Ein Adventsspiel, von Liedern umrahmt

Die Wettinger Sternsinger haben vor bald 75 Jahren einen Brauch wieder aufleben lassen, der die Weihnachts­geschichte erzählt.
Wettinger Sternsinger: Sie bringen im Advent Licht und Glanz. (Bild: zvg)

Dass in der Kirche St. Sebastian gesungen wird, ist an sich nichts Ungewöhnliches. Doch beim Chor, der sich an diesem verschneiten Abend einsingt, handelt es sich um die Wettinger Sternsinger, die am 10. Dezember ihre Hauptprobe haben.

Die Anfänge des traditionsreichen Weihnachtssingspiels gehen bis ins 14. Jahrhundert zurück, als das Stern- oder Ansingen ein verbreiteter Brauch war. Vor bald 75 Jahren wurde dieser durch die Jungwacht Wettingen wiederbelebt und ist längst zu einem festen kulturellen Bestandteil der Advents- und Weihnachtszeit geworden.

Theater und Weihnachtsgesang
Am vierten Advent zieht der Chor, in dem mehrere Generationen vertreten sind, singend mit Kerzen von der katholischen zur reformierten Kirche, hält einen Rundgang durchs alte Dorf und verbreitet das Geheimnis von Weihnachten.

An der Hauptprobe der Wettinger Sternsinger geht es konzentriert, doch familiär zu und her. Unter der Leitung von Heidi Büchi, die auch Regie führt, fanden seit Ende Oktober sechs Proben statt. Abwechslungsweise werden Weihnachtslieder und gesprochener Text vorgetragen. Die Wettinger Sternsinger haben vier verschiedene, je 30-minütige Versionen des Singspiels in ihrem Repertoire, die alle von unterschiedlichen Autorinnen und Komponisten stammen und sich stark voneinander unterscheiden. Alternierend kommt jede Weihnachtssaison eine andere Version zur Aufführung. So wird die Weihnachtsgeschichte von den Sternsingern in unterschiedlichen Fassungen, die nach und nach hinzukamen, aufgeführt. Das älteste Spiel ist auf Mundart gehalten und wurde 1948 von Oskar Eberle verfasst. Silja Walter, Benediktinerin aus dem Kloster Fahr, komponierte 1954 eine neue Version auf Hochdeutsch. Es folgten zwei weitere, ebenfalls hochdeutsche Versionen des Weihnachtsspiels – 1979 von Fritz Senft und 1998 von Suzanne Rohr, welche dieses Jahr aufgeführt wird. Eine fünfte Version ist für das 75-Jahre-Jubiläum 2023 in Planung.

Maria (Barbara Hitz) und Josef (Markus Brunner), der Weihnachtsstern (Daniel Strebel) und König Melchior (Adrian Flück) bei der Hauptprobe. (Bild: cd)

Seit dreissig Jahren «Josef»
Die Weihnachtsgeschichte wird dabei jeweils aus der Perspektive der entsprechenden Hauptfiguren beleuchtet. Einige tragende Rollen stellen freilich Konstanten dar, die nicht wegzudenken sind. Die Figuren Maria und Josef, die Hirten und die drei Könige gehören dazu.

Die Könige sind an der Hauptprobe bereits in prächtige Kostüme gewandet, auf König Kaspars Haupt schimmert eine Krone. Maria und Josef – mit seinem schlichten Wanderstock – kommen bescheiden daher. Josef, verkörpert von Markus Brunner, dem Präsidenten der Vereinigung Wettinger Sternsinger, ist schon seit Jahrzehnten bei den Sternsingern aktiv. «Und seit dreissig Jahren Josef», fügt er an. Auch der «Weihnachtsstern» (Daniel Strebel), der in diesem Jahr als Haupterzähler fungiert, trug schon manches Jahr den bunten Stern vor sich her.

König Melchior (Adrian Flück) fing vor 40 Jahren als Hirtenbub bei den Sternsingern an und übernahm dann zusammen mit Matthias Laube die Rolle des Königsbegleiters. Auch König Kaspar (Matthias Laube) ist seit 34 Jahren ein begeisterter Aktiver. Maria (Barbara Hitz) blickt auf eine bald 20 Jahre dauernde Erfahrungszeit zurück: Sie begann einst im Chor und übernahm dann gewisse Rollen in den Stücken. Auch der dritte König, Balthasar (Lucas Brauer, an der Hauptprobe abwesend), ist ein treuer Darsteller. Dass man an den Vorstellungen mitwirkt, ist für viele bereits zu einer persönlichen Weihnachtstradition geworden. «Wir haben immer auch einige Kinder, die mitsingen», sagt Präsident Markus Brunner: «Ganze Familien wirken bei uns mit, die Kinder wachsen damit auf und bleiben auch als Erwachsene den Sternsingern erhalten und geben es wiederum an ihre Kinder weiter.» Der generationenübergreifende Chor wird am kommenden Adventswochenende in Wettingen einmal mehr die frohe Weihnachtsbotschaft verkünden.