Es ist Zeit, einen Schlusspunkt zu setzen

Ende Jahr stellt das Familienunternehmen Däster AG nach über 60 Jahren wegen Konkurrenzdruck und ausbleibender Nachfolge den Betrieb ein.
Drei Geschwister, ein Lebenswerk. Nach über 60 Jahren wird das Familienunternehmen Däster AG aufgelöst. (Bild: cd)

Peter und Heinz Däster und ihre Schwester Irene Tagmann-Däster sitzen an einem grossen Besprechungstisch im ersten Stock des Bürogebäudes der Däster AG in Veltheim. An diesem Tisch sind in den letzten über 20 Jahren, als die drei Geschwister die Firma für Transporte, Holzhandel und Natursteine übernahmen, viele Besprechungen geführt worden: mit der Kundschaft und mit Geschäftspartnern und -partnerinnen über Holz und Tessiner Steine und mit dem Team über Einsatz- und Dispositionspläne, Transportrouten und Ladegewicht.

Keine Nachfolge in Sicht
Das Firmeninhabertrio wird an diesem Besprechungstisch vielleicht auch über die Nachfolge gesprochen haben, die aus ihren eigenen Familien aufgrund fehlenden Interesses nicht gewährleistet ist.

«Gestritten haben wir in all den Jahren kein einziges Mal», berichtet Irene Tagmann-Däster. «Wir haben aber immer alles, was es zu besprechen gab, ausdiskutiert.»

Die Anfrage eines Jungunternehmens vor zwei Jahren, das aus einer komplett anderen Branche kommt und dessen Namen noch nicht genannt werden darf, kam für das Geschäftsleitungskollektiv zum richtigen Zeitpunkt. Der Interessent bot an, das gesamte rund 5500 Quadratmeter grosse Gelände samt Infrastruktur per 1. Januar 2025 zu übernehmen.

Eine geschäftliche Einigung war schnell gefunden. Die drei Däster-Geschwister nahmen die Auflösung ihres über 60-jährigen Betriebs in Angriff und führen ihre Geschäfte seit zwei Jahren in Dreierbesetzung aus, ohne weitere Angestellte.

Die Geschäftsliquidation und der Ausverkauf sind derzeit voll im Gang. «Kleinmengen und Restposten verkaufen wir bereits zu reduzierten Preisen. Nach und nach werden die Produkte preislich neu bewertet», informiert Irene Tagmann-Däster.

Eine notwendige Entscheidung
Die Inhaber der Däster AG sind an den Punkt gelangt, einen Schlussstrich zu ziehen und ihre Geschäftstätigkeit zu beenden. Das wird mit dem Leerräumen des Steinlagers ganz besiegelt sein. Die Firma, die einst ihre Eltern gründeten und aufbauten und die für die drei Geschwister ein Lebenswerk und wegen des Unternehmensgeists ihrer Eltern ein grosses Vermächtnis darstellt, wird bis spätestens Ende 2024 aufgelöst. Die Konjunktur und die Marktentwicklungen sowie Teuerungen und der Konkurrenzdruck lassen ihnen keine andere Wahl.

Eine emotionale Angelegenheit
«Unterdessen geht es uns gut mit dieser Entscheidung», sagt Irene Tagmann-Däster. «Am Anfang haben wir aber gehadert.» Es sei eine von Gefühlen geprägte Entscheidung gewesen, gibt Heinz Däster zu, der seit 38 Jahren im Unternehmen arbeitet: «Aus wirtschaftlichen Gründen gibt es nur ein lachendes Auge. Aber aus emotionaler Sicht ist es eine ganz andere Sache.» Auch Peter Däster, der 40 Jahre seines beruflichen Lebens der Firma gewidmet hat, und Irene Tagmann-Däster, die auf 30 Arbeitsjahre in der Däster AG zurückblickt, sind natürlich mit dem Familienunternehmen emotional sehr verbunden.

Als die jungen Eheleute Hanni und Werner Däster-Hofer 1960 die zum Kauf ausgeschriebene Fuhrhalterei an der Bruggerstrasse in Veltheim kauften, wussten sie noch nicht, dass sie damit ein Familienunternehmen gründeten, mit dem sie eine über 60 Jahre lange erfolgreiche Firmengeschichte schreiben würden. Die gelernte Damenschneiderin und der gelernte Käser erwarben mit dem Kauf der Fuhrhalterei auch ein Wohnhaus mit Scheune. Zum Inventar gehörten ausserdem: ein Hürlimann-Traktor D 500, ein Hürlimann-Traktor D 200 (der nie eingelöst wurde), ein Langholz-Vorder- und -Hinterwagen, zwei Kippanhänger und ein Einachsenhänger mit fester Brücke.

Holz und Steine ins Rollen gebracht
Die Kinder Peter (1961), Irene (1963) und Heinz (1964) Däster waren noch nicht auf der Welt, als das Geschäft «Werner Däster, Transporte» aus Veltheim wortwörtlich Fahrt aufnahm. Schon 1962 wurde nämlich ein erster Occasionlangholzwagen in die Fahrzeugflotte aufgenommen und die Scheune daraufhin in zwei Lastwagengaragen umfunktioniert.

Dem ersten Langholzwagen sollten etliche weitere Fahrzeuge folgen. Getreu ihrem Vorsatz «Dienen und Verdienen» wagten Hanni und Werner Däster ihre ersten Schritte in die Selbstständigkeit und setzten auf die Transporte von Holz- und Baumaterialien.

Der erste Langholzwagen
Der Erfolg liess nicht lang auf sich warten. Durch Arbeitsfleiss und gewieftes Unternehmerdenken gewannen die beiden jungen Entrepreneure das Vertrauen der Banken. Im Jahr 1963 konnte der erste neue Langholzwagen, ein Gräf & Stift, gekauft werden. Vier Jahre später wurde der erste neue Heckkran auf einen Kipper montiert, um für Industrieholztransporte gerüstet zu sein. Bald verliessen sich zudem die Forstverwaltungen in der ganzen Region beim Transport von Langholz und für bestimmte Schwerarbeiten im Wald auf die Expertise und die Fahrzeugflotte des Transportunternehmens aus Veltheim.

Werner Däster war stets sehr darauf bedacht, das richtige Fahrzeug am richtigen Ort einzusetzen. «Um zu dienen und gute Leistungen zu erbringen, hielt man mit der Zeit Schritt und erneuerte den Wagenpark stets», heisst es darüber in der Firmenschrift, die der Patron selbst verfasst hat.

Heinz Däster, Irene Tagmann-Däster und Peter Däster vor dem Däster-Firmengebäude in Veltheim. (Bild: cd)

Rezession führt zum Wachstumseinbruch
In den Siebzigerjahren versetzte die Rezession der Einzelfirma von Werner Däster einen Dämpfer. Der Transport von Holz- und Baumaterial brach ein. Doch die Bekanntschaft mit einer Tessiner Sägerei sollte sich als zukunftsweisend herausstellen. Diese fragte nach gespaltenem Brennholz. Umgehend übernahm Werner Däster die Überführung der Brennholzladungen – anfangs noch ohne die Verbindung durch den Gotthard-Strassentunnel, sondern über den Gotthardpass.

Leerfahrten auf dem Rückweg erschienen dem cleveren Geschäftsmann als unsinnig. Mit einem Steinhändler aus unserer Region und einem Marksteinlieferanten einigte sich Werner Däster. Fortan wurden für den Rückweg aus dem Süden Marksteine und andere Granitartikel geladen. Zum eigenen Handel mit Natursteinen war es daraufhin nur ein kleiner logischer Geschäftsschritt. So wurde der Natursteinhandel zum Hauptgeschäft des Däster-Unternehmens.

Pioniere im Natursteinhandel
Die Firma avancierte zum ersten Betrieb, das im Aargau mit Natursteinen handelte. Über die Jahre baute sich das Ehepaar Däster nicht nur ein grosses Wissen und ein wachsendes Sortiment an Natur- und Granitsteinen – vorwiegend aus dem Tessin, aber ebenso aus Europa – auf, sondern erlangte mit dem Natursteinhandel auch ein ausgezeichnetes überregionales Renommee bei Bauherren, Landschaftsgärtnereien, Gartenbauunternehmen, Pflästerern und privater Kundschaft, zu denen sie langjährige Geschäftsbeziehungen aufbauten. Die Kundschaft konnte sich auf Beratung beim Materialeinsatz, vor allem aber auf die Qualität der Steine voll und ganz verlassen. Strassen- und Gartenbauer aus dem ganzen Aargau vergaben ihre Aufträge an Werner und Hanni Däster.

Das «steinige» Wissen tradiert
Das Wissen gaben sie an ihre Kinder weiter. «Der italienische Naturstein Porphyr ist heute mein persönlicher Lieblingsstein. Der rötlich-graue Stein hat eine ganz besondere farbliche Wärme», sagt Irene Tagmann-Däster. «Kein Stein ist wie der andere, Stein lebt», so die Expertin. Mit Holz sei es analog, erklärt Heinz Däster. «Man muss wissen, welches Holz man wo und wie einsetzen kann. Dafür muss man das Holz und die Bedürfnisse des Kunden gleichermassen kennen.»

Heute ist die Däster AG, die früh den Strassenbau im Aargau mit Tessiner Material belieferte, mit einem anderen Aspekt der Geschäftsrealität konfrontiert, als es die Eltern waren: «Vor allem im Strassenbau werden Steine aus China verwendet», berichtet Heinz Däster. «Und Gartenbauer dürfen – je nach Kanton oder Gemeinde – keine Steingärten mehr machen, weil Auflagen hinsichtlich Biodiversität erfüllt werden müssen.»

Der Sturm sorgt für Arbeit
Heinz Däster, der jüngste der drei Däster-Geschwister, stieg 1986 ins Unternehmen seiner Eltern ein. Der gelernte Forstwart ist ganz dem Holz verbunden, es sei sein Element, sagt er. Als 1999 der Sturm Lothar über die Schweiz fegte und grosse Schäden in den heimischen Wäldern anrichtete, musste das vom Sturm gefällte Holz so schnell wie möglich abtransportiert und verarbeitet werden, um Schädlingen zuvorzukommen. Für das Holzgeschäft der Däster AG bedeuteten die Monate und Jahre nach dem Jahrhundertsturm eine ausserordentlich arbeitsintensive Zeit. «Es wurde zusätzlich ein Schlepper angeschafft und ein weiterer Chauffeur eingestellt, um möglichst vielen Forstämtern sowie der Holzindustrie dienen zu können», erzählt Heinz Däster. Der damals 35-Jährige kam oft abends gar nicht nach Hause. «Damit ich am nächsten Morgen gleich wieder vor Ort sein und Holz laden konnte.»

Qualität an allererster Stelle
Die Kundenorientierung und der Servicegedanke stand bei der Däster AG immer im Zentrum. Vor allem aber die Qualität der Materialien, ob Holz oder Naturstein. Das Qualitätsbewusstsein und die Arbeitshaltung haben Heinz Däster im Holz und die beiden «Steinigen», wie sich Irene Tagmann-Däster selbst und ihren Bruder Peter Däster bezeichnet, in ihrer Tätigkeit rund um Beratung und Lieferung von Natursteinen ihren Eltern nachgelebt. Bis 2003, als die drei Geschwister die geschäftliche Federführung als Kollektivgeschäftsleitung übernahmen, hatten ihre Eltern zudem die Rolle als ihre Vorgesetzten inne.

«Unser Vater war ein Patron», sagt Irene Tagmann-Däster. «Er war streng. Was er sagte, galt», erinnert sich ihr älterer Bruder Peter. «Aber er war fair, zu allen Mitarbeitern gleich», sind sich alle drei Geschwister einig.

Die Eltern bildeten ein starkes Zweiergespann. Hanni Däster war für Administratives zuständig. Und für die Finanzen: «Der Vater schaute, dass das Geld hereinkam, unsere Mutter verwaltete es, bezahlte Rechnungen, erstellte umsichtige Budgetpläne.»

Grosser Zusammenhalt unter den Geschwistern
In administrativen Belangen trat 1994 die Tochter in die Fussstapfen der Firmenpatronin. Irene Tagmann-Däster kümmerte sich im Steinhandel um Ein- und Verkauf und um die Verwaltung. «In einem kleinen Betrieb wie unserem sind aber letztlich alle für alles zuständig», sagt sie über die Zusammenarbeit mit ihren Brüdern. Ebensolches gilt für die geschäftliche Abstimmung mit ihrem Vater. «Unser Vater ging mit der Zeit. Wir waren eine der Firmen in der Region, die früh einen Computer hatten», erzählt Peter Däster nicht ohne Stolz. So waren bei Dästers bereits Anfang der Neunzigerjahre Rechnungsführung und Buchhaltung elektronisch organisiert.

Das Lebenswerk im Guten beenden
«Für uns ist es jetzt gut. Wir haben die Entscheidung, das Lebenswerk unserer Eltern zu beenden, sorgfältig abgewägt und konnten den Schlusspunkt selbstbestimmt setzen», ist sich das Inhabertrio einig. «Jetzt ist eben der Zeitpunkt gekommen, wo wir aufhören, und wir können im Guten aufhören.»

Zwei der drei Geschwister werden eine vorzeitige Pensionierung wählen. Heinz Däster wird weiterarbeiten – in der Holzbranche, wie er sagt. «Wir freuen uns auf die Zukunft, ganz besonders auf mehr Freizeit», gibt Irene Tagmann-Däster zu.

An den kommenden Samstagsverkaufstagen, aber auch zu den Geschäftsöffnungszeiten unter der Woche freuen sich die Geschwister über viele letzte Kundengespräche und Besuche. «Wir wollen uns bedanken und möchten uns bei so vielen wie möglich persönlich verabschieden.»

Die Ausverkaufstage finden statt am:
Samstag, 13. April, Samstag, 20. April,
Samstag, 4. Mai, jeweils 9 bis 13 Uhr
Werdstrasse 20, Däster AG Veltheim