Sportler des Jahres?

In der Rubrik «Querbeet» beleuchten namhafte Autorinnen und Autoren ein von ihnen gewähltes Thema – und sorgen damit wöchentlich für Inspiration.
In der Rubrik «Querbeet» beleuchten namhafte Autorinnen und Autoren ein von ihnen gewähltes Thema – und sorgen damit wöchentlich für Inspiration.

Eines ist sicher: Sportler des Jahres werde ich nie. Obgleich ich mich bis fünf Mal in der Woche eine Stunde lang im Fitnesscenter als bussfertiger Flagellant des Mittelalters auf dem Laufband kasteie, mich auf den Kraftgeräten professionell foltere, um dann nach getanem Workout mit den muskulären Heldentaten angeben zu können.

Im Trainingscenter sieht man sich primär als Solist ohne Orchester und Publikum. Genau das Richtige für mich, derweilen im Groupfitness-Nebenraum mehrheitlich Frauen um sich scheinboxen und es Zumba nennen. Und sie tun das frohgemut, wenn auch in ihren roten Gesichtern die Anstrengung des physisch ausdauernden Bewegtseins deutlich abzulesen ist.

Ob mit Schattenboxen auch Aggressionen abgebaut werden, kann ich nicht beurteilen. Dass es ermüdet, das aber schon. Man darf sich auch vorstellen, dass es en famille zur «Partnerschaft für den Frieden» einen sinnstiftenden Beitrag leisten könnte. Denn kaum jemand möchte als «Keifhenne oder Streithahn des Jahres» gelten. Somit trägt Zumba auch zum Gleichgewicht des Seelenlebens bei.

Oder wählen wir noch Pump als Beispiel. Genau, das mit den Gewichten an einer Stange. Ich habs versucht. Nach drei Vierteln der Zeit musste ich mir gestehen: Lass das bleiben! Die Zeiten, wo du auf dem Brugger Berg die gelb jalonierte Strecke à 4 Kilometer zwei Mal gelaufen bist, sind Historie.

Und von der Geschichte soll man bekanntlich etwas lernen, selbst dann, wenn G. W. F. Hegel meint, dass wir aus der Geschichte lernen, dass wir überhaupt nichts lernen. Mag sein. Ich teile auch keineswegs die Ansicht von A. G. Bierce, dass der Historiker ein Breitspur-Klatschmaul sei. Er ist auch kein Schmalspur-Blechschmid. Dass allerdings im Rahmen des Umzugs der Stadtbibliothek historische Dokumente und meine Bücher verschwunden sein sollen oder eliminiert wurden, möchte ich lieber nicht glauben müssen.

Wäre dem so, dann müsste man, der Not gehorchend, zu neuen Prädikaten greifen, wie etwa: «Bibliophobe des Jahres». Oder wie wärs mit «Liquidatoren des Jahres»?

info@valentin-trentin.ch