Viele Punkte sprechen für eine Fusion

Noch mehr Zusammenarbeit statt Zusammenschluss behindere die direktdemokratische Mitwirkung, sagen ehemalige Politgrössen.
Elf ehemalige Lengnauer Politikerinnen und Politiker treten für eine Fusion der Gemeinden Lengnau, Endigen, Schneisingen und Tegerfelden zur Gemeinde Surbtal ein und haben sich in einem Pro-Komitee zusammengeschlossenBild: bkr

Lengnau – Der Gemeinderat Lengnau hat sich gegen einen Zusammenschluss mit Endigen, Schneisingen und Tegerfelden ausgesprochen. Er empfiehlt seinen Stimmbürgerinnen und -bürgern ein Nein zum Fusionsvertrag. Kritisiert wird, dass der Schlussbericht der Fusionsprüfung einseitig auf einen Zusammenschluss ausgerichtet sei. Im Finanzplan für die neue Gemeinde Surbtal sieht man den Fehler, dass in ihm zwei Grossprojekte nicht zu finden seien. Hinzu kommt: Verschiedene Gebühren sind heute in Lengnau tiefer, als sie nach einem Zusammenschluss sein würden. Man wolle – so der Gemeinderat – Lengnau keinen unnötigen Risiken aussetzen und die bereits bestehende Zusammenarbeit mit Gemeinden weiterführen und ausbauen.

Argumente für eine Fusion
Ein inzwischen gebildetes Pro-Komitee sieht das anders und stellt sich der Empfehlung des Gemeinderats mit einer Vielzahl von Argumenten für eine Fusion entgegen. Die Namen der ehemaligen Politikerinnen und Politiker, die sich für einen Zusammenschluss engagieren, sind illuster. In alphabetischer Reihenfolge und mit der früheren Funktion: Astrid Andermatt, SP-Grossrätin, Dave Burgherr, SP-Grossrat, Vizeammann Marcel ­Elsässer (SP) und Frau Vizeammann Rita Hanselmann (FDP). Weiter die Gemeinderätinnen Andrea Huser (Mitte), Hanni Jetzer (FDP) und Erika Müller (Mitte), die einst auch dem Grossen Rat angehört hat. Josef Müller präsidierte für die SVP die Schulpflege und ist aktuell Präsident der Sportvereine Lengnau. Stefan Müller amtete als SVP-Gemeinderat. Grossrat Kurt Schmid (Mitte) war viele Jahre Gemeindeammann und Barbara Thumann (Mitte) Gemeinderätin.

«Wir kennen die Strukturen»
Josef Müller sagte an einer Medienorientierung am 26. März: «Durch unsere Erfahrungen an vorderster Front kennen wir das Tal, die Gemeinde Lengnau und die Strukturen aus erster Hand.» Man habe Jahrzehnte daran gearbeitet, dass sich die Region verbinde, und das mit grossem Erfolg. «Schert die Gemeinde Lengnau aus, fällt die Region zurück», sagt Josef Müller. Dass der Lengnauer Gemeinderat die Fusion zur Ablehnung empfiehlt, überrascht Kurt Schmid sehr. Kurt Schmid ist von Berufs wegen ein Kenner der Aargauer Gemeindelandschaft. Er sagt: «Es ist einmalig, dass vier Gemeinden aus einer Position der Stärke fusionieren. Es gibt keine Gewinner und Verlierer.»

Angesetzter Steuerfuss zu hoch
Zu den Finanzen, zur Höhe des Steuerfusses einer Gemeinde Surbtal, sagte Kurt Schmid, dass die genannten 108 Prozent aus Sicht des Pro-Komitees zu hoch gegriffen seien. «Alle vier Gemeinden weisen für 2024 einen Rechnungsüberschuss von mehreren Steuerprozent aus.» Der im Fusionsvertrag fixierte Steuerfuss könnte 2027 mit dem ersten Budget der neuen Gemeinde nach unten korrigiert werden. Ein anderer wichtiger Punkt, der für eine Fusion spreche, sei die demografische Entwicklung. Zitiert wird in diesem Zusammenhang die Zürcher Regierungsrätin Carmen Walker Späh: «Die Schweiz ergraut noch schneller, als wir denken.» Diese Entwicklung gehe weit über die Schaffung von Pflegeheimplätzen und Alterswohnungen hinaus und könne nur im Verbund gelöst werden. Negative Spuren hinterlässt die gesellschaftliche Entwicklung bei der Rekrutierung von Politikerinnen und Politikern sowie des Personals der Verwaltung (Fachkräftemangel). Eine Gemeinde mit mehr als 8000 Einwohnerinnen und Einwohnern biete ihren Mitarbeitenden attraktive Möglichkeiten zur Spezialisierung und gute Stellvertretungsregelungen, was sich positiv auf die Qualität der für die Bürgerinnen und Bürger erbrachten Dienstleistungen auswirke. Ausführlicher und mit weiteren Argumenten für eine Fusion wird sich das Pro-Komitee in den nächsten Tagen auf einer Homepage melden. Zum Schluss die Frage: Was spricht gegen eine verstärkte Zusammenarbeit unter den vier Gemeinden? «Eine solche führt zu einem bürokratischen Moloch, und die vielen Zusammenarbeitsverträge verhindern eine direktdemokratische Mitwirkung», heisst es im Argumentarium des Komitees.