Göläs Lied «Uf u dervo» kennen viele. Es ist die Titelmelodie für die gleichnamige Auswandererserie auf SRF1. Nur wenige kennen den Mann, der sie und den restlichen Soundtrack produziert hat. Martin Villiger steht als Filmkomponist im Hintergrund. Doch er hat eine wichtige Funktion: Er vermittelt mit seiner Musik Gefühle. Am Anfang eines Films stehen zwar die Bilder. Aber sie wären ohne Musik nur halb so spannend und ergreifend. «Musik ist die Seele des Films», ist Villiger überzeugt.
Ständig ist er auf der Suche nach neuen Klangbildern. Nimmt die Jodelstimme von Nadja Räss auf oder einen Akkordeonisten, der Tango spielt, Trommler, Geiger, aber auch Naturgeräusche und vieles mehr.
Auch die Schweizer TV-Serien «Hin und weg» sowie «Mittendrin» tragen seine musikalische Handschrift. Für eine Show von Salto Natale arrangierte er die gesamte Musik und stand mit seinem Orchester rund siebzig Abende live auf der Bühne. Gerade wurde die neue Serie «Hoch hinaus – die Schweiz über 3000 Meter» ausgestrahlt, deren Sound ebenfalls aus seiner Feder stammt. Dazu hat er zahlreiche Werbespots, Jingles und Firmenporträts vertont.
Mit Musik Grenzen überwinden
Weil Villiger selber mit allen Stilrichtungen vertraut ist und viele Musikerinnen und Musiker aus der ganzen Welt kennt, startete er dieses Jahr mit einer neuen Serie im Ennetraum Ennetbaden. Sie heisst «Culture Clash». «Clash» bedeutet auf Deutsch Zusammenstoss. Tatsächlich lässt Villiger pro Abend zwei Künstler unterschiedlichster Genres aufeinanderprallen. «Beide haben noch nie voneinander gehört. Jeder spielt zuerst eine halbe Stunde alleine. Dann fügen sie sich zu einer spontanen Session zusammen und gehen aufeinander ein», erklärt er. So geschehen am 9. September mit HipHop-Künstler Lord Cire und Sandro Friedrich, der über 300 Flöten aus der ganzen Welt beherrscht. Eine ungewöhnliche Kombination, die zu einem faszinierenden Konzerterlebnis geführt hat.
Martin Villiger möchte weitere Menschen und Kulturen für «Culture Clash» zusammenbringen. «Mit Musik kann man die Leute am besten vereinen und Grenzen überwinden», ist der 50-Jährige überzeugt. Deshalb geht die Serie im Ennetraum weiter. Die nächsten Termine sind noch offen.
Chopin mit verbundenen Augen
Martin Villiger ist in Schottland geboren. Mit zwölf Jahren spielte er bereits Chopin-Etüden auf dem Klavier. Damals lebte er mit seinen Schweizer Eltern in Israel, wo er bis zum 14. Lebensjahr blieb. Um die Dramatik seiner Auftritte zu erhöhen, verband er sich dazu die Augen. Heute muss er als vierfacher Familienvater über solche Faxen lachen. Er bezeichnet sich als ambivertiert, mit einem leichten Hang zur Egozentrik. «Meine Kids holen mich aber immer schnell wieder auf den Teppich», gesteht er und lacht.
Für Villiger war zwar schon als Jugendlicher klar, dass er Musik machen wollte. Dennoch schrieb sich zuerst für ein Jura-Studium ein. «Dann nahm ich mir eine Auszeit in Amerika und realisierte: Wenn ich meiner wahren Leidenschaft folgen und Musik machen will, muss ich alles auf eine Karte setzen.» Er absolvierte sein Studium an einer Jazzschule in Zürich. Und weil er sich stilistisch nicht festlegen wollte, kam ihm die vielschichtige Filmmusik entgegen.
Seine Frau, eine Sozialpädagogin, lernte er während der Musikerausbildung kennen. «Sie hat mir immer den Rücken gestärkt», sagt Villiger dankbar. Mittlerweile kann er mit seinem Job längst die Familie ernähren. Hat ein Studio in seinem Haus in Ennetbaden, wo er an seinem Computer, Keyboard oder Flügel spielt, bis ihm eine zündende Idee kommt. Manchmal nimmt er im Wald Geräusche auf und macht daraus Musik. Oder er kombiniert Elektronik mit echten Stimmen und Instrumenten.
Tonstudio bei Maybaum Film
Bei der Firma Maybaum Film im Merker-Areal besitzt er zusätzlich ein kleines Tonstudio. Wenn er über seine zukünftigen Projekte spricht, funkeln seine Augen. Einerseits möchte er seine Zusammenarbeit mit vier internationalen Komponisten intensivieren und noch mehr Soundtracks für Filme und Serien machen. Andererseits will sich Martin Villiger auch live etwas mehr in den Vordergrund wagen und Orchester dirigieren. «Ich liebe die Phasen eines kreativen Prozesses. Und es ist einfach wunderbar, mit Musik ganze Welten kreieren zu können. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich meinen absoluten Traumjob seit so vielen Jahren erfolgreich ausführen kann.»