Bei Gefühl wirf den ersten Stein

Im Lauf von «acht Tagen die Woche», wie die Beatles mal sangen, kann dir eine Menge Leute gewaltig die Meinung geigen. Meist ungefragt – Hauptsache, sie finden stets einen Dummen zum Geigen. Ach, wie habe ich den Meinungs-Dünnpfiff satt! Matt bis auf den Tod werde ich in der Vorstellung, die tägliche Meinungssosse bis ans Ende meiner Tage zum Kloakenstrom verbreitet zu sehen, zum Toten Phrasenmeer.

Warum wird aus dem Recht auf Meinung ein derartiges Wesen gemacht? Soll jeder und jede eine haben – ist doch okay. Und vollkommen egal. Am besten, man lässt mich in Ruhe damit. Umgekehrt gilt der Deal natürlich auch: Ich lasse die Leute mit meiner Meinung in Frieden. Die haben genug damit zu tun, sich eine eigene zu bilden – sprich: mit dem Finger zu fühlen, woher die Stinkluft diesmal weht …

Da wir gerade dabei sind: Richtig stinkig werde ich erst, wenn mir jemand zur Abwechslung keine Meinung aufschwatzen will, aber ein Gefühl! Ich vermute, das Fernsehen hat damit angefangen – mit «Emotionen». Allein schon das Wort erzeugt Magengeschwür: «Welche Emotionen», seufzt der Moderator des Nachrichten­magazins, wenn wieder mal die Sirup­flasche einen Beitrag ganz sämig eingedickt hat.

Rührt der TV-Onkel hinterher die «Emotionen», verdirbt er gehörig den Brei. Nicht zu fassen aber ist erst die Ouvertüre! Wenn die Studio-Tante etwa sagt: «Was Sie gleich sehen werden, geht unter die Haut.» Darf ich – bitte schön – Gefühle dann haben, wenn sie von selbst entstehen? Ich lasse mich nicht auf Kommando auf Kerzenlicht dimmen. Mein Herz verschliesst sich reflexartig, wenn es was fühlen soll, ohne dass man ihm die Wahl lässt: Regt es sich, oder bleibts kalt wie Stein? Den werfe ich allen sofort an den Kopf, sobald sie mich ködern mit «Emotionen».

Wir leben nicht in einer «Meinungsdiktatur» – Blödsinn. Aber man diktiert uns zunehmend Gefühle. Fade Aufgüsse aus der Mikrowelle. Proportionierter Vakuumbrei. Nichts als schrecklich spiessige Gefühle.

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