Dressurrichter mit eigenem Stall

Hans Voser (55) ist der einzige internationale Schweizer Dressurrichter. Am Wochenende ist der Neuenhofer beim CHI Basel im Einsatz.
Hans Voser mit seinen beiden Pferden Sangoma und Denzel im heimischen Stall in Neuenhof. (Bild: gk)

Das Bauernhaus an der Dorfstrasse wurde 1870 errichtet und befindet sich seither im Familienbesitz. Neuenhof hat sich vom Bauerndorf mit 400 Seelen zur Zentrums­gemeinde im Limmattal mit fast 9000 Einwohnerinnen und Einwohnern entwickelt. Doch die Vosers, ein traditionsreiches Neuenhofer Geschlecht, blieben immer im idyllischen Dorfkern. Neben der Liegenschaft befindet sich der 1996 erstellte Reitstall, ein sogenannter Dressur- und Ausbildungsstall. Hier werden Pferde für den Dressursport trainiert. Dressur ist die Sparte im Reitsport, die von der Schweizerin Christine Stückelberger geprägt wurde. Hier zeigen die Reiterpaare verschiedene Lektionen, welche von Richtern bewertet werden. Hans Voser hat sich im Dressursport als Richter einen Namen gemacht, mittlerweile richtet er gar auf dem internationalen Parkett.

Eleganz und Harmonie
Voser ist gelernter Biologielaborant und hat sich zum EDV-Systemberater bei der Ciba Geigy in Basel weiterentwickelt. Doch die Pferde zogen ihn Mitte der 1990er zurück nach Neuenhof. «Dressurreiten ist für mich vollkommene Eleganz und Harmonie mit dem Pferd», erklärt er am Küchentisch. Er selber sei auch Turniere geritten, doch die Richterei habe ihn mehr fasziniert. «Beim Richten kann ich ganze Generationen von Reitern unterstützen», sagt er. Bei jedem Ritt werden Kommentare angefügt, die für die Reiterinnen und Reiter wichtig seien.

Hans Voser ist der einzige Schweizer Dressurrichter im internationalen Dressursport. Einst erlebte die Schweiz glorreiche Zeiten mit Olympiasiegen, Europa- und Weltmeistertiteln. Heute findet sich der Dressursport eher als Randsportart wieder. Darum ist auch der Dressurrichter kein gefeierter Star. Eigentlich ein brotloser Job, der aber sehr viel Freude bereite, so Voser. Die Reisespesen seien bezahlt, aber es sei Leidenschaft pur. Zwei bis drei Wochenenden pro Monat sitzt er im Richterhäuschen und benotet Ritte.

Durch gute Beziehungen und dank viel Know-how wurde der Neuenhofer angefragt, ob der beim CHI Basel mitwirken wolle, dem grossen Spring- und Dressurturnier in Basel. Zum ersten Mal richtet das internationale Springturnier, das vom 12. bis zum 15. Januar in Basel stattfindet, auch ein Weltcupturnier in der Dressur aus.

Hans Voser als Richter bei einem Wettkampf.

Ziel Weltcupfinal 2025 in Basel
Internationale Stars wie die Doppelolympia­siegerin Jessica von Bredow-Werndl und Dressurkönigin Isabel Werth aus Deutschland werden am Start sein. Voser ist in Basel Chef der Sparte Dressur: Er war zuständig für die Einladung der Richter, er reichte die Ausschreibung beim internationalen Verband ein und schulte die Richtersekretärinnen und -sekretäre. Diese tippen die Noten, welche die Richter sprechen, direkt in ein System ein. Das Reiterpaar mit der höchsten Punktzahl gewinnt die Prüfung. Beim CHI Basel darf Hans Voser selber am Richtertisch sitzen. Um an ganz grossen Championaten und bei Olympischen Spielen richten zu dürfen, muss er eine weitere Prüfung bestehen.

2025 soll in Basel ein weiterer Dressur-Höhepunkt stattfinden. Dann wollen die Organisatoren den Weltcupfinal im Springen und in der Dressur ausrichten. Das ist vergleichbar mit dem Weltcupfinal im Skifahren – der Saisonhöhepunkt und hinter den ganz grossen Championaten ein grosses Ereignis. «Das Ziel wäre schon, dass ich dann auch in Basel richten dürfte», so Voser.

Bis dahin muss sich Hans Voser aber weiterhin die Richter-Sporen abverdienen. Wenn er zwischendurch mal zu Hause ist, sitzt er gerne selber im Sattel und reitet seine Pferde. In seinem Stall in Neuenhof befinden sich fünfzehn Boxen und eine grosse Reithalle. Der Platz rund um den Stall sei beschränkt, die Weiden für die Tiere befänden sich etwas ausserhalb der alten Dorfzone.

Zukunft des Stalls ungewiss
Diese Umstände machen das Management um die Pferde sehr aufwendig. Und weil seine Nichte den Stall vorerst nicht weiterbetreiben möchte, könne er sich gut vorstellen, dass das Pferdeareal in ferner Zukunft einem Wohnareal weichen müsse, so Hans Voser. Selber hat er keine Kapazität dafür, «denn mein Job als Richter macht mir sehr viel Spass, und die Reiserei an die ganz grossen Turniere braucht viel Zeit».

Nebst Basel 2025 peilt der Neuenhofer im Jahr 2028 ein weiteres Ziel an: die Olympischen Spiele in Los Angeles. «Dort dabei zu sein, wäre sicherlich ein grosser Traum – und träumen darf man immer», sagt er, zieht sich eine Jacke über und verschwindet im Stall. Die Pferde müssen versorgt werden.