Baden und Kultur – untrennbar verknüpft

Der Verein «bagni popolari» läuft im «Bad zum Raben» zur Hochform auf und erhält den «sia-aargau-Preis 2022» für seine «Heissen Brunnen».
Die Gründungsmitglieder mit Präsident Andriu Deflorin (ganz rechts). (Bild: sim)

Genau wie das Bäderquartier selbst befindet sich auch das «Bad zum Raben» im Umbruch. Im September erst erwarb die neue Genossenschaft «Liegenschaft Bad zum Raben» das Badegeschoss des historischen Gast- und Badehauses von der Badener Eglin Immobilien AG. Um das benötigte Eigenkapital von 780 000 Franken aufbringen zu können, fanden sich in der rekordverdächtigen Zeit von nur sechs Wochen die benötigten 600 Genossenschafter; sie alle haben mindestens einen Anteilsschein für 1299 Franken erworben. Dieser Betrag entspricht nicht zufällig dem Jahr, in dem der «Rabe» zum ersten Mal schriftlich in einer Quelle erwähnt wird. Mit dem Kauf ist der Verein «bagni popolari», aus dem die Genossenschaft hervorgegangen ist, seinem Ziel einen Schritt näher gekommen, der Bevölkerung ein ­Thermalbad samt Kulturangeboten zugänglich zu machen.

Am 11. November wurde der Verein in Muri für sein Projekt «Heisse Brunnen» mit dem «sia-aargau-Preis 2022» ausgezeichnet. «bagni popolari» habe massgeblich dazu beigetragen, dass der Stadt Baden die Verwandlung von der Industriestadt zurück zur Bäderstadt gelungen sei, sagte Präsident Lukas Zumsteg in seiner Würdigung. «Das ist natürlich eine sehr schöne Anerkennung für unsere Arbeit», freut sich Andriu Deflorin, Gründungsmitglied der Genossenschaft «Liegenschaft Bad zum Raben» und Gründungsmitglied des Vereins «bagni popolari» über den Preis.

Eine Gruppe Badewütiger
«Es ist wohl weltweit relativ selten, dass so viele Leute ein Thermalbad gemeinsam besitzen», mutmasst Deflorin. Ursprünglich war es bloss eine Handvoll Badefans, die nach der Schliessung des alten Thermalbads in Baden 2012 begann, in der Stadt «Guerilla-Badeaktionen» durchzuführen. «Wir haben immer am Abend an der Limmatpromenade kleine ‹Bäder› improvisiert, gebadet und am nächsten Morgen alles wieder verschwinden lassen», erinnert sich Deflorin. In einem nächsten Schritt wurden die Badeaktionen in einen offizielleren Rahmen gegossen: 2017 wurde der Verein «bagni popolari» ins Leben gerufen. Es folgten langlebigere Bade­installationen mit kulturellem Rahmenprogramm, unter anderem anlässlich des «Fantoche»-Festivals. Später baute der Verein verschiedene Holzbecken und Badewannen im Bäderquartier auf, die während der Bauarbeiten dort teilweise monatelang Bestand hatten. «Das alles waren wichtige Lernfelder für uns», erläutert Deflorin, denn bald schon war den Gründungsmitgliedern des Vereins klar geworden, dass nur eine permanente, öffentliche Badeinstallation das Ziel ihrer Arbeit sein könne.

Ein Bad für die Bevölkerung
Fortan setzte sich der stetig wachsende Verein unermüdlich dafür ein, seine Vision der «Heissen Brunnen» in Baden und Ennetbaden im Zuge des Umbaus des Bäderquartiers Realität werden zu lassen. Inzwischen sind die Brunnen seit fast genau einem Jahr in Betrieb, und mittlerweile gibt es kaum noch Zeiten, in denen sich nicht wenigstens eine Handvoll Badegäste in den Brunnen entspannt.

Letztes Jahr nun bot die Eglin Immobilien AG dem Verein das Bade­geschoss des «Raben» zum Kauf an. «Dieses einmalige Angebot konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen», so Deflorin, «wann hat man schliesslich die Chance, ein Thermalbad samt zugehörigem Anteil an der Quellschüttung einer Thermalquelle zu erwerben?» So wurde aus dem Verein der «Bade-Guerillas» eine Genossenschaft.

Zweite Etappe steht bevor
Mit dem Kauf des Badegeschosses – über dem sich heute Privatwohnungen befinden – ist allerdings nur der erste Schritt getan. Nun soll das Bad in einer zweiten Phase renoviert und umgebaut werden. Dafür werden, Schätzungen der Genossenschaft zufolge, weitere 1,3 Millionen Franken benötigt, weshalb man weiterhin auf der Suche nach «Raben»-Genossenschaftern ist. Trotz seines immensen Alters, ist das «Bad zum Raben» nicht denkmalgeschützt, da aufgrund vergangener Renovationen fast keine originale Bausubstanz mehr vorhanden ist. Abgesehen von baustatischen Restriktionen und betrieblichen Anforderungen ist man bei der Neugestaltung des Thermalbads deshalb relativ frei.

Um Ideen für den Umbau zu erhalten, setzt die Genossenschaft einerseits auf Inputs ihrer Genossenschafterinnen und Genossenschafter sowie der Bevölkerung. Andererseits werden während der Zwischennutzung bis zur geplanten Wiedereröffnung 2025 Erfahrungen gesammelt, wie ein optimaler Betrieb des Bads aussehen könnte. Andriu Deflorin deutet auf die Einrichtung im neuen Eingangs­bereich des «Raben»: «Was man hier sieht, ist fast alles noch provisorisch. Wir werden verschiedene Dinge ausprobieren und versuchen, die besten Lösungen zu finden.»

«form – fluid»
Diesem Zweck dient ultimativ auch die fünfteilige Ausstellungsreihe «form – fluid», deren zweiter Zyklus zum Thema «Spielen» aktuell im «Bad zum Raben» zu erleben ist. Dabei kann man Werke von Arunà Cane­vascini, Danaé Clozza und Samuel Patthey bestaunen, während man ganz entspannt im heissen Thermalwasser liegt. «Es sind ganz andere Arbeiten als noch im ersten Zyklus zum Thema ‹Körper› zu sehen», verrät Deflorin. Die Ausstellungsreihe läuft noch bis zum Frühling. Weiter Informationen sind unter rabenbaden.ch oder bagnopopolare.ch zu finden.