Oben Erde, unten Himmel: Milena Michiko Flaša

In der Rubrik «Buchtipp» erzählen Mitarbeitende der Gemeinde- und Schulbibliothek Windisch von ihren Leseerfahrungen – und sorgen so für Inspiration.

Suzu, die sich in Dating-Apps als «alleinstehend, mit Hamster» beschreibt, lebt zurückgezogen in einer winzigen Wohnung in Tokio. Als sie ihren Job verliert, bewirbt sie sich bei diversen Reinigungsunternehmen und kann sich bei einer Firma vorstellen, die Leichenfundorte reinigt. Beim Vorstellungsgespräch trifft sie einen gleichaltrigen jungen Mann, der – wie Suzu später herausfindet – in einem «Manga Kissa» lebt, einem Internetcafé mit Übernachtungsmöglichkeit, und der noch viel einsamer ist als sie. Beide werden eingestellt und werden Teil einer kleinen Gemeinschaft. Die Schilderungen der Wohnungsreinigungen sind stellenweise nichts für schwache Nerven, doch die Autorin schafft es mit trockenem Humor und morbidem Witz, immer respektvoll zu bleiben. Das Buch ist ein würdevoller Text über Einsamkeit und Tod in unserer modernen Welt. Flašar hat eine japanische Mutter und einen österreichischen Vater und schreibt auf Deutsch. Es ist wohltuend, ein Buch zu lesen, das einem fremde Traditionen und Lebensweisen in einem vertrauten Stil näherbringt. «Wenn der Himmel unten wäre und die Erde oben, dann würden wir auf Wolken gehen.»

Oben Erde, unten Himmel (Roman von Milena Michiko Flašar, Wagenbach, 2023)