Zugkraft Stucki feiert grosses Jubiläum

Auf 50 Jahre Unternehmer­geschichte blicken die Stuckis zurück. Vom Spielwarenladen in Brugg zum Modelleisenbahnparadies in Vogelsang.
Edith und Martin Stucki vor einer Sonderanfertigung des Brugger Bahnhofs in ihrem Geschäft in Vogelsang. (Bild: sma)

Vogelsang – Es gebe viele Familienunternehmen, die 50, 80 oder sogar 100 Jahre alt seien, erzählt Martin Stucki in seinem Geschäft in Vogelsang. Aber 50 Jahre in einer Generation, das sei etwas Besonderes, gibt der leidenschaftliche Modelleisenbahner zu. Mit gerade einmal 24 Jahren eröffnete Martin Stucki im April 1975 in der Brugger Altstadt sein Spielwarengeschäft. Ein Jahr später konnte er seine Frau Edith überreden einzusteigen. «Und von da an war es vor allem sie, die das Geschäft geführt hat», berichtet Martin Stucki.
Für den einen ist es bis heute der Beruf, für den anderen das Hobby. ­Jeden Morgen um 7 Uhr betritt Martin Stucki sein Paradies, wie er es nennt. Seit seiner Pension vor neun Jahren kann sich der ehemalige Versicherungsverkäufer endlich Vollzeit mit Zugkraft Stucki beschäftigen. Die Faszination für die Eisenbahn entstand wie bei so vielen in Kinderjahren: «Ich war sehr oft am Bahnhof Brugg und habe diese wuchtigen grossen Züge studiert.»

Von der Hauptstrasse in den Neumarkt
1982 zog das Spielwarengeschäft in den Brugger Neumarkt, wo man bis zum Jahr 2000 viele Veränderungen in der Branche erlebte. Letztlich musste man vor der übermächtigen Konkurrenz von Coop und Migros die Segel streichen, die mit eigentlich ruinösen Lockvogelangeboten den Einzelhändlern das Leben schwer machten.
In Ennetbaden hatte das Ehepaar Stucki bereits im Jahr 1987 eine Liegenschaft erworben, die später zum Wohn- und Geschäftshaus wurde. «Im Jahr 2000 haben wir einen professionellen Webshopauftritt beschlossen», erzählt Martin Stucki. Weg von den Spielwaren, hin zur vollen Konzentration auf die Modelleisenbahn. Im Hinblick auf den Zeitraum zählten die Stuckis damit zu den Pionieren des Internetvertriebs. «Es war neu und hart», erzählt Martin Stucki im Rückblick. Aber über die Jahre entwickelte sich das Modell des «Cafés Intercity» an der Sonnenbergstrasse 5 zu einem Erfolg. Als offizieller Partnershop des deutschen Modelleisenbahnherstellers Märklin konnte man die Kunden weiterhin vor Ort ansprechen.
«2014 hatte ich die Möglichkeit, diese Liegenschaft hier in Vogelsang zu kaufen. Das ist mein Paradies, und ich gehe nach wie vor noch jeden Tag gern arbeiten», sagt der heute 75-Jährige.

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Das Ehepaar Stucki (Mitte) und sein Team 1995 in Brugg. (Bilder: zVg)

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Spielwaren im Wandel der Zeit

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Das erste Geschäft befand sich an der Hauptstrasse 26 in der Brugger Altstadt.

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Martin Stucki (rechts) beim 20-Jahr-Jubiläum in Brugg.

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Das Spielwarengeschäft im Neumarkt.

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Martin Stucki räumt in Brugg in die Regale ein.

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Eisenbahnfans begutachten die neue Anlage in Vogelsang.

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Das Geschäft in Ennetbaden.

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Zum letzten grossen Jubiläum wurde gleich ein ganzer Sonderzug gemietet.

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Geschenke zum Jubiläum
Auch wenn sich die Unternehmensgründung schon in dieser Woche jährt, ist der Jubiläumsanlass erst für den 16. und 17. Mai geplant. «Wir möchten das feiern, um unseren vielen Kunden zu zeigen, dass wir dankbar sind. Sie haben uns zu dem gemacht, was wir sind», gibt Martin ­Stucki Auskunft. Mit Musik, Speis und Trank möchte er die treuen Kunden «verwöhnen». Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, dass man vergünstigt im Modelleisenbahnshop einkaufen kann. Die Vorlaufzeit für das runde Jubiläum beschäftigte die Stuckis dabei etwas länger. «Wir haben einige Artikel bei Herstellern in Auftrag gegeben, die jetzt geliefert werden», erklärt Martin Stucki. Ebenfalls befinden sich im Shop selbst zahlreiche Sondermodelle, auf denen prominent «Zugkraft Stucki» prangt. «Viele Kunden werden von uns Geschenke erhalten, natürlich spuridentisch», verspricht der Modelleisenbahnfachmann.
Eine grosse Rede hat Martin ­Stucki nicht vorbereitet, dafür sind mehrere Artikel in Fachzeitschriften in Planung, von denen eine Sonderausführung den Kunden vor Ort überreicht werden soll. In 50 Jahren sammelt sich so einiges an Geschichte an, auch bezogen auf die treue Kundschaft. «Die Kunden werden mit uns zusammen alt», äussert sich Martin Stucki. Auf der einen Seite fehlt dadurch natürlich der Nachwuchs für das Hobby Modelleisenbahn, auf der anderen Seite hat ein älterer Kundenstamm seine Vorteile für ein Unternehmen: innere Ruhe, weniger Verpflichtungen, ein grösseres Portemonnaie und vor allem Platz.
Die aufwendigen Modellbauplatten im Geschäft Zugkraft Stucki lassen vermuten, dass man wohl nie genug Platz für dieses Hobby haben kann. Die Regale stellen einen sogar vor die Wahl, ob man bei der Tankstelle lieber auf Coop oder Migrol setzt – dabei fahren die Züge doch vollelektrisch.
Dass es sich fast durchweg um ein Männerhobby handelt, darüber ist sich das Ehepaar Stucki einig – 99 Prozent und ab und zu Mütter mit Kindern. Denn auch für die ganz Kleinen gibt es im Laden Plastikeisenbahnen ohne Antrieb und bedruckt mit bekannten Marken wie Batman.

Ganz der Geschäftsmann
Dass heute der Nachwuchs für die Modelleisenbahn fehlt, führt Martin Stucki vor allem auf die elek­tronischen Unterhaltungsgeräte und die Allgegenwart der Smartphones zurück: «Heute sind die traditionellen Spielzeuge bei Kindern und Jugend­lichen komplett out.»
Dabei hat die Digitalisierung bei der Modelleisenbahn bereits in den 1980er-Jahren seinen Anfang genommen. Die Steuersoftware kann selbst grosse Anlagen heute vollständig betreiben. Mithilfe von künstlicher Intelligenz könnte dann bei der Modelleisenbahn sogar ein Zug zu spät in den Bahnhof einfahren, wenn es der Algorithmus erlaubt.
Insgesamt halten sich die Sammler und diejenigen, die vor allem fahren und basteln wollen, die Waage. Als grosser Sammler sieht sich Martin Stucki selbst aber nicht. «Wenn ich ein schönes Modell habe und jemand es mir abschwatzen will, dann verkaufe ich es. Ich bin eher der Geschäftsmann», und verweist charmant auf die alte Unternehmerweisheit, dass man sich nicht selbst an der eigenen Ware bedienen solle, wenn man erfolgreich sein wolle. Es gebe aber sehr wohl besondere Modelle, von denen er sich nicht so schnell trennen würde.
Bei der Wahl zwischen grossen und kleinen Modellen für die standardisierten Schienen hat Martin Stucki eine klare Meinung: «Je grösser, desto besser. Das hat ausserdem mit der Vitalität zu tun, die Augen werden schwächer.» Tatsächlich eine Grundsatzfrage, denn während die Spurgrösse H0 auf ein Verhältnis von 1:87 setzt, ist es bei der Spur 1 ein Verhältnis von 1:32.

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In diesem Gebäude in Vogelsang befindet sich das Modelleisenbahnparadies. (Bilder: sma)

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Keine Modelleisenbahn ohne Miniaturwelt.

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Nächster Halt
Angesichts von 50 Jahren Unternehmergeschichte stellte sich natürlich die Frage nach der Zukunft von Zugkraft Stucki. Einer der Mitarbeiter hätte durchaus Interesse an dem Geschäft in Vogelsang, aber Martin Stucki zögert noch. «Ich möchte hier so lang tätig sein, wie es mir gut geht. Das ist auch im Interesse meiner Frau, dann bin ich nicht ständig zu Hause», erklärt er. Mangels eigener Kinder scheint die Nachfolgelösung nicht so dringend. Am Ende bleibe immer noch die Alternative, über einen langen Zeitraum einen Ausverkauf durchzuführen. «Wir haben keine Ambitionen, dass unser Geschäft der Nachwelt erhalten bleiben muss», sagt Martin Stucki. Und am Ende könne man sagen: Die Zeit war schön, aber alles hat ein Ende. Solange möchte Martin Stucki aber noch mit seinen Kunden und Lieferanten fachsimpeln. Und natürlich Mitte Mai an zwei Tagen das grosse Jubiläum ausgiebig feiern. «Es ist schon ein Geschäft für ‹ältere Kinder›, wir sind ja alle Kinder geblieben», beschreibt Martin Stucki noch einmal sein Paradies.