Ein Defizit wurde erwartet – aber so hoch?

3,4 Millionen Franken Defizit: Das ist der Wettinger Rechnungsabschluss für 2024. ­Budgetiert war eine schwarze Null.
Sie haben ein letztes Mal eine Wettinger Gemeinderechnung präsentiert: Martin Frey (links), Leiter der Finanzabteilung, geht im Sommer in Pension. Vizeammann Markus Maibach, Ressortvorsteher Finanzen, tritt im Herbst nicht mehr zur Wiederwahl an. (Bild: bkr)

Vor einem Defizit für das Rechnungsjahr 2024 hatte Markus Maibach, Wettinger Vizeammann und Vorsteher Finanzen, angesichts geringerer Steuereingänge bereits im Dezember gewarnt. «Die Zahlen haben sich leider bestätigt», sagt Maibach. 1,75 Millionen Franken fehlen im Vergleich zum Budget in der Steuerkasse. Auslöser sind nicht die Einkommens- und Vermögenssteuern. Diese sind stabil, wenn auch etwas zu hoch budgetiert. Hauptgrund sind die Gewinnsteuern juristischer Personen. Sie sind regelrecht eingebrochen. Von rund 5 Millionen Franken 2023 auf 3,3 Millionen Franken. Budgetiert wurde mit 4,8 Millionen Franken. Dazu Martin Frey, Leiter der Finanzabteilung: «Gewinnsteuern sind nicht genau einschätzbar – die Schwankungen sind gross.» Maibach erinnert an die Struktur der Wettinger Wirtschaft mit ihren vielen kleineren Betrieben und nur wenigen grösseren Unternehmungen.

Controlling im Griff
Die Einnahmen sind das eine, die Ausgaben das andere. «Hier haben wir eine Kumulation verschiedener Negativfaktoren, die gegenüber dem Budget zu Mehrkosten führen», sagt Maibach. Und er erinnert daran, dass nur 16 Prozent der Ausgaben durch den Gemeinderat beeinflussbar seien. «Dort, wo es Stellschrauben gibt, die Gemeinde Einfluss nehmen kann, haben wir das gespart, was sich sparen liess – und das Controlling dafür im Griff.» Bauchweh macht aber der sogenannte Transferaufwand. Das sind Zahlungen in kantonale Ausgleichstöpfe und für Leistungen, die Dritte erbringen. Ein Paradebeispiel dafür sind die Pflegekosten. Für deren Finanzierung waren letztes Jahr 1,1 Millionen Franken mehr nötig als im Voranschlag angenommen. Laut Maibach ergibt sich bei den Pflegekosten innert acht Jahren eine Kostensteigerung, die 8 Steuerprozent entspricht. Für 2024 stieg der gesamte Transferaufwand um 2 Steuerprozent. Auf der anderen Seite haben sich bei den beeinflussbaren Ausgaben Einsparungen ergeben. Allerdings sind nicht alle gewollt. Beim Gemeindepersonal haben Vakanzen – Folgen des Fachkräftemangels – zu Minderausgaben von 853 000 Franken geführt.

Investitionen
Für 2024 waren in der Investitionsrechnung 12,4 Millionen Franken berücksichtigt, die um rund 1,9 Millionen Franken unterschritten wurden. Das Rechnungsdefizit hat die Selbstfinanzierung, also die Finanzierung durch eigene Gelder, massiv geschmälert, was letztlich zu einem Finanzierungsfehlbetrag von über 6 Millionen Franken führt. Oder mit anderen Worten: Der Selbstfinanzierungsgrad sank auf 41 Prozent. Diese Kennzahl sei zu relativieren, sagt Maibach. In den Investitionen ist der Kauf der Liegenschaft Kraftwerkstrasse enthalten. Diese umfasst zwölf Reihenhäuser, die für 4,75 Millionen Franken dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich abgekauft wurden. Die Häuser werfen Mieterträge ab und dürften in den nächsten Jahren an Wert gewinnen. Ohne diesen Kauf hätte der Selbstfinanzierungsgrad 75 Prozent betragen.

4952 Franken Schulden pro Kopf
Trotz aller Unbill sank die Nettoschuld pro Einwohnerin und Einwohner von 5268 auf 4952 Franken. Die Gründe? Unter anderem zahlte die Tägi AG zwei Darlehen zurück. Bei einem Richtwert des Kantons von 2500 Franken sind das dennoch astronomische Sphären. Dazu Martin Frey: «Die Gemeinde besitzt Beteiligungen wie jene an der Wettingen Energie AG. Die Reserven dieses Unternehmens sind in der Bilanz der Gemeinde nicht enthalten. Wären sie das, würde die Pro-Kopf-Schuld auf 1822 Franken sinken.»
Das Gesamtfazit? Markus Maibach: «Dieser Rechnungsabschluss bringt eine Verschärfung der finanziell angespannten Situation. Und das strukturelle Problem der ungenügenden Selbstfinanzierung bleibt bestehen.»