorfälle wie eine Vergewaltigung einer Frau durch einen im Bundesasylzentrum (BAZ) untergebrachten Marokkaner auf.

Da es sich um Sicherungseinsätze mit vorhandenen Ressourcen handelt, geht der Postulant von einer Kostenneutralität bei der Umsetzung der Massnahmen aus.

Parlament bestätigt die Dringlichkeit des Postulats
Der Stadtrat wies die Dringlichkeit zurück. Vizeammann Reto Wettstein erläuterte, die Sicherheitsmassnahmen seien bereits erhöht worden und die Situation werde von der Repol und den zusammenarbeitenden Sicherheitsdiensten durch Kontrollen und Patrouillen bearbeitet. Wettstein verwies auf die hellere Beleuchtung auf der Wegstrecke Mülimattsteg–Geissenschachen–Ländistrasse, die seit Dezember 2023 bestehe, sowie auf die Hotline 079 534 08 43, welche das Staatssekretariat für Migration (SEM) im Zusammenhang mit dem BAZ anbietet. Bislang sei sie nur selten genutzt worden; Meldungen über Belästigungen liegen keine vor. Weitere Lösungen, so Wettstein, würden im Stadtrat diskutiert, seien aber noch nicht spruchreif.

Der Einwohnerrat bestätigte die Dringlichkeit mit 44 zu 1 Stimme klar. Trotzdem wünschte Barp, das Abstimmungsverhalten sei namentlich abzubilden, womit er beim Rat jedoch abblitzte.

Der Stadtrat nahm das Postulat entgegen. Der Vizeammann wies klar darauf hin, dass erhöhte Sicherheit nur zu erhöhten Kosten zu haben sei: «Das wird mit Kosten verbunden sein.»

Die Diskussion nahm merklich an Fahrt und Emotionen auf. Barbara Geissmann (Die Mitte) anerkannte die Ängste und Unsicherheiten in der Bevölkerung, bezweifelte jedoch, ob höhere Polizeipräsenz das Problem beheben würde. Stattdessen regte Barbara Geissmann an, eine bessere Kommunikation und Information für die Bevölkerung einzurichten. Ale­xandra Dahinden, Lea Kalt und Pascal Ammann reichten zu diesem Thema im Namen der SP ein Postulat ein. Der Antrag lautet: «Die Stadt informiert in einem neuen Kapitel auf ihrer Website transparent und laufend über die Entwicklungen rund um das Bundesasylzentrum (BAZ) an der Ländistrasse.»

Titus Meier (FDP) befürwortete den SP-Vorstoss. Zum Postulat von Barp sagte er, es greife ein Thema auf, das vielen Menschen unter den Nägeln brenne. Nun sei der Stadtrat gefordert, dieser habe spät und viel zu zögerlich reagiert. Meier zählte Vorschläge auf, wie die bessere Koordination von Anlässen, damit beispielsweise das Frauenfussballtraining unter der Präsenz von Protectas stattfinden könne.

Für die Grünen, die den Dringlichkeitsantrag unterstützten, sprach Urs Bürkler: «Mehr Repression bedeutet nicht mehr Sicherheit.» Diese Aussage unterstützte Joya Süess (EVP). Mehr Polizeipräsenz löse das Problem nicht.

Die geforderten Sofortmassnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit betreffen auch das Gebiet rund um den Bahnhof Brugg. (Bild: Archiv)

«Wir müssen das Thema ernst nehmen»
Serge Läderach (FDP) ist seit über 17 Jahren im Einwohnerrat. «Ich bin noch nie von der Bevölkerung so oft auf ein Thema angesprochen worden wie auf dieses», sagte er. Das Dauerthema ist ein Zeichen. Er wandte sich mit der dringenden Bitte an seine Ratskolleginnen und -kollegen, das Postulat zu überweisen und damit ein Zeichen für die Bevölkerung zu setzen, für die diese Angelegenheit ein Dauerthema sei.

Gina Sträuli (Grüne) entgegnete, das Thema werde durchaus ernst genommen, distanzierte sich aber kritisch von dem Narrativ, das die SVP verwende. Auch ihr Fraktionskollege Urs Bürkler (Grüne) monierte die «überspitzte Darstellung seitens der SVP».

«Die Polizei kann nicht 24 Stunden vor Ort sein», meinte er. Gefragt sei die private Initiative der Bürgerinnen und Bürger und das Gespräch mit den Menschen, die im BAZ untergebracht seien, zu suchen. Eine weitere differenzierende Optik auf die Situation im BAZ formulierte daraufhin Titus Meier (FDP). Im BAZ seien Asylbwerber mit einem abgewiesenen Entscheid und teilweise ausreisepflichtige junge Männer – Menschen, die man aufgrund dieser Ausreisepflicht nicht integrieren könne.

Mit 25 Ja- zu 23 Nein-Stimmen überwies der Brugger Einwohnerrat das Postulat von Miro Barp mit einem knappen Ergebnis.

Städtische IT mit Sicherheitsschwächen
Mit einem klaren Stimmenmehr von 38 zu 8 sprach sich der Einwohnerrat hingegen für den Projektierungskredit in Höhe von 70 000 Franken für ein IT-Projekt aus. Beim Projektierungskredit geht es um die volle Auslagerung (Full Outsourcing) der IT-lnfra­struktur. Barbara Horlacher teilte in ihrer Erläuterung mit, dass die kleine IT-Stelle mit eigenen Servern Sicherheitsschwächen habe.

Die Stadt Brugg sieht sich der Herausforderung gegenüber, ihre IT-Systeme anzupassen. Um betreffend Sicherheit, Leistungsfähigkeit und Modernität mithalten zu können, sind Anpassungen an die steigende Komplexität der IT-Systeme nötig. Deswegen liegt das Outsourcing an einen Partner nahe. Der Projektkredit wurde unter anderem von Andrea Rauber Saxer für die GLP zusammen mit der Anregung befürwortet, im Evaluierungsprozess das Bezirksgericht einzubeziehen. Horlacher bestätigte ausserdem aufgrund Nachfragen aus dem Rat, dass die Schule andere IT-Anforderungen habe und diesbezüglich entsprechende Abklärungen noch ausstünden. Ohne Abstimmung nahm der Stadtrat die vier parlamentarischen Vorstösse entgegen: die Motion von Andrea Rauber Saxer (GLP) betreffend Anpassung des Pflichtenhefts für die Testplanung «Stadtraum Bahnhof Brugg Windisch», das Postulat von Julia Geissmann (Die Mitte) zur Anlieferung auf dem Neumarktplatz sowie dasjenige von Barbara Geissmann (Die Mitte) betreffend kantonaler Unterstützung beim Schwammstadtprojekt sowie das Postulat von Barbara Geissmann zur Direktverbindung mit dem Zug nach Bern.