«Wir gehen das Wochenende entspannt an»

Vor einem halben Jahr hat die Firma Dobler-Bautenschutz aus Schinznach die Viertagewoche eingeführt. Das Wagnis hat sich gelohnt.
Haben die Viertagewoche erfolgreich umgesetzt: Elian Bertschi, Jacqueline ­Dobler, Stefan Gütiger, Kevin Dobler (Mitglieder der Geschäftsleitung) und Franz Dobler (Gründer). (Bild: zVg)

Bereits vor zehn Jahren hatte Kevin Dobler, heute Geschäftsführer der Schinznacher Firma Dobler-Bautenschutz AG, die Idee, die Viertagewoche einzuführen. Sein Vater aber winkte ab. Vor einem Jahr war es dann Unternehmensgründer Franz Dobler selbst, der zur Umsetzung des Projekts drängte. Pünktlich zum 30-Jahr-Jubiläum wagte die vierköpfige Geschäftsleitung am 1. August 2023 diesen Schritt. Und hat ihn nicht bereut.

Aufwendige Vorarbeiten
Im Bauhauptgewerbe kommt dem Schinznacher Familienunternehmen damit schweizweit eine Pionierrolle zu. Was auf dem Markt zum Plus werden soll, bringt im Gegenzug intensive Vorbereitungen mit sich. «Wir mussten exakt berechnen, wie sich das neue Arbeitsmodell auf unser Geschäft auswirkt», sagt Kevin Dobler beim Gespräch in den Räumlichkeiten in Schinznach-Dorf, die seit bald drei Jahren das Domizil der Firma bilden. Sein Vater rechnete zig Varianten durch, verglich Wenn-dann-Modelle und klärte die rechtlichen Seiten ab. «Es galt, sehr viele Faktoren zu bedenken», erklärt Sohn Kevin und nennt als Beispiel die Ausgaben fürs Benzin, die bei vier Arbeitstagen geringer ausfallen. Nebst den finanziellen Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg behielt man die Lohneinbussen der Mitarbeitenden im Blick. «Damit sie keinen finanziellen Nachteil erhalten, haben wir unter anderem die Spesen erhöht», so der Geschäftsführer.

Das Wohl der Angestellten war den Doblers stets ein grosses Anliegen. «Um unsere Aufträge in der von uns angestrebten Qualität ausführen zu können, brauchen wir hoch qualifizierte und motivierte Fachkräfte», erklärt der 33-Jährige. «Und weil unsere Mitarbeitenden wissen, dass sie viel von uns bekommen, geben sie uns viel zurück.»

Bei Dobler-Bautenschutz gibt es nebst fairen Löhnen und optimaler Weiterbildung jährlich mehrere Betriebsausflüge. Den derzeit 18 Mitarbeitenden werden die Handykosten bezahlt, und sie dürfen die komplett eingerichtete Werkstatt in ihrem Firmenwagen privat nutzen. «Wenn man Angestellte wie auf Leistung ausgerichtete Nummern behandelt, dann arbeiten sie auch so», ist Kevin Dobler überzeugt. «Bei uns werden sie als Menschen mit tollen fachlichen und menschlichen Fähigkeiten wertgeschätzt – nur dank ihnen sind wir erfolgreich.» Ihm sei wichtig, mit den Mitarbeitenden im Austausch zu sein und sie zu begleiten.

Entlastung und mehr Freizeit
Deshalb steht Kevin Dobler zu Beginn jedes Auftrags gemeinsam mit den Angestellten auf der Baustelle. «Ich schaue, dass die Kommunikation optimal funktioniert und bin der Garant dafür, dass die Bedürfnisse der Kundschaft eins zu eins bei meinen Mitarbeitern ankommen», betont er. Dank der Digitalisierung, die das Unternehmen bereits vor einiger Zeit eingeführt hat, rapportieren die Mitarbeitenden alles via iPad. «Das sorgt für schlanke Prozesse und erleichtert das Controlling enorm», so der Geschäftsführer. Nebst privaten Aufträgen, die gegen 90 Prozent des ­Volumens ausmachen, ist Dobler-Bautenschutz für Grosskunden wie Gemeinden, Kantone und den Bund im Einsatz. Die schweizweit tätige Firma ist auf die Lösung von Feuchtigkeits- und Wasserproblemen sowie die Altsanierung im Bautenschutz spezialisiert. Komplexe Projekte wie die Mauerwerksanierungen der Altstadt Murten sind ebenso Teil des Portfolios wie die Sanierung von Kirchen und Schulhäusern – darunter das Stapferschulhaus Brugg und die Badener Schulhäuser Ländli und Tannegg. «Bei solch gewichtigen Arbeiten brauchen wir engagierte und qualifizierte Fachkräfte», sagt Kevin Dobler. Beim aktuellen Mangel kein einfaches Unterfangen. Der Vorteil gegenüber der Konkurrenz ist mit ein Grund, warum das Schinznacher Unternehmen seit einem halben Jahr auf die Viertagewoche setzt.

Die Umstellung auf das neue Arbeitszeitmodell kam zu Beginn nicht bei allen gut an. «Die Jungen waren dafür, die Älteren dagegen», erinnert sich Kevin Dobler. Doch bald hat sich der Widerstand verflüchtigt. «Alle sind begeistert», sagt der Geschäftsführer erfreut. Die Viertagewoche basiert auf dem Richtarbeitskalender des Baumeisterverbands, der die Arbeitsstunden pro Tag vorgibt. Bei Dobler-Bautenschutz arbeiten die Angestellten von Montag bis Donnerstag eine Stunde länger, also zehn Stunden pro Tag. Damit kommen sie auf wöchentlich 40 Stunden. Der Freitag ist für die Belegschaft zum freien Tag geworden. «Dann arbeitet nur das Kader», sagt Kevin Dobler schmunzelnd und erzählt von der Ruhe, die dann im Büro herrsche. «Der Freitag ist auch für mich eine Entlastung», erklärt er. Dann könne er ohne Ablenkung Administratives erledigen und Pendenzen abarbeiten. «Haben die Angestellten frei, fällt für den Vorgesetzten ein Drittel der Arbeit weg», witzelt er.

Fachkräftemangel im Fokus
Das Fazit von Dobler-Bautenschutz fällt positiv aus. Die Mitarbeitenden seien zufrieden und hoch motiviert. Sie hätten den freien Tag schätzen gelernt und könnten, wie die Rückmeldungen zeigten, viele Dinge unternehmen und erledigen, für die sonst wenig Zeit geblieben sei.

«Wir gehen das Wochenende nun entspannt an», fasst Kevin Dobler den allgemeinen Tenor zusammen. Sogar auf Kundenseite sei die Umstellung gut aufgenommen worden. «Steht einmal ein Sondereinsatz an, ist das kein Problem – dann finden sich immer Mitarbeitende, die sich zur Verfügung stellen», so der Geschäftsführer.

Den finanziellen Erfolg des Unternehmens hat die Viertagewoche bis anhin nicht geschmälert. Der Fachkräftemangel macht Kevin Dobler ­allerdings noch immer zu schaffen. So sucht die Firma zurzeit neue Mitarbeitende in den Bereichen Plattenleger, Maler/Gipser, Maurer, Polybauer Abdichtung und Dachdecker. Als Benefit führt der Familienbetrieb in zweiter Generation in den Ausschreibungen die Viertagewoche auf – und präsentiert sich damit als so­ziales und zukunftsträchtiges Un­ternehmen. Das unterstreicht auch eines der neuen Mitarbeiter-Testimonials auf der Website: «Bei dieser Firma steht das Menschliche im Vordergrund.»