Auf die Gleichstellung gemünzt

Die Werkeingabe von Deuxschwo wurde für «Equalities» kuratiert. Für die Reali- sierung des Projekts zählt nun jeder Fünfräppler.
Das Künstlerinnenduo hat sich gegen starke Konkurrenz durchgesetzt: Natalie Frick und Franziska Venrath. (Bild: zvg)

Die Deuxschwo-Schwestern Natalie Frick und Franziska Venrath sind euphorischer Stimmung. Mitte Dezember erhielten sie nämlich die Nachricht, dass ihre Werkidee «Female justice for all» die Jury in Bezug auf Idee, Konzeption und Botschaft überzeugt hat. Das Künstlerinnenduo war der öffentlichen Ausschreibung von «Advance», einer führenden Zürcher Non-Profit-Organisation für Geschlechtergleichstellung, gefolgt, die für das Projekt mit dem Kunstnetzwerk WOM!-art zusammenarbeitet. Die sechsköpfige Jury hatte professionell arbeitenden und bildenden Künstlerinnen und Künstlern die Aufgabe gestellt, sich mit dem Thema «Equalities» zu befassen. Das Projekt verfolgt das Ziel, den gesellschaftlichen Gleichstellungsdiskurs anzuregen und diesen mit Fakten zu flankieren. Dabei soll das Thema auf einer zwei Meter hohen, vorgefertigten Skultpur, der «Advancine», die allen Kunstschaffenden als Vorgabe dient, Ausdruck finden. Die Ergebnisse dieser künstlerischen Auseinandersetzungen mit dem gewichtigen gesellschaftlichen Thema werden an der Vernissage vom 8. März in der grossen Halle am Zürcher Hauptbahnhof ausgestellt. Die Halle gilt als meistfrequentierter Ort der Schweiz, den täglich bis zu fünfhunderttausend Personen queren.

Die Schwestern Franziska Venrath und Natalie Frick tüfteln mit Fünferli im Atelier. (Bild: zvg)

Kernbotschaft in Münzen
Bis zum 22. März wird «Female justice for all» von Deuxschwo als eines von insgesamt dreissig Kunstwerken ausgestellt. Die verschiedenen «Advancines» sollen unterschiedliche Perspektiven auf die Themen Gleichstellung, Gleichwertigkeit und Diversität einnehmen, die Gesellschaft sensibilisieren und zu einem positiven Kulturwandel beitragen, so das Ansinnen der «Advancine»-Initiative.

Die Idee, mit der Frick und Venrath ihre Kernbotschaft vermitteln wollen, kam ihnen, als sie sich die Schweizer Umlaufmünzen einmal genauer ansahen. Der Wert der Frau und ihre Stellung in der Gesellschaft werden auch in numismatischer Hinsicht abgebildet, fiel den Künstlerinnen auf. Denn auf die kleinsten Münzen bis hin zum Zwanzigrappenstück ist die Libertas eingeprägt, die Fünfzigräppler sowie die Ein- und Zweifränkler zeigen die Helvetia. Auf dem Fünfliber ist seit 1922 ein Männerkopf abgebildet, ein Alphirte in einem Sennenchutteli, den viele fälschlicherweise für den Nationalhelden Wilhelm Tell halten. «Viele emsige, schlecht bezahlte Frauen unten, wenige gewichtige Männer oben», stellt das Kreativduo fest.

Das zeige sich auch in der Tatsache, dass 75 Prozent aller Führungspositionen von Männern besetzt seien, so die Künstlerinnen zu den Fakten. «Um das zu verbildlichen und deutlich zu machen, kehren wir diese Realität in unserer Skulpturgestaltung aber um», erklärt Frick das Kunstkonzept. «Unsere ‹Advancine› soll ein glänzendes Münzenkleid tragen», sagen die Schwestern. «Von unten nach oben sind jedoch 75 Prozent der Skulptur mit der kleinsten Schweizer Münze, dem Fünfrappenstück, verziert: Hunderte kleine, goldenen Münzen und auf jeder einzelnen repräsentiert die Libertas die Frauen in der Arbeitswelt», sagt Frick. «Bis zu den Schultern wird unsere «Advancine»-Figur von weiblich geprägten Münzen bekleidet und zeigt zudem die vielen minderbezahlten Stellen auf», führt Frick aus.

Auch die nach wie vor bestehende Lohnungleichheit und die noch immer sklerotische Struktur der Arbeitswelt, in der es für Frauen schwierig ist, in Kaderpositionen zu gelangen, werde auf der «Advancine» des Deuxschwo-Duos abgebildet. «Die oberen 25 Prozent werden von den grössten und schwersten Schweizer Münzen bedeckt, von Fünffrankenstücken mit einem Münzbild, das mit dem Tell assoziiert wird», ergänzt Venrath. Die vielen gut- und überbezahlten Führungspositionen am Haupt der Skulptur scheinen unverrückbar in Männerhand und zu Männerköpfen zu gehören.

Die Vorlage der «Advancine». (Bild: zvg)

«Jeder Fünfräppler zählt»
Die Schwestern haben sich bereits ans Werk gemacht, tüfteln und probieren aus, wie die Fünfräppler am besten auf der vorgegebenen, mattweiss lackierten «Advancine» aus Kunstharz angeheftet werden können und dauerhaft halten. Für die Realisierung ihres Werks bleiben ihnen nur wenige Wochen – Ende Februar muss die Figur fertig sein. «Bis dahin müssen die 23 000 benötigten Fünfräppler aufgetrieben und angebracht werden», erzählt die 54-jährige Frick, die in Untersiggenthal wohnt. Bei der handwerklichen Umsetzung erhalten sie und ihre zweite Hälfte, wie sie ihre drei Jahre ältere Schwester bezeichnet, viel fachkundige und tatkräftige Hilfe aus der Umgebung, namentlich von ihrem Nachbarn Dominik Oberpottkamp, der eine 3-D-Druckerei betreibt. «Natürlich könnten wir die Fünfräppler auch von einer Bank beziehen. Aber die Sammelaktion macht das Projekt wertvoller. Die zusammengetragenen Münzen bekleiden als Gemeinschaftswerk die Figur, die für das Thema Gleichberechtigung steht», sagen die beiden Deuxschwo-Gründerinnen.

Seit 20 Jahren Deuxschwo
Zusammen führen Franziska Venrath und Natalie Frick seit zwanzig Jahren ihr Designlabel Deuxschwo, mit dem sie schweiz- und europaweit mit ihren Kreationen erfolgreich sind. Schmuck, Accessoires und Bijoux fürs Zuhause finden ihren Weg aus dem Atelier der Schwestern in Boutiquen im In- und Ausland. Das Thema Gleichstellung hat viele ihrer Arbeiten geprägt. Dass sie nun im Rahmen der «Equalities»-Ausstellung ihr gesellschaftskritisches Werk zu dem Thema zeigen dürfen, erfüllt die kreativen Schwestern mit Stolz.

Wer gesammelte Fünfräppler für das Kunstprojekt spenden möchte, kann sich bei Natalie Frick melden: nfrick@froschlocke.ch.