Ein Chor, der Grenzen sprengt

Der Bäderfest-Flusscorso auf der Limmat wird von Chören besungen. Der grösste ist der WeltCHOR Baden mit über 140 Mitgliedern aus 20 Nationen.
Grosser Chor auf grosser Bühne: Der WeltCHOR bei einem Auftritt im Grossmünster Zürich. (Bild: zvg)

Es sind Menschen von hierzulande, aber auch aus Ungarn, Zimbabwe, Deutschland, England, Frankreich, Amerika, Indien, der Ukraine und vielen anderen Nationen der Welt, die im WeltCHOR Baden ihre Stimmen erklingen lassen. Gesungen werden Lieder aus ihrer Heimat, aber auch Schweizer Songs. Musikalisch sprengen die momentan rund siebzig aktiven Sängerinnen und Sänger sämt­liche territorialen Grenzen. Als soziales und vom Kanton unterstütztes Integrationsprojekt kommt dem WeltCHOR die wichtige Aufgabe zu, Leute aller Konvenienzen zu vereinen. Und wo ginge das besser als beim Singen?

Die Boote willkommen heissen
Vor sechs Jahren von Sabine Graser, der damaligen Leiterin der Fachstelle Integration Baden, gegründet, strahlte das multikulturelle Ensemble über die Kantonsgrenzen hinaus. Ein Grund für die Gestalter des Bäderfests, dieses Juwel in den Flusscorso miteinzubeziehen, welcher den Auftakt des dreitägigen Licht-, Wasser- und Klangspektakels macht. «Wir stehen auf der schiefen Brücke und heissen die Boote, welche die Limmat runterfahren, mit unseren Stimmen willkommen», sagt Vorstandsmitglied Yvonne Brogle. Sobald die Wasser­gefährte mit ihren selbst schon spektakulären Darbietungen vorbeifahren, werden sie auf der nächsten Brücke von einem neuen Chor besungen. So kommen auch das BaV (Badener Vokalensemble) und der Coro Sonoro zu einem Einsatz der sehr besonderen Art. «Wir singen alle akustisch, ohne Verstärker. Haben lediglich ein kleines Megaphon, müssen spontan auf das Geschehen eingehen und stark aufeinander hören. Der Fluss rauscht dazu», erklärt Brogle. Für das komplexe akustische Gesamterlebnis inklusive Opernsängerin auf dem Boot sorgt Musiker Andres Bosshard, der international als Klangkoryphäe gilt.

Yvonne Brogle und Andrea Koller. (Bild: ub)

Jeder ist willkommen
Das Aufnahmeverfahren beim WeltCHOR Baden ist niederschwellig. Mitsingen können alle, die daran Freude haben. Einen Aufnahmestopp gibt es lediglich vor den grossen Konzerten wie nun am Bäderfest. «Wir freuen uns aber, ab November wieder neue Sängerinnen und Sänger begrüssen zu dürfen», sagt Präsidentin Andrea Koller. Trotz des Laienstatus klingt der WeltChor Baden professionell. Das liegt an den beiden Berufsdirigenten Daniel Perez und Rainer Schneider-Waterberg, die ihn leiten. Perez wurde inzwischen eine Stelle als Kantor in Horgen angeboten. Dort gründet er jetzt seinen eigenen WeltCHOR. Hauptdirigent ist deshalb der gebürtige Namibianer Reiner Schneider-Waterberg, der neue afrikanische Einflüsse in den Chor einbringt.

Schwierige Zeiten überbrückt
Der WeltCHOR probt regelmässig im reformierten Kirchgemeindezentrum Baden. «Wir treffen uns aber auch zwischendurch», erzählt Brogle. Für viele Mitglieder, die vorerst fremd in der Schweiz waren, bedeutet die Mitgliedschaft eine wichtige Anlaufstelle, um erste Kontakte in ihrer neuen, noch unbekannten Heimat zu knüpfen. Die Corona-Zeit war deshalb gerade für sie besonders schwierig. «Wir haben versucht, die Situation mit Zoom-Treffen zu überbrücken. Zudem haben wir einen Newsletter gestaltet, in dem die verschiedenen Chormitglieder über ihre teilweise unglaublich spannende Biografie erzählen konnten», so Koller und Brogle.

Trommel aus Togo
Wegen seiner universellen und einzigartigen Ausstrahlung wurde der WeltCHOR Baden für den Flusscorso vom 28. Oktober gebucht, wo er von 19 bis 19.30 Uhr singt. Ausserdem ergriffen die Verantwortlichen die Gelegenheit, an diesem Fest mit einem eigenen Programm in der katholischen Kirche Ennetbaden (Sonntag, 15 Uhr) mit Musikern aus Namibia, Griechenland und der Ukraine aufzutreten. Auch ein Trommler aus Togo ist angesagt, der im Alltag auf den Schweizer Strassen das Magazin «Surprise» verkauft. Ebenso ein junger tibetischer Sänger, der ein Lied aus seinem Land vorträgt und vom WeltCHOR begleitet wird. «Für uns alle ein absolutes Novum», bekunden Brogle und Koller.