Wärmendes Feuer in dunkler Zeit

In der Osternacht wird in Baden ein Osterfeuer entzündet. Für die Seelsorger Stefan Essig und Claudio Tomassini hat es eine besondere Bedeutung.
Die beiden Seelsorger Stefan Essig und Claudio Tomassini freuen sich auf das Osterfeuer auf dem Kirchplatz Baden. (Bild: vr)

Baden – Auf dem Kirchplatz in Baden stehen zwei Bagger hinter Bauzäunen. Claudio Tomassini und Stefan Essig stehen lachend davor. Die beiden Seelsorger freuen sich auf das Osterfeuer, das in wenigen Tagen hier zwischen Kirche und Sebastianskapelle lodert und knistert. «Man kann es nicht übersehen, egal von welcher Seite man kommt», sagt Claudio Tomassini. Zum Auftakt der Osternacht werden viele Menschen hier verweilen, bevor sie in die noch dunkle Stadtkirche gehen.
Wer Claudio Tomassini und Stefan ­Essig im Pfarrhaus am Kirchplatz ­besucht, trifft auf zwei Männer, die das Feuer lieben. «Es ist etwas sehr Archaisches. Für mich geht das Thema Feuer auch in die Kindheit zurück, als wir im Wald Feuer gemacht haben», sagt Stefan Essig. Beide Seelsorger sprechen von einer besonderen Stimmung, wenn Menschen um ein Feuer stehen. «Interessanterweise ist es immer still, die Leute schauen gedankenverloren in die Flammen», sagt Stefan Essig. Für Claudio Tomassini braucht es nicht viele Worte: «Feuer hat Kraft. Es muss richtig brennen, damit ein Funke überspringt.» Wie in der Osternacht vom Feuer zu den ­Kerzen.

Funke muss überspringen
Zu Beginn der Liturgie wird das Osterfeuer vor der Kirche entzündet. Im Kreis der Gemeinde entzünden dann die beiden Seelsorger die Osterkerze. Nach der Weihe wird die Osterkerze feierlich in die dunkle Kirche getragen. Dabei ertönt dreimal der Ruf «Lumen Christi» (Christus, das Licht). Gelingt es, mit diesem Feuer draussen vor der Kirche die Osterkerzen zu entzünden? Claudio Tomassini: «Es gibt diesen spannenden Moment: Wann springt der Funke über?» Dieser ­Augenblick sei ein unberechen­barer heiliger Moment.
Die Ministrantinnen und Minis­tranten übernehmen dann das Feuer – und damit das Licht – von der Osterkerze und verteilen es an die in den Bänken sitzenden Kirchenbesucherinnen und -besucher. Claudio Tomassini: «Es ist ein unbeschreiblich schöner Moment, wenn das Feuer jedem ­Menschen geschenkt wird.» Stefan Essig ergänzt: «Dieser Vorgang hat eine verwandelnde Kraft, so wie das Feuer selbst.» Es wird heller und heller, bis alle eine brennende kleine Osterkerze in der Hand halten. «Die Lichterfahrung ist einer der Hauptgründe, warum Menschen an die Osternacht in die Kirche kommen», weiss Stefan Essig.

Tröstendes Licht in dunkler Zeit
Claudio Tomassini sagt: «Das Feuer hat in der Nacht eine andere Wirkung. In der Dunkelheit ein Licht zu haben und zusammen zu sein, hat für viele eine Bedeutung.»
Die beiden Seelsorger wissen, wovon sie reden. «Durch die Krisen in der Welt haben die Menschen in den letzten Monaten die Dunkelheit als Herausforderung erlebt. Die Welt ist für viele noch dunkler geworden.» Für Stefan Essig gehört die Dunkelheit selbstverständlich zum Leben. Deshalb sei das österliche Licht so wichtig. Nicht nur an Ostern. «Auch in der Seelsorge begegne ich nach wie vor Menschen, die es nur schwer sehen können.»
Claudio Tomassini ist überzeugt: «Man kann immer über die Dunkelheit klagen, aber es benötigt Menschen, die im Dunkeln ein Feuer anzünden.»
Schwindet heute das Wissen darüber, warum wir Ostern feiern? Stefan ­Essig sagt: «Dass Jesus an Ostern auferstanden ist, wissen die meisten Schülerinnen und Schüler noch.» Claudio Tomassini findet diese Frage nicht relevant. «Der Mensch weiss in seiner Existenz genau, um was es hier geht. Gerade weil die heutige Zeit so intensiv ist.» Er glaubt, dass die Leute aufgrund der aktuellen Ereignisse sogar mehr sensibilisiert für das Osterthema seien. Stefan Essig resümiert: «Die Leute, die zum Ostergottesdienst kommen, machen das heute ganz bewusst.»

Osternachtfeier
Samstag, 19. April, 21 Uhr
Kirchplatz vor der Stadtkirche Baden