Ein Stück Madrid in der «Schönegg»

Weil ihr Restaurant im Badener Bäderquartier umgebaut wird, haben José und Marianna Fraile das «Don José» nach Untersiggenthal verlegt.
Seit fünf Jahren führen José (46) und Marianna Fraile (43) das spanische Spezialitätenrestaurant Don José in Baden. Weil das Haus nun totalsaniert wird, musste das Pächter-Paar aus Nussbaumen mit seinem Betrieb ins Exil. (Bild: is)

Über den Tischen hängen Aquarelle von Flamenco-Tänzerinnen und Stierkämpfern, die Wände erinnern mit ihrer Holzverkleidung an spanische Bodegas, und in der Küche hängen Dutzende gusseiserne Paella-Pfannen: Im Restaurant Schönegg in Untersiggenthal ist ein Stück Spanien einzogen. Am 1. Februar haben José Luis und Marianna Fraile das «Don José» eröffnet – nur einen Monat, nachdem sie an ihrem eigentlichen Standort im Badener Bäderquartier noch Gäste zu Sylvester bewirtet hatten. «Am 2. Januar haben wir den Umzug gemacht und den ganzen Januar in Untersiggenthal die Eröffnung vorbereitet», erzählt Marianna Fraile.

Schwierige Suche nach Ersatz
Freiwillig war ihr Umzug nicht: Weil das historische Hörnli-Haus beim Kurplatz totalsaniert wird, mussten die Eheleute aus Nussbaumen mit ihrem Lokal ins Exil ziehen. Zuerst hiess es, für sechs Monate, doch mittlerweile ist klar, es wird mindestens Ende ­November, ehe sie zurückkehren können. Derzeit wird das alte Gebäude abgebrochen, «und wenn dabei archäologische Funde gemacht werden, kann es nochmal länger dauern», ist den beiden bewusst.

Die Suche nach einem Ersatzlokal gestaltete sich alles andere als einfach. «Wir wollten uns nicht für mehrere Jahre binden und auch nicht gross investieren», so die 43-jährige Gast­geberin. Manche Vermieter hätten sechsstelliges Inventargeld verlangt – «aber für ein Jahr lohnt sich das doch nicht», so José: «Unser ganzes Geld haben wir vor vier Jahren in unser Restaurant investiert.» Das einst beliebte Lokal war in einem sehr schlechten Zustand. Es habe sie ein Jahr gekostet, den Ruf wiederherzustellen und den Betrieb zum Laufen zu bringen.

Bald schon mussten sie dann Einschränkungen durch die Bauarbeiten im Bäderquartier hinnehmen, und schliesslich kam auch noch die Corona-Pandemie. Die Eröffnung der Wellness-Therme Forty­seven habe ihnen zwar wieder neue Gäste gebracht, so das Pächterpaar. «Doch dann mussten wieder eine Lösung finden, weil unser Restaurant umgebaut wird. Schliesslich sind wir auch im Sommer an der Badenfahrt engagiert, und dafür brauchen wir eine Restaurant­küche», erzählt José.

«Ein phantastisches Lokal»: Das Gasthaus Schönegg alias «Don José». (Bild: is)

Begeistert vom Lokal
Durch ihren Vermieter, den Unternehmer Bernd Reichert, kam der Kontakt nach Untersiggenthal zustande. Die «Schönegg» gefiel den Frailes auf
Anhieb. «Das Lokal ist phantastisch, es hat alles, was wir brauchen», schwärmt José. Mit 45 Plätzen verfügt das Restaurant über eine ideale Grösse. «Wir mögen es lieber klein und fein», sagt Marianna. Auch die Bedingungen stimmen: «Der Vermieter kam uns sehr entgegen mit einem Einjahresvertrag mit einmonatiger Kündigungsfrist.» Der Gastronomiebetrieb in der «Schönegg» ruhte seit geraumer Zeit. Nun durften der Spanier und die gebürtige Italienerin das Interieur komplett umgestalten. Lampen und Mobiliar, Geschirr und Tischwäsche haben sie aus ihrem Restaurant in Baden mitgebracht. 

Den Stammtisch und das Raucherstübli haben sie aufgehoben. Das habe nicht allen gefallen, ist ihnen bewusst. «Wir dachten, wir müssten hier wieder bei null anfangen und alles neu aufbauen. Aber die ersten Wochen sind super gelaufen», freut sich das Pächterpaar. Es kommen nicht nur Stammgäste aus Baden, sondern auch neue Leute aus der Umgebung – und viele, die José von früher kennen: Der 46-Jährige hat unter anderem fünf Jahre im Service in der Trattoria ­Casino in Brugg und im «Il Gabbiano» in Gebenstorf gearbeitet. Davor war er jahrelang in der ganzen Welt unterwegs: auf Kreuzfahrtschiffen, in Puerto Rico, Kalifornien und Miami.

Kennengelernt hat sich das Paar vor 23 Jahren in Benidorm, wo Marianna Ferien machte und er in einer Bar arbeitete. Es war Liebe auf den ersten Blick. «Nach sechs Monaten haben wir geheiratet», erzählt die 43-jährige Sizilianerin, die in Nussbaumen aufgewachsen ist. Zusammen haben sie einen Sohn (15) und eine Tochter (11).

Mit dem eigenen Restaurant konnte sich José, der für Marianna in die Schweiz gezogen ist, 2018 in Baden einen Traum erfüllen: «Ich wollte immer ein Restaurant, in dem ich so essen kann wie als Kind in Madrid», so der Vollblut-Gastronom. Die Speisekarte ist unverändert authentisch: Neben einer reichen Auswahl an Tapas gibt es verschiedene Paellas, aber auch Fleisch- und Fischgerichte. Die Köchinnen stammen aus Mallorca und Portugal. Das Küchen- und Servicepersonal hat den Umzug geschlossen mitgemacht. «Wir arbeiten seit drei Jahren zusammen und sind ein super Team», schwärmt José Fraile.

An sechs Abenden geöffnet
Wie in Baden hat das Don José auch in Untersiggenthal nur abends geöffnet. Zu unberechenbar sei das Mittagsgeschäft seit Corona und Homeoffice, sagen die Frailes. «Ausserdem sind diese Öffnungszeiten familienfreundlicher», findet Marianna, die zwei Tage pro Woche in ihrem Nagelstudio in der Weiten Gasse in Baden arbeitet und vor allem am Wochenende im Restaurant mithilft. «Durch meinen Mann habe ich in der Gastronomie viel gelernt», so die Geschäftsfrau.

In der «Schönegg» hat das Ehepaar Fraile ideale Rahmenbedingungen. Es gibt wenig Konkurrenz in der Um­gebung, das Haus steht gut sichtbar an einer Kreuzung, es verfügt über eine grosszügige Terrasse und zahlreiche Parkplätze vor dem Haus. «Wir sind sehr glücklich hier», sagt José Fraile. Trotzdem wollen die Pächter nach einem Jahr auf jeden Fall nach Baden zurück: «Dort haben wir nach der Totalsanierung eine topmoderne Küche und einen komplett sanierten Gastraum.» José schliesst eine Verlängerung im Siggenthaler Exil aber nicht aus: «Am besten wäre, wenn ich einen Spanier finde, der mein Konzept in der ‹Schönegg› weiterführen könnte.»

donjose.ch