Die Referendumsabstimmung am 3. März zur Spezialzone Berg in Wettingen spaltet die Gemüter. Schon im Vorfeld der ursprünglich für den 19. November 2023 geplanten Urnenabstimmung über die Umzonung im Zusammenhang mit dem Tiertherapiehof der Familie Sozzi («Rundschau» vom 31. August und vom 9. November 2023) meldeten sich beide Lager lautstark zu Wort. Nachdem der Wettinger Gemeinderat die Abstimmung nach einer Beschwerde beim Kanton auf den 3. März verschoben hatte, flaute die Debatte ab, nur um nun wieder aufzuflammen. Im Kern geht es um die Frage, ob das Landschaftsschutzdekret am Lägernhang stellenweise aufgehoben werden soll, damit auf dem Hof der Familie Sozzi das bestehende Tiertherapieangebot erweitert werden kann.
Während jene, die sich für die Umzonung einsetzen, in der Referendumsabstimmung einen wegweisenden Moment für das weitere Bestehen des Therapiehofs der Familie Sozzi sehen, fokussieren jene, die das Referendum nicht unterstützen, auf den Landschaftsschutz am Lägernhang, der mit der Umzonung aufgeweicht würde. Es wird befürchtet, dass dadurch ein Präzedenzfall gegen den Landschaftsschutz entsteht. Einig sind sich beide Seiten lediglich darüber, dass das Tiertherapieangebot an sich sinnvoll ist. Ob das Angebot zwingend in Wettingen vorhanden sein muss oder ob ein Standort in einer Nachbargemeinde ausreichend wäre, ist bereits Teil der Debatte.
Eine Frage der Gewichtung
Für viele ist der Wert des Therapieangebots Grund genug, der Spezialzone zuzustimmen: «Seit rund zehn Jahren besucht mein körperlich beeinträchtigter Sohn die tiergestützte Therapie. Er kann dort seinem Hobby nachgehen und hat dabei grosse Fortschritte gemacht», sagt Claudia Sandmeier, die Mutter eines Klienten des Tiertherapiehofs. Das ist für sie der Grund, im Pro-Komitee für die Spezialzone Berg einzustehen. Margrit Wahrstätter, Einwohnerrätin EVP und Initiantin des Referendumskomitees, sagt: «Auf dem Pferderücken können sich Kinder mit körperlicher und geistiger Behinderung entspannen und neue Kräfte tanken.» Soweit sind sich beide Seiten des Konflikts einig.
Andere, die sich für die Spezialzone Berg einsetzen, sind überzeugt, dass sie der Natur nützt. So zum Beispiel Marco Kaufmann, ehemaliger Einwohnerratspräsident der Partei Forum 5430: «Ich unterstütze die Spezialzone Berg, weil mit den vorgesehenen und zwingend umzusetzenden Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen gegenüber heute ein deutlicher Mehrwert zugunsten des Natur- und Artenschutzes in dieser Landschaftskammer geschaffen wird.» Und Lukas Rechsteiner, Präsident der EVP Wettingen und Einwohnerrat, betont: «Das Projekt wurde mehrfach optimiert und wird sich schön in die bestehende Landschaft einfügen.» Alle oben genannten Personen sowie weitere Wettinger Persönlichkeiten haben vor Kurzem das Pro-Komitee Spezialzone Berg gegründet, um sich für das Projekt einzusetzen.
Die Gegner der Spezialzone sind hingegen nicht davon überzeugt, dass die geplanten Ausgleichsmassnahmen ausreichen, um die Aufweichung des Landschaftsschutzdekrets zu rechtfertigen. Sie befürchten, dass die Umzonung weitere Lockerungen und Ausnahmen vom Landschaftsschutzdekret am Lägernhang zur Folge hat. Genauso wenig liess sich die Gegnerschaft der Spezialzone Berg bisher von der Alternativlosigkeit des aktuellen Standorts überzeugen. Die Verlegung des Therapieangebots an einen anderen Standort in der Gemeinde oder in einer benachbarten Gemeinde ist in ihren Augen auf jeden Fall dem Ausbau des Angebots am bestehenden Ort vorzuziehen. Ausserdem stören sich viele Wettingerinnen und Wettinger daran, dass betreffend Zonenkonformität auf dem Hof der Familie Sozzi schon früher nicht alles zum Besten stand. Auch wenn er nicht mit der geplanten Umzonung zusammenhängt, erregte insbesondere ein nicht bewilligter Parkplatz die Gemüter.
Für weiteren Widerstand in der Bevölkerung gegen die Umzonung sorgt der Umstand, dass der Hof von der Familie Sozzi betrieben wird. Sandro Sozzi ist Mitglied des Wettinger Gemeinderats. Bereits während der Beratung des Geschäfts im Einwohnerrat im Herbst war mehrfach moniert worden, dass die geplante Zonenänderung eine Form der Begünstigung sei. Obwohl es dafür, abgesehen von Sandro Sozzis Mitgliedschaft im Gemeinderat, keine Indizien gibt, ist möglicherweise allein der Anschein der Befangenheit ausreichend, um das Projekt zum Scheitern zu bringen.