«Als wären wir Frauen nichts wert»

Freschta Akbarzadas Mutter flüchtete aus Afghanistan in die Schweiz. In ihrer neuen Single «Watan» verarbeitet die 26-Jährige dieses Trauma.
Freschta Akbarzada träumt von einer Reise ins Land ihrer Wurzeln. (Bild: Archiv)

Kurz vor Weihnachten sorgte eine Nachricht aus Afghanistan weltweit für Empörung: Frauen dürfen dort künftig keine Universität mehr besuchen. Auch Sängerin Freschta Akbarzada, deren Mutter einst aus Afghanistan in die Schweiz geflüchtet war, ist entsetzt: «Das ist für mich unvorstellbar, ich habe keine Worte dafür und kann es nicht verstehen. Als wären wir Frauen nichts wert», sagt sie im Gespräch mit der «Rundschau».

Dass fast zeitgleich mit Inkraft­treten dieses Verbots ihre neue Single erschien, ist reiner Zufall: «Watan» ist Persisch und bedeutet Heimat. Ein Wort, das aber viel mehr als nur eine geografische und kulturelle Zuordnung umfasse, wie sie betont: «Watan ist Grundlage menschlichen Seins und zugleich Sehnsuchtsort.»

Im Song greift die 26-Jährige die Erfahrungen ihrer Mutter auf, die vor Jahrzehnten wegen des Kriegs und wegen ihrer Stellung als Frau unter der Herrschaft der Taliban aus Afghanistan fliehen musste. «Mit dem Song möchte ich meinem familiären Trauma musikalisch einen Raum geben und diesem Trauma zugleich die tiefgründige Kraft der Hoffnung entgegenstellen», erklärt Freschta.

Erzählungen ihrer Mutter
Sie selbst ist 1996 in der Schweiz geboren und in Neuenhof und später in Turgi aufgewachsen. Seit zwei Jahren lebt sie in Obersiggenthal. Ist die Schweiz ihre Heimat? «Ja, aber nicht meine einzige – ich fühle mich als afghanische Schweizerin», betont die Sängerin, die 2019 durch ihre Teilnahme am Castingformat «The Voice of Germany» im ganzen deutschsprachigen Raum bekannt wurde.

Im ersten Teil des Songs beschreibt Freschta die Geschichte ihrer Mutter. «Als ich Kind war, erzählte sie mir immer wieder, wie schön und frei es in Afghanistan einst war», erinnert sich die Musikerin. Allerdings war Freschta noch nie im Land ihrer Wurzeln. Das belaste sie sehr, gesteht die 26-Jährige: «Da mein Grossvater vor rund anderthalb Jahren verstorben ist, habe ich aktuell keinen Kontakt mehr nach Afghanistan.» Im Lied singt sie: «Irgendwann lauf ich durch deine Strassen, lass alles hinter mir.»

Hoffnung gibt Kraft
Im zweiten Teil des Songs geht es um die nächste Generation, in welcher der Verlust der Eltern weiterlebt – also auch um sie selbst. «Dabei stelle ich mir meine Zukunft vor; wie ich eines Tages nach Afghanistan reise und am Ende dieser Geschichte hoffentlich ein glückliches Ende auf mich wartet», erzählt Freschta. Und: Auch in «Watan» geht es um Hoffnung, wie die Sängerin erklärt: «Mit dem Refrain möchte ich die Hoffnung feiern, die auch in ausweglos scheinenden Situationen Mut macht, Kraft gibt und die Sehnsucht aller Menschen verbindet», erklärt sie. Auch in der aktuellen Situation hofft sie, dass die Menschen in Afghanistan einst wieder freier sein können. «Ich schöpfe Hoffnung aus den Protesten der jungen Afghaninnen und Afghanen, die aktuell stattfinden. Sie riskieren dabei ihr Leben. Ich hoffe, dass wir alle gemeinsam etwas erreichen können, indem wir auf dieses Thema aufmerksam machen.»