Spatenstich mit Champagner und Bagger

Baumgartner Weinbau lud ­etwas verspätet zum Spatenstich nach Tegerfelden. Der Neubau ist aber nicht die ­einzige positive Nachricht.
Bauen für den Nachwuchs. Ein Wortspiel auf dem Bagger darf nicht fehlen. (Bild: sma)

Tegerfelden – An der Dorfstrasse 37 sind seit neun Wochen die schweren Gerätschaften im Einsatz, wie die grosse Baugrube vor dem Sitz der Baumgartner Weinbau AG deutlich macht. «Erst einmal aufmachen und schauen, was herauskommt», eröffnete Lukas Baumgartner seine Ansprache am frühen Morgen mit einem Weinvergleich. 200 000 bis 250 000 Kilogramm Trauben möchte man mit dem neuen Weinkeller insgesamt verarbeiten. Darüber entsteht anschliessend ein neues Gebäude mit Show- und Büroräumen.
Bereits im Januar 2021 hatte man die Anforderungen für den Neubau definiert, es folgten eine Studie für das Ortsbild im Dorfkern und zahlreiche Treffen bis zur Einigung. Dadurch benötigte das Projekt volle vier Jahre bis zur Baubewilligung. Durchgeführt wird es vom örtlichen Architekturbüro Thomsen + Ludwig. Der Grossteil der Arbeiten findet dabei unter der Erde statt, und bis zum Herbst müssen die Arbeiten so weit abgeschlossen sein, dass die Anlieferung der neuen Trauben wieder problemlos möglich ist. Laut Lukas Baumgartner verdoppelt sich das Weinbauunternehmen bei den Lagerkapazitäten von Trauben und Wein­flaschen.

Drei Generationen stossen in der Baugruppe auf die Zukunft an. (Bild: sma)



Mehr als 50 Jahre Wein­geschichte
Bis zum Sommer 2026 sollen alle weiteren Baumassnahmen abgeschlossen sein. Im Erdgeschoss des Neubaus soll sich zukünftig der Verkaufs- und Degustationsraum befinden, während im Obergeschoss neue Büros entstehen. Derzeit arbeitet man noch im gemeinsamen Wohnraum des bestehenden Gebäudes. Trotz der geplanten Sitzgelegenheiten im Aussenbereich und der zusätzlichen Möglichkeiten soll hier kein Partyraum entstehen, die Räume sollen nur für Veranstaltungen in Verbindung mit einem Weinanlass genutzt werden.
Der Hauptgrund für den Neubau ist für Lukas Baumgartner ein freudiger, denn die drei Kinder von ihm und seiner Frau Sandra (beide 58) werden das Familienunternehmen in Zukunft fortführen. Noel (31), Danielle (29) und Michel (25) haben alle Ausbildungen als Winzer beziehungsweise in der Hotellerie und im Marketing. Zugleich können die Baumgartners in diesem Jahr ihr 50-Jahr-Jubiläum feiern. Auch wenn Lukas Baumgartner darauf verweist, dass sein Vater Alois (84) bereits 1965 als Hobby der Kelterei nachgegangen ist.

Der grösste Lohn
«Dass meine Kinder den Familienbetrieb fortführen, ist für mich der grösste Lohn, den ich haben kann», erzählt Lukas Baumgartner. Das Unternehmen sei mit seinen Gebäuden und Arbeiten so speziell, dass ein Verkauf nicht einfach gewesen wäre. «Ich habe schon mit meinem Vater zusammen geschafft und weiss, wie schön es sein kann», so Lukas Baumgartner weiter. Zudem müsse er so nicht mit 65 Jahren aufhören, sondern könne weiterarbeiten, und zwar dort, wo er gebraucht werde.
Aufgrund der Gründung einer AG im Jahr 2022 müssen Lukas und Sandra Baumgartner noch mindestens zwei Jahre die führende Kraft im Unternehmen bleiben. Die Diskussionen zu fünft seien aber schon jetzt eine Bereicherung.

Visualisierung des Neubaus an der Dorfstrasse. (Bild: zVg)


Das Jubiläumsjahr möchte man mit vielen kleinen Anlässen zelebrieren. Ein Event für treue Kunden, ein Nachtessen für Mitarbeitende, der weitere Fokus soll auf Nachhaltigkeit sowie soziale Projekte gelegt werden. So gehen etwa 5 Franken von jeder ­Jubiläumsflasche an eine Stiftung, die sich für Querschnittslähmung und Krankheiten wie ALS engagiert. Und auch die örtliche vierte Klasse soll im September vorbeikommen, um beim Traubenschneiden und bei der Verarbeitung zu helfen.
Bei der Bewirtschaftung der 13,5 Hektaren in Tegerfelden, Klingnau, Lengnau, Endingen und der ­Ennetbadener Goldwand spielt die Biodiversität eine wichtige Rolle: Kompostmiststreuer, das Nachhaltigkeitslabel «Fair and Green» oder auch neue, resistentere Rebsorten.
Die fünf Standorte sieht Lukas Baumgartner dabei als natürliche Versicherung gegen die häufiger auftretenden Wetterextreme. Lange Hitzeperioden in den Sommermonaten stellen insgesamt eine Herausforderung für den Weinbau dar, da sie den Reifeverlauf beschleunigen. «Dann haben wir viel Zucker in der Traube, das ergibt viel Alkohol, aber es fehlt etwas an Aromatik», so Lukas Baumgartner. Tatsächlich sei es heute in gewissen Jahren für Rebsorten wie den Riesling-Silvaner oder den Pinot gris zu warm. Ein Thema, das die nächste Generation der Baumgartners durchaus beschäftigen wird.
Derzeit beschäftigt sie aber vor allem der Neubau. «Die Zeit rennt», sagt Lukas Baumgartner, und so ging es kurz nach dem gemeinsamen Anstossen in der Baugrube weiter mit den Arbeiten.