Feier und pantomimischer Gottesdienst

Vor 40 Jahren wurde das Jahrhundertwerk ökumenisches Kirchenzentrum nach finanziell steinigem Weg Realität. Das will gewürdigt werden.
Ottmar Strüber und Hans Wiprächtiger – sie vertreten die katholische und die reformierte Kirchgemeinde – im «Il Cortile» genannten Hof des ökumenischen Zentrums Ehrendingen. (Bild: bkr)

10 Uhr und flirrende Hitze herrscht auf der Ehrendinger Dorfstrasse. Im Schatten von grossen, inzwischen 40 Jahre alten Bäumen öffnet sich hinter dem Vogthaus der an einen Kreuzgang erinnernde «Il Cortile». In diesem Hof im Herzen des ökumenischen Kirchenzentrums, zwischen der katholischen Kirche St. Blasius, dem Gemeinschaftsteil und den Räumen der reformierten Kirchgemeinde sowie dem Vogt- und alten Pfarrhaus, warten Ottmar Strüber und Hans Wiprächtiger. Strüber ist Seelsorger und Pfarreileiter des katholischen Pfarramts Ehrendingen. Wiprächtiger präsidiert innerhalb der reformierten Kirche Baden plus – wie sie sich offiziell nennt – die Gemeindekommission Ehrendingen-Freienwil.

40 Jahre alt ist «Il Cortile», wie der auf Sakralbauten spezialisierte Architekt Walter Moser sein Projekt nannte, und verkörpert seither gelebte Ökumene. Das muss uns ein Fest wert sein, fanden die beiden Kirchenvertreter und organisierten mit ihren Helferinnen und Helfern für Samstag, 31. August, ein solches unter dem Motto «40 Johr zmitts drin».

Predigt eines Pantomimen
Gestartet wird um 13 Uhr. Es gibt eine Hüpfburg, einen Escape-Room, eine Fotobox, Schminken und Spiele von Jungwacht und Blauring, eine Saftbar und eine Festbeiz mit Grill- und Kuchenangebot. Interessant ist die Vorführung eines Films mit Stimmen zum Kirchenzentrum. Für Unterhaltung sorgen Turm- und Alphornbläser sowie die Hinterwäldler. Letztere bieten American Folkmusic nach Schweizer Art und Mundart-Hillbilly. Nach dem ökumenischen Festgottesdienst um 17 Uhr gibt es ein Nudelgericht aus dem Wok.

Für den Festgottesdienst haben sich die beiden Organisatoren etwas Spezielles einfallen lassen, indem sie dessen Leitung dem Pantomimen Christoph Schwager übertragen haben. Der studierte Theologe ist seit 1999 als Pantomimenprediger unterwegs. Sein Thema in Ehrendingen: «Gottes Schöpfung – ein Mensch zu sein». Am Gottesdienst teilnehmen wird Birgit Winzer und sich dabei der reformierten Kirchgemeinde als neue Pfarrerin vorstellen.

Das Vogthaus (Bild, 1982) wurde damals aus Kostengründen nicht saniert. (Bild: Archiv | bkr)

Die Geschichte hinter dem Bau
Der Weg zum heutigen Vorzeige­ensemble «Il Cortile» war steinig, was vor allem den Finanzen der katholischen Kirchgemeinde geschuldet war. 3,1 Millionen Franken betrug deren Kostenanteil am 4,3 Millionen Franken teuren Projekt. In einem ersten Schritt stimmte die Versammlung der katholischen Kirchgemeinde dem Projekt 1979 zwar zu, musste nach einem Referendum aber nochmals über die Bücher. Es hatte sich gezeigt, dass die Amortisation der Investition pro Jahr 89 000 Franken betragen und die finanziellen Mittel der Kirchgemeinde bei einem gleichbleibenden Steuerfuss von 25 Prozent (aktuell 19 Prozent) bis ins Jahr 2025 strapaziert hätte.

Als Sparmassnahme strich man die Sanierung des Vogthauses. Dank der Hartnäckigkeit des Vereins Pro Vogthaus und mit dem Geld von Bund, Kanton und Gemeinde sowie Spenden und rund 2300 Stunden Fronarbeit wurde in den 1980er-Jahren das Gebäude dennoch gerettet. Im Eigentum beider Kirchgemeinden beherbergt das Vogthaus heute Wohnungen und das Sekretariat der reformierten Kirche.

Käsebissen oder Spitzhelm?
Übrigens: Das ursprüngliche Projekt sah vor, den noch immer bestehenden Spitzhelmturm der Kirche durch einen sogenannten Käsebissen zu ersetzen. Dieser hätte besser ins Ensemble gepasst und wurde vom Heimatschutz als historisch richtig bezeichnet. Die 220 Stimmberechtigten an der Versammlung der katholischen Kirchgemeinde hielten aber mit überwältigendem Mehr am Spitzhelm fest.