Das Siggenthal soll dereinst umfahren werden

Die Behördendelegation verabschiedete die angedachten Massnahmen zum GVK einstimmig. Diese sollen bis 2040 graduell umgesetzt werden.
Gesamtverkehrskonzept (GVK) Raum Baden und Umgebung. Die Massnahmen am Brückenkopf Ost in Baden sorgen für Kritik. (Bild: sim)

Die Behördendelegation des Gesamtverkehrskonzepts (GVK) Raum Baden und Umgebung hat in ihrer Sitzung vom 1. November einstimmig etwa 50 Massnahmenblätter mit rund 200 aufeinander abgestimmten Einzelmassnahmen für die sukzessive Umsetzung bis 2040 beschlossen. Zur Zen­trumsentlastung (ZEL) sprach sich die Behördendelegation ebenfalls einstimmig für die Variante «ZEL lang +» und damit für die Umfahrung der Siggenthaler Gemeinden aus. Die «ZEL lang +» setzt sich aus zwei Teilen zusammen: der 5,3 Kilometer langen «ZEL lang» inklusive einer Brücke über die Limmat und über die Bruggerstrasse sowie einer 2,3 Kilometer langen Umfahrung Untersiggenthal («+»). Allerdings soll vorerst nur die Variante «ZEL lang» im Richtplan festgesetzt und gleichzeitig sollen erste Vertiefungen zum Thermalwasser und Grundwasser an die Hand genommen werden. Deren Projektierung soll dann erfolgen, wenn die vorgesehene Wirkungskontrolle zu den erwähnten Einzelmassnahmen einen Bedarf dafür aufzeigt. Der zweite Teil der Variante «ZEL lang +», die Umfahrung Untersiggenthals, verbleibt im Richtplan vorerst auf der Stufe Zwischenergebnis.

Die älteren Richtplaneinträge zum Baldeggtunnel und zur «ZEL kurz» sollen hingegen aus dem Richtplan gestrichen werden. Für den Brückenkopf Ost sollen die kurzfristigen Massnahmen nach entsprechendem Beschluss des Grossen Rats schnell angegangen werden, während weitere mittel- bis langfristige Massnahmen vertieft untersucht werden sollen. Mit der Sicherung von Hauptkorridoren für den öffentlichen Verkehr schliesslich soll zusätzlich ein langfristiger Handlungsspielraum gewahrt bleiben. «Wir sind überzeugt, dass wir mit diesen Beschlüssen zukunftsweisende Mobilitätslösungen für die Region Baden und in Ab­stimmung mit den Nachbarregionen Brugg-Windisch und Zurzibiet für den ganzen Ostaargau gefunden haben. In einer 2,5-jährigen intensiven Planung und mit Einbezug von Gemeinden, Bevölkerung und Interessengruppen wurde ein funktionierendes Gesamtsystem von aufeinander abgestimmten Massnahmen für alle Verkehrsträger entwickelt. Das war nur dank dem grossen Einsatz aller Beteiligten möglich», so das einhellige Fazit der ­Behördendelegation des GVK Raum Baden und Umgebung nach ihrer Sitzung vom 1. November.

Die Planungen im Rahmen des Gesamtverkehrskonzepts stehen vor dem Abschluss. (Bild: sim)

Abschluss der Planungsphase
Die beschlossenen Massnahmen verteilen sich auf die fünf Handlungsfelder des GVK und betreffen alle Verkehrsteilnehmenden. Detaillierte Informationen zu den Handlungsfeldern und den beschlossenen Massnahmen sind auf der Website des Kantons Aargau einsehbar. Mit den Beschlüssen schloss die Behördendelegation die vierte GVK-Planungsphase «Massnahmenentwicklung» offiziell ab. 

Bis zur fünften und letzten Mobilitätskonferenz vom 7. Dezember sollen die 52 Massnahmenblätter aufgrund der Rückmeldungen aus der letzten Partizipationsrunde und der aktuellen Beschlüsse der Behördendelegation finalisiert werden. Die Mobilitätskonferenz wird Inputs zur Umsetzungsplanung einbringen können.

Der endgültige Massnahmenfächer wird nach Abschluss der Phase «Umsetzungsplanung» voraussichtlich Anfang 2025 den neun beteiligten Gesamtgemeinderäten zum Beschluss vorgelegt. Sobald deren Beschlüsse vorliegen, wird das Dossier dem Regierungsrat überreicht. Die zur Umsetzung vorgeschlagenen Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Kantons sowie die Richtplananpassungen werden schliesslich vom Grossen Rat beschlossen. Dieser Beschluss wird Ende 2025 oder Anfang 2026 erwartet. Die zur Umsetzung vorgeschlagenen Massnahmen im Zuständigkeitsbereich der Gemeinden sollen nach Beschluss des Grossen Rats ­Anfang 2026 verbindlich gesichert werden. 

Freude mit grossem Aber
Mit Erleichterung hat auch die Inte­ressengemeinschaft (IG) OSN, die sich insbesondere betreffend Zentrumsentlastung stark für die Variante «ZEL lang +» einsetzte und einsetzt, die Entscheide der Behördendelegation zur Kenntnis genommen. Es sei wichtig und zentral, dass nun die Umsetzung der Massnahmen möglichst zeitnah erfolge, meint Eugen Frunz im Namen der IG. Hingegen moniert die IG OSN, dass die Entscheide zu «ZEL lang +» und zum Brückenkopf Ost an der Hochbrücke noch nicht ausgereift und nach hinten geschoben worden seien. «Das liegt aus unserer Sicht
vor allem daran, dass sich auf der politischen Ebene bis zuletzt keine einzige Gemeinde für eine klare Umsetzungsstrategie eingesetzt hat. Die beiden Projekte sind auf der Zeitachse um 2040 angesiedelt, und das auch nur dann, wenn klar ist, dass die anderen verkehrslenkenden Massnahmen nicht greifen», bedauert Frunz.

Dieses Vorgehen sei zwar grundsätzlich nachvollziehbar, jedoch fehlten der IG OSN klare Kriterien dafür, wann die Umsetzung der aufgeschobenen Massnahmen angegangen werden solle. Es sei für die IG OSN jedoch entscheidend, absehen zu können, ab welchem Grad der Belastung eine wirkliche Entlastung erfolgen solle, wenn sich die kurzfristigen Massnahmen gerade für die Siggenthaler Gemeinden als ungenügend erweisen sollten. Die IG hofft deshalb darauf, am 7. Dezember in Baden die Aufnahme eines klaren Monitorings in das GVK Raum Baden und Umgebung zu erwirken. «Ohne eine solche Lösung wird das Siggenthal wohl weitere 20 Jahre als Stauraum für die Region Baden herhalten müssen», befürchtet Eugen Frunz. Das würden die Siggenthaler Gemeinden aber sicherlich nicht hinnehmen.

Enttäuschung bei Limmat Mobil
Weniger optimistisch zeigt sich hingegen der Verein Limmat Mobil, der sich ebenfalls aktiv in die Planungsarbeiten zum GVK eingebracht hatte: Trotz zahlreichen Veranstaltungen, Bürgerbeteiligungen und Diskussionen seien die Ergebnisse nach über zwei Jahren enttäuschend, schreibt der Verein in einer Mitteilung. Statt konkreter Lösungen dominiere eine Haltung, wesentliche Entscheidungen aufzuschieben und auf abstrakter Ebene verbleiben zu lassen. In der Verwerfung der Variante «ZEL kurz» sieht der Verein in erster Linie einen symbolischen Akt, da diese politisch ohnehin von Anfang an chancenlos gewesen sei.

Dagegen bleibe insbesondere die angespannte Verkehrssituation am Brückenkopf Ost weiterhin ungelöst, was auch umliegende Regionen wie Ennetbaden und das Surbtal betreffe. Insgesamt kritisiert der Verein die in seinen Augen fehlerhafte Priorisierung der Massnahmen und die mangelnde Konsequenz in der Umsetzung der Planung.