Das historische Gedächtnis der Region

150 Jahre Bez Schinznach, 75 Jahre KW Wildegg-Brugg, 50 Jahre SIN, 40 Jahre Bahnpark: Die «Brugger Neujahrsblätter» berichten noch über viel mehr.
Beim Kraftwerkprojekt Wildegg-Brugg wurden auch tollkühne Pläne wie eine Staumauer in der Brugger Aareschlucht und die Flutung des Dörfchens Altenburg in Erwägung gezogen. (Skizze: zVg | StaAG)

Die «Brugger Neujahrsblätter» sind die älteste Publikation im Bezirk Brugg. Seit 135 Jahren erscheinen sie zum Jahreswechsel. Sie sind das historische Gedächtnis der Region, denn sie zeichnen Jahr für Jahr die Geschehnisse in den Gemeinden des ­Bezirks auf. Zudem vermitteln kompetente Autorinnen und Autoren heimatkundlichen Lesestoff aus Vergangenheit und Gegenwart. Es werden regionale Themen aus Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft, Politik, Geschichte, Verkehr, Bildung, Natur und Literatur aufgegriffen. Die bereits erschienenen Ausgaben sind digital unter ­E-Periodica abrufbar.

Wieder eine Vernissage
Das ist ein immenser kultureller Schatz. Doch die Weiterexistenz dieses Kulturguts ist nicht sicher. Während früher die Vernissagen der «Neujahrsblätter»-Jahrgänge kulturelle Ereignisse waren, fehlte dieser Input in jüngerer Zeit. Nun macht es eine gemeinsame Aktion des Kiwanis Clubs Brugg und des Lions Clubs Brugg mit der Herausgeberin Effingermedien möglich, die Ausgabe 2025 der Bevölkerung wieder an einem öffentlichen Anlass vorzustellen.

Die Vernissage findet am Freitag, 13. Dezember, von 18 bis 19 Uhr im Rahmen des Weihnachtsschür-Programms des Kiwanis Clubs im Brugger Salzhaus statt. Der Buchautor und Publizist Peter Belart wird mit musikalischer Umrahmung den Inhalt des neuen Jahrgangs würdigen. Anschliessend offeriert der Lions Club einen Apéro. Die «Neujahrsblätter» sind druckfrisch für 28 Franken zu kaufen. Den Abend kann man bei Raclette in der Kiwanis-Beiz ausklingen lassen.

Natur, Schund und Kunst
In der Ausgabe 2025 behandeln 18 Autorinnen und Autoren 17 Themen. Vor 25 Jahren richtete der Sturm Lothar im Habsburgerwald enorme Schäden an. Aus der Katastrophe machte die Natur inzwischen eine Waldverjüngung mit Pionierbäumen und biologischer Vielfalt. – Im Mai 1965 verbrannte die Jugendorganisation Forum 63 im Brugger Schachen Berge von Schundliteratur. Die Aktion sorgte für nationales Aufsehen. – Seit 1984 ist das Zimmermannhaus Brugg die Adresse für zeitgenössische Kunst und für Kammermusik. Nach dem Auszug der Stadtbibliothek sind neue Nutzungsmöglichkeiten im Gespräch.

Roland Reisewitz führt in der Brugger Altstadt ein Leben zwischen Kunst und Nomadentum. Ein Porträt stellt ihn vor. – Im Zweiten Weltkriegs suchten Militärangehörige verschiedener Nationen Zuflucht in der Schweiz. Internierte waren auch auf dem Bözberg, im Schenkenbergertal und in Gebenstorf untergebracht. Das Zusammenleben gestaltete sich vielschichtig. – In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai dieses Jahres waren in unserer Region Polarlichter von seltener Leuchtkraft zu sehen. Auf dem Bözberg entstanden magische Fotos.

Bedeutende Institutionen
Die Bezirksschule Schinznach feiert dieses Jahr ihr 150-jähriges Bestehen. Sie ist der zentrale Bildungsort für das Schenkenbergertal. Aber nicht mehr lang. Weil sie nach dem «Absprung» von Villnachern zu Brugg die Mindestschülerzahl nicht mehr erreicht, wird sie 2028/2029 aufgelöst. – Brugg besitzt ein Zeugnis der Eisenbahngeschichte: den Bahnpark. Er ­dokumentiert die Entstehung des Eisenbahnknotenpunkts Brugg seit 1856. – 1968 wurde in Villigen das Schweizerische Institut für Nuklearforschung gegründet (SIN). In den «Neujahrsblättern» steht, wie das Institut zur Weltspitze gelangte.

Die Windischerin Margrit Fuchs half Notleidenden in Ruanda. Ihr Hilfswerk funktioniert seit ihrem Tod im Jahr 2007 weiter. – Im Kurort Bad Schinznach bestand neben dem mondänen Kurbetrieb mehr als 200 Jahre lang ein Armenbad. Daraus entwickelte sich die Klinik Aarreha für Rehabilitation. 

Brugg am See?
Vor 75 Jahren begann der Bau des ­Aarekraftwerks Wildegg-Brugg. Ihm gingen jahrzehntelange Studien mit tollkühnen Ideen voraus, wie eine Staumauer in der Brugger Aare­schlucht und ein 4,5 Quadratkilometer grosser Stausee, in dem halb Altenburg versunken wäre. – Die Brugger Maler Adolf Stäbli und Otto Frölicher liessen sich im 19. Jahrhundert in der Kunstmetropole München nieder und trafen sich gern im Emmeringer Hölz bei Fürstenfeldbruck. Dort brachten Freunde an einer Eiche eine Gedenktafel an. Nach langer Zeit wurde die «Fröhlicher Eiche» wieder ausfindig gemacht; aber ein Unwetter setzte ihr 2011 zu. 

Sie haben gebaut, gelehrt und geschützt: Zu den verstorbenen lokalen Persönlichkeiten dieses Jahres gehören der Architekt Hannes Keller, die Dorfschullehrer Reinhard Vogt, Max Rudolf und Alban Burkhardt sowie der Biologe Heiner Keller. – Das Kapitel «Der Bezirk Brugg vor 100 Jahren» ist wiederum Bestandteil der nächsten «Neujahrsblätter»-Ausgabe. Und den Abschluss macht wie immer die Jahreschronik, das historische Gedächtnis unserer Region.